Langjähriger Leipziger Buchmesse-ChefBranche würdigt Oliver Zille zum Abschied
Mit Oliver Zilles Weggang geht für die Leipziger Buchmesse eine Ära zu Ende. Seit 1993 hat er sie als Direktor geleitet. Zille machte das große Frühjahrstreffen der Buchbranche mit dem Lesefestival "Leipzig liest" beliebt und erfolgreich. Zum Abschied würdigen Weggefährten aus der Verlags- und Buchbranche den leidenschaftlichen Einsatz des 63-Jährigen für die Leipziger Buchmesse und seine Person.
- Der langjährige Buchmesse-Direktor Oliver Zille legt seinen Posten aus persönlichen Gründen nieder.
- Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels hat Zille seine höchste Auszeichnung verliehen.
- In der Verlagsbranche bedauern viele Menschen seinen vorzeitigen Abschied.
Die Nachricht wurde in der Buchbranche mit großer Überraschung und auch Bestürzung aufgenommen: Nach mehr als 30 Jahren hört Oliver Zille als Direktor der Leipziger Buchmesse auf. Das hatte der 63-Jährige im Juni verkündet und persönliche Gründe für seine Entscheidung angegeben. Seit 1991 prägte Zille, zunächst als Projektleiter und dann ab 1993 als Leiter, die Buchmesse und das Lesefest "Leipzig liest".
Am Donnerstag ist der letzte Arbeitstag des langjährigen Buchmesse-Chefs. Er selbst hat sich seit dem Sommer nicht zu den Hintergründen seines vorzeitigen Ausscheidens geäußert und auch die Leipziger Messe schweigt dazu. Aus der Buch- und Verlagsbranche sind hingegen zahlreiche Stimmen zu hören, die Zilles Entscheidung bedauern und seine Verdienste für Leipzig, die Buchmesse und die gesamte Branche würdigen.
Börsenverein ehrt Buchmessen-Direktor Zille
So hat der Börsenverein des Deutschen Buchhandels im Herbst seine höchste Auszeichnung "Förderer des Buches" an Oliver Zille verliehen. Die Vorsteherin des Börsenvereins, Karin Schmidt-Friderichs, betont: "Wenn sich diese Auszeichnung wirklich organisch für jemanden ergibt, dann gehört zu diesen Menschen ganz sicher Oliver Zille." Er habe nicht nur die Leipziger Buchmesse immens weiterentwickelt, sondern im wahrsten Sinne des Wortes das Buch auf vielfältige Art und Weise gefördert.
Leif Greinus, Verleger beim in Dresden und Berlin ansässigen Verlag Voland & Quist, hebt hervor, wie leidenschaftlich sich Oliver Zille für die Buchmesse eingesetzt habe. Es gebe im Osten Deutschlands wenig Dinge, die so strahlen, eine so große und positive Außenwirkung hätten, wie die Leipziger Buchmesse, so der Verleger. "Mir fehlen die Worte, was Oliver Zille aus dieser Buchmesse gemacht hat – einen wirklich fantastischen Ort", so Greinus. Oliver Zille habe die Messe nicht als kommerzielle Veranstaltung, sondern wirklich als einen Ort der Debatten, des Blicks gen Osten und der Verständigung betrieben.
Dieses plötzliche Weggehen, das da im Frühsommer bekannt gegeben worden ist, hat uns irgendwie alle bestürzt. Und ich sehe niemanden, der diese Lücke auffüllen kann.
Leif Greinus, Verleger Voland & Quist
Ingo Schulze würdigt Leistung Zilles
Also "enorme Leistung" bezeichnet der Dresdner Schriftsteller Ingo Schulze, dass Zille es geschafft habe, die Buchmesse in die Zeit nach 1990 zu retten und sie mit jedem Jahr mehr zu einem Lesefest zu machen, "was glaube ich keiner, der mit Büchern zu tun hat, in Deutschland missen möchte", so Schulze. An den Menschen Oliver Zille hat der Autor nur gute Erinnerungen:
Ich sehe ihn immer sehr freundlich lächelnd auf einen zukommend - ob vor einer Lesung, nach einer Lesung, bei einer Preisverleihung oder wenn man sich zufällig in den Gängen der Messe aneinandervorbei schiebt.
Ingo Schulze, Schriftsteller
Er habe auch den Eindruck, so Ingo Schulze weiter, als kenne Oliver Zille alle Autorinnenen und Autoren sowie alle Buchhändlerinnen und Buchhändler persönlich.
Große Verdienste für die Stadt Leipzig
Annika Bach, Verlegerin und Geschäftsführerin der Verlagsgruppe Seemann Henschel in Leipzig, betont: "Oliver Zille hat es mit seiner drei Jahrzehnte andauernden Leitung der Buchmesse und mit dem Festival ,Leipzig liest' einfach geschafft, diese ostdeutsche Stadt Leipzig nach der Wende alljährlich mit Literatur, mit offen geführten Debatten positiv in den gesamtdeutschen Diskurs einzuschreiben. Und das ist eine kulturelle und auch gesellschaftliche Leistung, die durchaus mit dem Engagement eines Kurt Masur für die Stadt Leipzig zu vergleichen ist.“
Klaus Kowalke, Inhaber der Chemnitzer Buchhandlung "Lessing und Kompanie" kennt Oliver Zille bereits seit 30 Jahren und lobt ihn ebenfalls in den höchsten Tönen. "Sein Wort hat gezählt. Man konnte sich darauf verlassen. Er war unkompliziert und nahbar", so der Buchhändler.
Er hatte einen sehr persönlichen, einen sehr nahbaren Stil. Das macht es umso schwerer, ihn jetzt nicht mehr in dieser Position zu wissen.
Klaus Kowalke, Buchhändler
Neue Buchmessen-Direktorin tritt in große Fußstapfen
Nach Zilles Ankündigung, seinen Posten Ende des Jahres aufzugeben, herrschte lange Unklarheit über die Neubesetzung des Direktorenpostens. Die Leipziger Messe hatte Ende November die Nachfolge für Oliver Zille bekanntgegeben: Ab dem 1. Januar 2024 wird Astrid Böhmisch den Posten der neuen Direktorin übernehmen.
Quellen: MDR (Andreas Berger)
Redaktionelle Bearbeitung: lig
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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 07. Dezember 2023 | 07:10 Uhr