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Das Bauhaus-Museum leuchtet dunkle Seiten aus, das Gauforum in Weimar wurde saniert und das "Grüne Band" wird wichtiger. Bildrechte: laboratory of art and architecture/Andrew Alberts und Heike Hanada, IMAGO/Karina Hessland, Martin Schutt, IMAGO/Krauthöfer

Vor der LandtagswahlKulturjahr 2024 in Thüringen: Gegen Vergessen und Wiederkehr

06. Januar 2024, 04:00 Uhr

Die Landtagswahl 2024 in Thüringen könnte historisch werden. Das fürchten viele Kulturschaffende im Freistaat mit Blick auf die Umfrageergebnisse der AfD. Deswegen sollen Projekte beispielsweise in Weimar daran erinnern, wie rechtsextreme Politik in Deutschland bisher aussah: Die Klassik Stiftung plant eine Ausstellung zu Bauhaus-Menschen im Nationalsozialismus und das ehemalige Gauforum soll als Erinnerungsort neu eröffnet werden.

Die Landtagswahlen in Thüringen werden 2024 auch in der Kulturwelt das bestimmende Thema sein. "Was ich vor einem Jahr noch ausgeschlossen hätte, kann ich jetzt angesichts der Lage nicht mehr ausschließen", sorgt sich Jens-Christian Wagner, Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora. "Das ist, dass es möglicherweise im Herbst 2024 einen Ministerpräsidenten Björn Höcke in Thüringen gibt."

Da müssen wir als demokratische Zivilgesellschaft gegen halten.

Jens-Christian Wagner, Historiker und Leiter der Gedenkstätte Buchenwald

Man müsse deutlich machen, was das Gefährliche an Björn Höcke und der AfD sei, die in Thüringen vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft wird. Die Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora wollen bei ihrer Erinnerungsarbeit künftig auf intensive Bildungsformate setzen, die nicht nur die Opfer in den Blick nehmen, sondern auch die Täterinnen und Täter. "

Der Gedenkort Buchenwald will noch mehr zeigen, wie das Unrecht in NS-Deutschland möglich wurde. Bildrechte: picture alliance/dpa - Bodo Schackow

Wenn wir sauber aus der Geschichte herausarbeiten, wie diese extrem rassistisch formierte Gesellschaft funktioniert hat, dann können wir Gegenwartsbezüge herstellen und zur Reflexion darüber anregen in welcher Gesellschaft wir heute eigentlich leben möchten", hofft Stiftungsdirektor und Historiker Jens-Christian Wagner.

Neues Museum im Gauforum Weimar

Anfang Mai 2024 soll im ehemaligen Gauforum in Weimar auch das neue Museum über Zwangsarbeit im Nationalsozialismus eröffnet werden. Kulturminister Benjamin-Immanuel Hoff (Die Linke) sieht darin auch eine historische Verantwortung – immerhin kam vor 100 Jahren in Thüringen zum ersten Mal eine Regierung mit rechtsextremer Beteiligung an die Macht.

Die Erinnerung daran sei wichtig, so Hoff: "Ich glaube, dass wir mit dem Museum Zwangsarbeit und unserer kulturpolitischen Arbeit insgesamt dafür Sorge tragen können, dass die Zukunft nicht die Vergangenheit ist, die durch eine andere Tür wieder hereinkommt."

Die Überwältigungsarchitektur des Gauforums in Weimar soll demnächst an Zwangsarbeit erinnern. Bildrechte: MDR/Michael Frömmert

Wie sich das Bauhaus anpasste

Als ein politisches Statement versteht auch die Klassik Stiftung Weimar ihr Programm für 2024. Ein wichtiger Höhepunkt wird die Ausstellung "Bauhaus und Nationalsozialismus" sein, die am 8. Mai 2024 mit einem Festakt beginnen wird. Die Schau rufe erstmals die Frage nach der Ambivalenz der Institution Bauhaus und ihrer Persönlichkeiten auf – zwischen Avantgarde und Faschismus.

"Bauhaus steht für uns immer nur für das Gute. Das sind die positiven, fortschrittlichen Menschen, die dann bösartig verfolgt wurden", erklärt Silke Müller von der Klassik Stiftung Weimar. "Genauso gibt es aber auch Biografien, die sich mit dem Regime mehr oder weniger eingelassen haben. Da gibt es also alle Schattierungen und es ist wahnsinnig spannend, das jeweils auch an einzelnen Positionen zu überprüfen." Die mehrteilige Ausstellung wird im Schillermuseum, im Bauhaus-Museum und im Museum Neues Weimar zu sein. Ein Projekt, von dem sich die Klassik-Stiftung internationale Resonanz erwartet.

Zwischen Kultur und Natur

Thüringen startet auch mit großen Hoffnungen ins neue Jahr: Noch im Januar wird das Auswärtige Amt den Vorschlag einbringen, das sogenannte "Grüne Band", die Todeszone der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze, als UNESCO-Welterbe einzutragen.

Das "Grüne Band" erinnert an tödliche Grenzpolitik und ist zu einem einzigartigen Lebensraum geworden. Bildrechte: MDR/BUND/Klaus Leidor

Ein wichtiger Schritt, um Geschichte erhalten, findet Zeitzeuge Berthold Dücker: "Ansonsten sieht man, wie sich die Natur das zurückholt, was über 40 Jahre da entstanden ist: Das war ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, ein Verbrechen gegen das eigene Volk." Damit wäre das "Grüne Band" – bei erfolgreicher Aufnahme – als erster Ort gleichzeitig UNESCO-Naturerbe- und Kulturerbestätte.

Quelle: MDR KULTUR (Linda Schildbach)
Redaktionelle Bearbeitung: tsa

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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR am Morgen | 06. Januar 2024 | 08:15 Uhr