UraufführungOstdeutscher Antiheld und Publikumsliebling: DNT Weimar erzählt Geschichte Maik Mischkes weiter
Ende 2020 brachte das Deutsche Nationaltheater Weimar mit der Figur Maik Mischke einen ostdeutschen Antihelden auf die Bühne. Das Stück "Ich liebe dir" entwickelte sich zum Publikumserfolg. Nun wird die Geschichte fortgesetzt: "Ich liebe dir. Aber lass dich nicht übern Haufen schießen" verspricht ein Wiedersehen mit Papa Maik, der sich erneut fiktiv mit seinem Sohn Chris unterhält.
- Am Deutschen Nationaltheater Weimar wird das Erfolgsstück "Ich liebe dir" fortgesetzt.
- "Ich liebe dir. Aber lass dich nicht über den Haufen schießen" erzählt die Geschichte des ostdeutschen Antihelden Maik Mischke weiter.
- Im Mittelpunkt des Monologs steht die Sorge um Maiks Sohn, der dabei ist, erwachsen zu werden.
"Ich liebe dir" handelte von der Figur Maik Mischke, der seinem 12-jährigen Sohn Chris erzählt, wie er Ostdeutschland sieht. Ein Abend, der mit Vorurteilen gebrochen hat und ein Plädoyer für genaues Hinsehen war. Jetzt hat der Autor Dirk Laucke einen zweiten Teil geschrieben. "Ich liebe dir. Aber lass dich nicht übern Haufen schießen" heißt das Stück. Es ist wieder ein Monolog vom Vater an den Sohn.
Vielfältige Geschichten aus dem Osten erzählen
Dirk Laucke ist im sächsischen Schkeuditz geboren und in Halle aufgewachsen. Heute lebt der 41-Jährige in Berlin. Dort habe er viel mit Kulturkreisen zu tun, die zu großen Teilen westdeutsch geprägt sind: "Ich schäme mich jeden Tag für die Nazis im Osten." Trotzdem gebe es ja auch die vielen anderen Geschichten von Menschen, die dagegenhalten. Diese Geschichten zu erzählen, sei ihm wichtig, so der Autor. Daher habe ihn auch die Figur Papa Maik interessiert.
Maik Mischke – eine Figur mit klarer Haltung
Maik Mischke hält sich als Bauhelfer finanziell gerade so über Wasser. Er ist leidenschaftlicher Fan des Fußballclubs Union Berlin und trinkt auch gerne mal das ein oder andere Bier. Er ist alleinstehend, hat aber einen Sohn: Chris.
Auf den ersten Eindruck scheint Papa Maik eher Prolet, als Feingeist zu sein – ein Bild, das sich allerdings verändert, wenn man ihm zuhört, findet Beate Seidel, Dramaturgin am DNT. Denn Maik, der wieder von dem Weimarer Schauspieler Krunoslav Šebrek verkörpert wird, vertritt eine überraschend dezidierte Haltung: "Bestimmte Dinge will er nicht im Leben. Er ist zum Beispiel keiner, der Wert auf viel Geld legt. Auch entzieht er sich diesem ganzen Selbstoptimierungswahn". Für Seidel ist Maik jemand, der grundsätzlich mit einem sehr wachen, kritischen Blick durch die Welt geht.
Kein vermeintlicher Prototyp eines Ostdeutschen
Gleichzeitig prägt seine ostdeutsche Herkunft Maiks Blick auf die Welt. Mischki, wie ihn sein Kumpel Holger nennt, versteht sich als politisch links. Niemals würde er nach unten treten und den Staat sieht er von Haus aus eher skeptisch. Genauso wie Waffenlieferungen.
Ich habe keinen Bock darauf, Menschen irgendwie zu klassifizieren und so pseudo-soziologische Figuren zu erschaffen.
Dirk Laucke, Autor
Autor Dirk Laucke war es wichtig, keinen vermeintlichen Prototypen eines Ostdeutschen zu zeichnen: "Ich habe keinen Bock darauf, Menschen irgendwie zu klassifizieren und so pseudo-soziologische Figuren zu erschaffen." Authentisch werde eine Figur seiner Ansicht nach dadurch, dass sie auch Widersprüche besitzt. Sein Ziel als Autor sei es, die Individuation hochzuhalten. Das sei im Übrigen auch das sinnvollste Mittel gegen Radikalität: Nur eine glaubhafte Figur könne berühren, Empathie hervorrufen und schließlich negative, vorurteilsbehaftete Stereotype dekonstruieren.
Studie eines Generationenkonflikts
Während es im ersten Monolog darum ging, wie Papa Maik versuchte, überhaupt eine Beziehung zu seinem damals 12-jährigen Sohn aufzubauen, ist Chris im zweiten Monolog mittlerweile 16 Jahre alt. Das Produktionsteam um die Dramaturgin Beate Seidel wollte weitererzählen, was aus Chris vor dem Hintergrund von Maiks Erziehung geworden ist: "Was konnte der Papa ihm mitgeben?"
Der Abend beginnt damit, dass Maik erfährt, dass Chris abgehauen ist. Die Sorge um seinen Sohn stürzt Maik in eine Krise – auch weil ihm immer mehr bewusst wird, wie sehr sein Sohn sich von ihm entfernt hat. Chris hat in letzter Zeit Entscheidungen getroffen, die ihm, Maik, fremd sind. Zum Beispiel interessiert er sich für die Bundeswehr, während der Papa, aus vollster Überzeugung Wehrdienstverweigerer war. Der mehr und mehr durch Sorge zerrüttete Vater fragt sich, wie es dazu kommen konnte. Für Dramaturgin Beate Seidel liegt Maiks Stärke darin, "... dass er sich sehr genau selbst reflektiert und sich auch zur Disposition stellt."
So ist dieser Abend über Papa Maik nur unterschwellig ein Beitrag zur Ost-West-Debatte. Vielmehr handelt es sich um eine detaillierte Studie über einen Generationenkonflikt, den Umgang damit, dass Kinder zu unabhängigen Menschen werden und den schmerzhaften Prozess, loszulassen.
Weiterführende Informationen"Ich liebe dir. Aber lass dich nicht übern Haufen schießen"
Monolog von Dirk Laucke
Deutsches Nationaltheater Weimar
Theaterplatz 2, 99423 Weimar
Premiere: 24.01.2024, 20 Uhr
Weitere Aufführungen: 01.02., 08.02. und 08.03.2024 jeweils 20 Uhr
(Redaktionelle Bearbeitung: tmk)
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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 24. Januar 2024 | 10:15 Uhr