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KlimawandelSachsens Forstleute arbeiten am Wald der Zukunft

24. Juni 2021, 12:58 Uhr

Braune, verdorrte Waldabschnitte, umgestürzte Bäume und kahle Hänge - so sehen aktuell Teile der Sächsischen Schweiz aus. Wo früher hohe Fichten standen, haben Borkenkäfer und Dürre für Leere gesorgt. Doch nicht nur im Südosten Sachsens haben die Forstleute damit zu tun, die Wälder gesund zu halten oder zu pflegen. Doch wie man einen zukunftsfähigen Forst aufbaut, dazu gibt es mehrere Strategien im Freistaat.

Dem Wald in Teilen Sachsens geht es nicht gut. Anhaltende Trockenheit, der Klimawandel, Stürme und Schädlinge setzen den Bäumen zu. Doch der Wald ist wichtig für den Freistaat und die Menschen, die hier leben. Experten aus der Wissenschaft, Forstwirte und Waldbesitzer sind gefragt, wenn es darum geht, die sächsischen Wälder fit für die Zukunft zu machen. "Der Waldumbau ist eine Jahrhundertaufgabe und muss immer wieder angepasst werden", davon ist Sven Wagner, Professor für Waldbau der TU Dresden, überzeugt. Der Klimawandel stelle den Umbau des Waldes vor Herausforderungen. Denn es sei sehr unsicher, wie dynamisch sich der Klimawandel weiterentwickele und in welchem Bereich sich der Temperaturanstieg begrenzen lasse.

Waldumbau nötig - aber nicht überall

Doch warum muss der Mensch überhaupt in den Wald eingreifen, neue Bäume pflanzen, viel Geld und Zeit investieren? Wäre es nicht besser, der Natur ihren Lauf zu lassen, damit sich Bäume von selbst vermehren? Der Großteil des Waldes in Deutschland verjüngt sich auf natürlichem Weg, betont der Waldbau-Experte Wagner. Soll aber die Vielfalt in einem Gebiet erhöht werden, dann müssten die Baumarten dorthin gebracht werden. Vielfalt, da sind sich Forstleute und Wissenschaftler inzwischen einig, ist notwenig. Denn ertragversprechende Monokulturen von früher sind heute zumindest teilweise mitverantwortlich für die vielen kahlen Stellen in den Wäldern.

Lösung könnten Pflanzen aus entfernten Regionen sein

Waldbau-Experte Wagner meint, einfache Lösungen gebe es auch hier nicht. Weder gebe es den einen Wunderbaum, noch könne einfach alles der Natur überlassen werden. Ein mögliches Szenario sieht Wagner aber in Wald-Ökosystemen, die es hierzulande so noch nicht gab. Vor einigen Jahrzehnten sei es beim Waldumbau noch darum gegangen, die Baumvielfalt mit heimischen Arten zu erhöhen. Doch inzwischen würden vermehrt auch Bäume aus anderen Regionen in den Blick genommen - Douglasie, Robinie und Esskastanie etwa.

Skepsis bei Naturschützern und Waldbesitzern

Manche Naturschützer sehen solche Bestrebungen jedoch kritisch. Befürchtet wird, dass sich solche Arten hierzulande invasiv verbreiten und heimische Pflanzen und Tiere verdrängen könnten. So geht es auch Bärbel Kemper aus Liebstadt am Rande der Sächsischen Schweiz. Die Waldbesitzerin wurde gerade erst mit dem Deutschen Waldpreis ausgezeichnet. Ihr Fokus liegt auf insektenfreundlichen Aufforstungen, auf Feuchtbiotopen und artenreichen Waldsäumen. Bei ihr gibt es Streuobstflächen, Naturschutzteiche und Grünland - also Lebensraum für viele Tierarten mit einem breiten Nahrungsangebot.

Fremde Baumarten könnten heimische Ökosysteme schwächen

Kempers Ziel ist es, den Waldumbau "mit heimischen Baumarten zu bewältigen. Denn diese Baumarten sind die wichtigsten Bestandteile unserer heimischen Waldökosysteme, an welche neben den Insekten alle anderen Arten, wie die Bodenlebewesen, die Mykorrhizapilze, Vögel und so weiter, angepasst sind." Das großflächige Einbringen von Baumarten aus anderen Kontinenten schwäche hingegen die heimischen Ökosysteme, die sich binnen Jahrtausenden miteinander entwickelt und angepasst hätten.

Weißtanne zurück im Erzgebirge

Auch im Erzgebirge setzt man nicht auf ortsfremde Pflanzen, sondern auf eine alte, zwischenzeitlich fast ausgestorbene Baumart in den Gebirgslagen. Die Weißtanne war im 16. Jahrhundert im Erzgebirge noch weit verbreitet - im Dunkelwald war jeder dritte Baum eine Weißtanne. Dann reduzierte sich der Bestand immer mehr. "In den letzten 30 Jahren konnten wir wieder über 2.000 Hektar Tannen pflanzen", erklärt der Forstbezirksleiter von Eibenstock, Stefan Schusser. "Die Weißtanne hat den Vorteil, dass sie eine Pfahlwurzel hat, also eine Wurzel, die tief in den Boden reicht. Damit hat sie eine größere Sturmfestigkeit und sie kann Wasserreserven erschließen, die die Fichte als Flachwurzler so nicht hat."

Forstbezirk Eibenstock als Vorreiter beim Waldumbau

Die Forstleute in Eibenstock gelten mit ihrem jahrzehntelangen Waldumbau hin zu einem natürlichen Mischwald als Vorreiter. Deshalb kommen immer wieder Försterinnen und Förster aus ganz Europa zum Studium ins Erzgebirge. Gerade erst waren 28 Forstexperten aus ganz Deutschland auf Exkursion da, um Erfahrungen und Tipps auszutauschen.

 Erfahrungen aus drei Jahrzehnten

Von denen hat Schusser einige zu bieten: "Wir müssen wirklich Tempo machen. Und die Weißtanne ist eine Mimose unter den Waldbäumen. Sie braucht immer Laubbäume in der Umgebung, sie brauchen eine Beschattung. Sie wächst in der Jugend langsam und im Alter dann richtig gut." Um aber das Stadium erreichen zu können, müsse das Wild reduziert werden. Denn die jungen Triebe seien quasi Kompott für Wildtiere. Auch Experte Wagner meint, zu viele Rehe oder Rotwild könnten in einigen Regionen den Waldumbau gefährden. Mancherorts müsse der nachwachsende Wald durch Zäune vor Wildverbiss geschützt werden. Das seien immense Kosten, betonte Wagner. Hier sieht er die Jäger in der Verantwortung.

Kinderstube des Waldes im Erzgebirge

Wie der Wald der Zukunft aussehen kann, das lässt sich rund 70 Kilometer von Eibenstock entfernt ablesen. In Pockau-Lengefeld gedeiht auf 600 Metern Höhe mitten im Erzgebirge der Wald von morgen: Junge Roteichen, Mini-Buchen und die nächste Generation Weißtannen wachsen in der Forstbaumschule von Felicitas Radeck. Alljährlich bringt sie mit ihren Mitarbeitenden Samen ausgewählter Bäume in die Erde und hilft damit, kahle Flächen nach Borkenkäferbefall und extremer Trockenheit aufzuforsten - oder sie sorgt für eine buntere Mischung in bisher eintönigen Kiefer- und Fichtenwäldern. Inzwischen seien Weißtanne und Laubholz wie Rotbuche, Stieleiche, Erle und Bergahorn sehr gefragt.

Die Fichte ist immer noch gefragt, beispielsweise für den Erzgebirgskamm. Ihr Anteil hat aber massiv abgenommen.

Felicitas Radeck | Baumschule Heinzebank

Sachsenforst: "Brauchen rund sechs Millionen Pflanzen im Jahr"

Um Sachsens Wälder zu pflegen, betreibt beispielsweise Sachsenforst einen enormen Aufwand. "Wir brauchen rund sechs Millionen Pflanzen im Jahr", erklärt Thomas Rother, Leiter der Abteilung Forstbetrieb. Die Kosten für die Pflanzarbeiten liegen bei rund 16 Millionen Euro. Neben der Baumschule Heinzebank in Pockau-Lengefeld betreibt der Staatsbetrieb zwei weitere in Kretscham bei Oberwiesenthal und Graupa bei Dresden. Doch es reicht hinten und vorne nicht. "Zwei Drittel der Pflanzen kommen aus privaten Baumschulen", erklärt Rother. Auch Saatgut muss der Staatsbetrieb zukaufen.

Die Anstrengungen und Investitionen sind laut Sachsenforst notwendig, um "die durch den Klimawandel gebeutelten Staatswälder wieder zu bewalden." Die Forstleute wollen vor allem Arten pflanzen, die widerstandsfähig genug für Stürme und Trockenheit sind. Drei Viertel der sechs Millionen Bäume sollen in diesem Jahr Eichen und Buchen sein. Bereits 2020 hatte Sachsenforst sechs Millionen Bäume nach Sturmschäden aufgeforstet.

Quelle: MDR/kp/mk/dpa

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 24. Juni 2021 | 07:50 Uhr

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