PolitikVerfassungsschutz stuft AfD-Landesverband als gesichert rechtsextremistische Bestrebung ein
Mehrere Jahre hat der sächsische Verfassungsschutz den AfD-Landesverband im Freistaat beobachtet, Aussagen zusammengetragen und Verbindungen geprüft. Die Behörde entschied nun, die AfD als rechtsextrem einzustufen. Bei der Beurteilung spielte inbesondere die fremdenfeindliche Rhetorik der Partei eine Rolle und eine fehlende Abgrenzung von anderen rechtsextremen Akteuren. Die AfD bezeichnet den Bericht als politisch motiviert.
- Nach Auffassung des sächsischen Verfassungsschutzes verfolgt die AfD Sachsen verfassungsfeindliche Ziele.
- Innenminister Armin Schuster lobte das Gutachten.
- Die AfD Sachsen nennt die Einstufung "absehbar".
Der sächsische Verfassungsschutz (LfV) hat den Landesverband Sachsen der AfD mit sofortiger Wirkung als erwiesene rechtsextremistische Bestrebung eingestuft. Wie das Landesamt für Verfassungsschutz am Freitag mitteilte, war der Einstufung ein vierjähriger Prüfungsprozess vorausgegangen. Dazu sei ein 134-seitiges Gutachten erstellt worden.
Verfassungsschutz prüfte Aussagen und politische Forderungen
"In den vier Jahren der intensiven Prüfung haben wir eine Vielzahl von Äußerungen und politischen Forderungen, insbesondere hoher Funktionäre und Mandatsträger der Landespartei sowie der Kreisverbände, also von Personen mit einem hohen Repräsentationsgrad, gesammelt", sagt LfV-Präsident Dirk-Martin Christian. Dabei sei herausgekommen, dass der AfD-Landesverband verfassungsfeindliche Ziele verfolgt, so Christian.
So bestimme nach Auffassung des Verfassungsschutzes das sogenannte solidarisch-patriotische Lager die inhaltliche Programmatik der AfD Sachsen. Dies sei aus dem früheren "Flügel" hervorgegangen, "dessen geistiger Vater und Anführer der Rechtsextremist Björn Höcke. Es dominiere inzwischen "den Charakter des gesamten Landesverbandes", so Christian weiter.
Rechtsextreme Äußerungen von führenden Mandatsträgern würden vom Landesverband unkritisch hingenommen werden, sagt Christian. Die Partei erscheine nach außen wie ein monolithischer Block. Bereits im April 2023 wurde die Jugendorganisation der AfD, die "Junge Alternative" (JA) vom sächsischen Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft. Zuvor hatte der Verfassungsschutz bereits die AfD-Landesverbände in Thüringen und Sachsen-Anhalt als rechtsextrem eingestuft.
Innenminister lobt Gutachten
Der sächsische Innenminister Armin Schuster lobte das Gutachten des Verfassungsschutzes. "Von der intensiven juristischen Prüfung und dem immensen Arbeitsaufwand der Mitarbeiter des LfV zeugen Qualität und Umfang des Gutachtens", sagt Schuster.
Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag, forderte, dass nun geprüft werden müsse, inwieweit Beamtinnen und Beamte, die Funktionsträger der AfD sind, aus dem Staatsdienst entfernt werden können. "Wer jetzt immer noch glaubt, man könne mit dieser Partei zusammenarbeiten oder ihren Anträgen zustimmen, macht sich zum Steigbügelhalter von Verfassungsfeinden", sagt Lippmann.
Für den innenpolitischen Sprecher der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag, Albrecht Pallas, sei die Entscheidung ein Nachweis dafür, was viele Menschen in Sachsen schon länger wahrnehmen würden. "Die AfD in Sachsen tritt nach unten. Sie hetzt. Sie grenzt aus. Sie spielt Gruppen gezielt gegeneinander aus, um am Ende selbst zu profitieren", sagt Pallas.
AfD nennt Einstufung als rechtsextrem "absehbar"
Die AfD selbst bezeichnet die Einstufung als "absehbar", weil die Partei "derzeit stärkste Kraft in den Neuen Bundesländern ist", so AfD-Landesvorsitzender Jörg Urban.
Carsten Hütter, sicherheitspolitischer Sprecher der AfD ergänzt: "Das Ausspähen und die Ächtung unserer Partei unter Verwendung des Nachrichtendienstes zeigt, wie verzweifelt man in der CDU/SPD/Grünen-Koalition im Jahr vor der Landtagswahl in Sachsen sein muss."
Rechtsextreme Kampfbegriffe und antisemitischer Rhetorik
Im Hinblick auf Migrationsfragen bescheinigt der sächsische Verfassungsschutz der AfD Sachsen eine Politik der Ausgrenzung von Migranten und ethnischen Minderheiten. Vertreter der Landespartei würden rechtsextreme Kampfbegriffe wie "der große Austausch" oder "Umvolkung" verwenden.
Darüber hinaus bediene sich der Landesverband islamfeindlicher und antisemitischer Rhetorik, sagt der sächsische Verfassungsschutz-Präsident. Als Beispiel nannte er Aussagen des Landesvorsitzenden Jörg Urban, dass es "tonangebenden Globalisten in Politik, Medien und Konzernen" gebe.
"In der Gesamtschau geht es der AfD Sachsen darum, unter anderem mit diesem Vokabular das Vertrauen der Bevölkerung in die verfassungsmäßige Ordnung und Funktionsfähigkeit unserer Demokratie von Grund auf zu erschüttern sowie Proteste und Widerstand aus der gesellschaftlichen Mitte heraus zu forcieren", sagt Christian.
Das Gutachten des sächsischen Verfassungsschutzes benennt zudem strukturelle Verbindungen zu anderen gesichert extremistischen Akteuren auf lokaler Ebene wie den "Freien Sachsen" oder dem Compact-Magazin.
MDR (mst/mad)
Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Nachrichten | 08. Dezember 2023 | 12:00 Uhr