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Die Zahl der Gewalttaten in Beziehungen zwischen Jugendlichen nimmt zu. Eine Studie zeigt: Mehr als 50 Prozent der befragten Teenagerinnen und Teenager geben an, selbst schon Gewalt in einer Beziehung erfahren zu haben. (Symbolbild) Bildrechte: Colourbox.de

PräventionGewalt in Teenagerbeziehungen nimmt zu

05. Juni 2024, 17:00 Uhr

Gewalt in Beziehungen zwischen Jugendlichen ist keine Seltenheit. Das zeigte ein Fachtag zur Prävention von Gewalt in Teenagerbeziehungen am Montag in Leipzig. Die gute Nachricht: Bei dem Thema wird immer öfter hingeschaut und auch gegengesteuert, hat MDR SACHSEN-Reporter Max Zaczek vor Ort erfahren.

Schon am Morgen herrscht im Seaside-Parkhotel in Leipzig reger Betrieb. Rund 60 Teilnehmer und Teilnehmerinnen tauschen sich beim 20. Fachtag zur Prävention von Gewalt in Jugendbeziehungen aus. Darunter sind Mitarbeitende aus Schul- und Bildungseinrichtungen, aus der Kinder- und Jugendarbeit, sowie von Beratungsstellen.

Der Austausch sei wichtig, denn die Zahlen steigen, sagt Lorre Kirchhoff von der Beratungsstelle Häusliche Gewalt und Stalking in Leipzig. "Wir arbeiten zusammen mit der Polizei und da haben wir schon bemerkt, dass eine Zunahme von massiver Gewalt gibt", sagt Kirchhoff. "Da sind auch schon versuchte Femizide, versuchte Tötungsdelikte dabei."

Es gibt eine Zunahme von massiver Gewalt in Teenagerbeziehungen.

Lorre Kirchhoff | Beratungstelle Häusliche Gewalt und Stalking in Leipzig

Zahlen sind alarmierend

Die Zahlen seien alarmierend, sagt Dr. Yvonne Seidler aus Graz, Geschäftsführerin der Fachstelle Harissa, in ihrem Vortrag. Studien aus Österreich zeigen, dass mehr als 50 Prozent der Jugendlichen in Beziehungen selbst schon Gewalt erfahren haben, ob körperliche, sexualisierte oder psychische Gewalt. Es passiere Mädchen ebenso wie Jungen. Oftmals seien Gewaltopfer gleichzeitig auch Täter, sagt Seidler. In Deutschland seien die Zahlen vergleichbar.

Erfahrungen mit Gewalt im familiären Umfeld oft prägend

Die Gründe sind vielfältig. Worauf viele Teilnehmende verweisen, ist die eigene Erfahrung mit Gewalt. Das sagt auch Gabi Eßbach, von der Koordinierungs- und Interventionsstelle gegen Häusliche Gewalt und Stalking: "Die Jugendlichen, die in einer Familie groß werden, in der Gewalt zwischen den Eltern geschieht, die lernen erst gar nicht, Konflikte gewaltfrei zu lösen."

Jugendliche, die Erfahrungen mit Gewalt in der Familie machen, lernen nicht - so die Annahme - Konflikte gewaltfrei zu lösen. (Symbolbild) Bildrechte: imago images/photothek

Ein weiterer wichtiger Grund: Die Jugendlichen würden nicht richtig aufgeklärt. Deshalb wissen sie oft gar nicht, dass sie Gewalt ausüben oder erfahren. Beispiele seien soziale Medien und Internet. Viele Jugendliche sind laut Studien schon mit Pornographie in Verbindung gekommen – oft auch ungewollt – bevor sie eigene sexuelle Erfahrungen gemacht haben.

Dadurch festige sich ein spezielles Rollenbild, sagt Julia Mummer von der Fach- und Beratungsstelle sexualisierte Gewalt. Jugendliche lernen so, dass "Nein" oft "Ja" bedeute und Übergriffigkeit normal sei. Um darüber aufzuklären, gebe es in Leipzig mehrere Projekte, so Mummer.

Bildungsangebote reflektieren Geschlechterbilder

"Wir bieten geschlechterreflektierende Bildung an", sagt Mummer, "denn Teil von Prävention ist auch Intervention." Wenn Jugendlich feststellen, welche Formen Gewalt hat, dann könnten sie etwas dagegen tun. Die Aufklärung bleibe das A und O, sagt Mummer. Nicht nur bei den Jugendlichen selbst, sondern auch von Schutzbefohlenen, damit ein größeres Bewusstsein für das Thema entsteht.

Präventionsangebote der Kirchen

Deshalb gebe es mittlerweile Präventionsbeauftragte in jedem Kirchenbezirk, erklärt Co-Veranstalterin Heike Siebert, die Leiterin der Fachstelle zur Prävention sexualisierter Gewalt in der Evangelischen Landeskirche. Die Präventionsbeauftragten erstellen derzeit für jeden Kirchenbezirk individuelle Schutzkonzepte, an denen die Jugendlichen auch selbst mitarbeiten.

Unterstützung können Jugendliche auch in Kirchgemeinden erhalten. (Symbolbild) Bildrechte: imago/Hanke

"So ein Schutzkonzept hat viele verschiedene Bausteine", sagt Siebert. "So gibt es etwa ein sexualpädagogisches Bildungskonzept, es gibt den Baustein 'Schutz in der digitalen Welt' oder 'Was tun im Verdachtsfall'. Hier haben wir auch eine Meldestelle im Landeskirchenamt." Diese Schutzkonzepte sollen dann an Schulen und in Jugendclubs verteilt werden, wo sie aufklären sollen, bevor es zu Gewalt kommt.

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MDR (ltt)

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Leipzig | 04. Juni 2024 | 16:30 Uhr