BildungRegelschule in Erfurt gerettet: Trotzdem immer noch zu wenig Plätze für Fünftklässler
Es war eine lange und zähe Diskussion am Mittwochabend im Bildungsausschuss vor dem anschließenden Sonderstadtrat in Erfurt. Das Thema längst kein neues: Wohin mit mehr als 150 Kindern, die im Sommer in die fünfte Klasse kommen? Seit Jahren ist bekannt, dass es zu wenig Schulplätze in der Landeshauptstadt gibt. Und seit Jahren haben Oberbürgermeister und Verwaltung wenig bis kaum etwas dagegen getan, so der Vorwurf der Stadträte. Jetzt wurde eine Notlösung gefunden.
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Die Ulrich-von-Hutten-Schule, eine Regelschule in der Innenstadt von Erfurt, wird nicht auslaufen und geschlossen. Sie wird stattdessen weiterhin neue Regelschüler ab dem Sommer aufnehmen - wenn auch nur in einer Klasse. Hinzu kommt, dass ebenfalls in dem Gebäude drei Klassen eines neu gegründeten Gymnasiums unterrichtet werden sollen. Das hat der Stadtrat am Mittwochabend in einer Sondersitzung beschlossen. Nach zwei Jahren allerdings ist Schluss damit. Bis zum Schuljahr 2026/27 muss die Stadt ein Gebäude finden, dieses sanieren und digitalisieren, damit dann dort entweder die Gymnasiasten oder eben die Regelschüler hinziehen können.
Erfurter Regelschule sollte geschlossen werden
Ursprünglich hatte die Stadtverwaltung geplant, dass ab dem kommenden Schuljahr keine neuen Regelschüler in der Hutten-Schule aufgenommen werden. Stattdessen sollte die Regelschule so Stück für Stück zum Gymnasium werden. Dagegen hatten Eltern, Schülerinnen und Schüler der Ulrich-von-Hutten-Schule heftig protestiert. Man sei überrumpelt worden, habe aus den Medien von den Plänen erfahren, Lehrer und Schulleitung hätten vom Schulamt Weimar einen "Maulkorb" erhalten, so die Vorwürfe der Eltern. Das städtische Amt für Bildung und das zum Land gehörende Mittelthüringer Schulamt dementieren.
Und dennoch: Ein fader Beigeschmack bleibt, auch wenn die Notlösung bedeutet, dass die Schule in ihrer Schulart so weiterbestehen kann. Man sei immer kompromissbereit gewesen, sagt Monique Holz, Sprecherin des Elternbeirats der Hutten-Schule. "Wir haben gesagt: Entweder ziehen wir aus oder das Gymnasium sucht sich etwas Anderes. Wir wollten nie das Gymnasium verhindern und sind mit diesem Vorschlag vollends zufrieden", sagte Holz nach der Sitzung Mittwochabend.
Zweimal hatte der Stadtrat die Entscheidung darüber, wo zukünftige Fünftklässler ab dem Sommer unterrichtet werden können, vertagt. Immer habe man der Stadtverwaltung Alternativen zu deren Vorschlag, die Regelschule auslaufen zu lassen, gezeigt. So richtig begeistern konnte sich das Amt für Bildung dafür nicht und gab auch am Mittwochabend nur zähneknirschend dem Vorschlag von CDU und Grünen, die Hutten-Schule weiter zu erhalten, statt.
Erfurter Grundschulen nehmen keine Fünftklässler auf
Schon seit Jahren fehlen in Erfurt Plätze an weiterführenden Schulen. Vor allem Gymnasien und Gemeinschaftsschulen sind extrem beliebt. Im vergangenem Schuljahr hatten sich Eltern sogar erstmals den Wunschplatz für ihre Kinder an einer Schule eingeklagt, waren in zweiter Instanz vor dem Oberverwaltungsgericht gescheitert. Gymnasien mussten ihre Klassenstärke erweitern, Schulkonzepte zu den Akten gelegt werden, weil zu viele Kinder in die fünften Klassen kamen.
Und auch mit den drei Klassen im neuen Gymnasium 11 kommen in Erfurt nicht alle zukünftigen Fünftlässler im Sommer unter. Noch immer fehlen 75 Plätze. Die Idee, sie wie einst mal geplant in Grundschulen in der Stadt unterzubringen, wurde am Mittwoch verworfen. Auch die sind mittlerweile so voll, dass im kommenden Schuljahr nicht jedes Kind an der Wunschschule, geschweige denn wohnortnah, in eine Schule gehen kann.
"Das ist einfach eine absolute Vollkatastrophe, was hier gerade passiert. Ich bin selbst Vater. Man kann sich vorstellen, was das für Familien bedeutet, wenn sie einfach nicht wissen, wo ihr Kind hingeht", ist Stadtrat Michael Hose (CDU) sauer. Auch andere Stadträte kritisierten Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD) am Mittwochabend erneut heftig. Er sehe Schulen nicht als Chefsache an, Gelder für Schulsanierungen seien lange nicht so geflossen wie eigentlich nötig. Ein gänzlich neues Schulgebäude in Erfurt ist erst ab 2029 geplant. Wenn es denn überhaupt dazu kommt.
Auch künftig fehlen in Erfurt Plätze an Schulen
Die Übergangslösung, die jetzt gefunden wurde, sei längst nicht ausreichend, argumentierte auch Ralph Leipold, Schulamtsleiter in Mittelthüringen. Man müsse dieser Praxis, Notlösungen zu finden, Einhalt gebieten. Die Nachfrage wird auch in den kommenden Jahren höher sein als das Angebot. Ab dem 7. März müssen sich in Thüringen die Kinder an den meisten weiterführenden Schulen für die fünfte Klasse anmelden. In Erfurt wolle man die gewünschte Schulart berücksichtigen, sichert Sozialdezernentin und Bürgermeisterin, Anke Hofmann-Domke (Linke), den Eltern zu. Die Wunschschule allerdings könne man in der Landeshauptstadt Erfurt nicht mehr berücksichtigen.
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MDR (jml)
Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN - Das Radio | THÜRINGEN JOURNAL | 29. Februar 2024 | 19:00 Uhr
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