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Rechtsextreme SzeneVerbot der "Hammerskins" - Welche Folgen hat das für die Neonaziszene?

27. September 2023, 12:11 Uhr

Das Bundesinnenministerium hat den deutschen Ableger der Neonazi-Gruppe "Hammerskins" verboten. Hunderte Polizisten durchsuchten Immobilien von Mitgliedern. Was bedeutet das Verbot für die Neonaziszene?

von Axel Hemmerling, MDR THÜRINGEN

Mitte September hat das Bundesinnenministerium den deutschen Ableger der Neonazi-Gruppe "Hammerskins" nach dem Vereinsgesetz verboten. Hunderte Polizisten durchsuchten Immobilien von Mitgliedern des Netzwerkes in zehn Bundesländern. Dabei wurden auch Waffen gefunden. Was bedeutet das Verbot nun für die Neonaziszene?

Konkret bedeutet das Verbot der "Hammerskins", dass beispielsweise Abzeichen des weltweit agierenden konspirativen Netzwerkes nun nicht mehr verwendet werden dürfen. Die Gruppierung einschließlich ihrer Unterstützergruppe "Crew 38" darf in Deutschland auch unter anderem Namen nicht mehr aktiv werden. Auch das Vermögen und sogar Immobilien der "Hammerskins" wurden beschlagnahmt.

Razzien galten nur den "Hammerskin"-Anführern

Nach MDR-Informationen lag der Schwerpunkt der Durchsuchungen bundesweit auf der Führungsebene des "Hammerskin"-Netzwerkes, also den Chefs der Regional-"Chapter". In Thüringen gab es zwei Razzien, die allerdings Mitgliedern des sächsischen Chapters der "Hammerskins" galten.

Nach MDR Informationen durchsuchten die Beamten die Wohnungen von Thomas G., mutmaßlicher Chef des "Chapters Sachsen" und Steffen A., mutmaßlich Kader der Unterstützergruppe "Crew 38" in Sachsen. In Thüringen selbst existierte kein eigenes Regional-Chapter. Allerdings war das Netzwerk auch hier seit Jahren aktiv, gerade im Zusammenhang mit der Organisation von Konzerten.

Verbot dürfte Konzert-Organisation erschweren

Beispielsweise organisierten Mitglieder des "Chapter Franken" über Jahre Rechtsrockkonzerte in Kirchheim, Hammerskin-Strukturen sollen auch maßgeblich an der Organisation einiger Großkonzerte wie 2017 in Themar (Kreis Hildburghausen) beteiligt gewesen sein. Erst im Juli organisierte ein Neonazi aus dem engsten Vertrauenskreis der "Hammerskin"-Führungsebene ein Konzert im sogenannten Flieder Volkshaus in Eisenach ein Konzert mit einem niederländischen "Hammerskin"-Musiker zu dem Mitglieder des Netzwerkes aus ganz Deutschland anreisten.

Solche Aktivitäten werden in Zukunft durch das Verbot erheblich erschwert und eingeschränkt. Für die Gruppierung dürfte das ein empfindlicher Schlag sein, sagt auch Felix Steiner von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus in Thüringen (Mobit). "Die Hammerskins sind ein zentrales Neonazi-Netzwerk für die Organisation von Events und den Vertrieb extrem rechter Musik. Sie agieren in diesen Strukturen in Deutschland schon über 30 Jahre", so Steiner.

Allerdings waren auch Mitglieder des im Jahr 2000 verbotenen militanten Neonazi-Netzwerks "Blood & Honour" nach MDR Informationen in den letzten zwei Jahrzehnten immer wieder im Geschäft mit der Neonazi-Musik aktiv, organisierten Konzerte und vertrieben Tonträger. Auch das "Hammerskin"-Netzwerk hat sich in den letzten Jahren nach MDR Informationen auf die Zeit nach einem Verbot vorbereitet.

Lückenhaft beim Durchsetzen des Verbots vorgegangen

Drei rechtsextreme Szeneversandgeschäfte aus dem Umfeld der "Hammerskins" wurden bereits Ende 2019 von Nils B. mit einer Postfachadresse in Artern angemeldet. B. soll zum engsten Vertrauenskreis der "Hammerskins" und trug in der Vergangenheit bereits Bekleidung ihrer Unterstützergruppe "Crew 38", die ebenfalls von dem Verbot des Bundesinnenministeriums betroffen ist. Bis vor wenigen Jahren wurden nach MDR-Recherchen mindestens zwei der Arterner Versandhandel von Kadern des "Hammerskin"-Netzwerks geführt.

Hammerskin-Gruppe war auf das Verbot vorbereitet

Experten glauben schon lange, dass es sich bei dem Inhaberwechsel um ein strategisches Manöver handeln könnte, um im Falle eines Verbots so die Geschäfte vor dem Zugriff der Behörden schützen, wenn der Inhaber nicht offiziell zum Netzwerk gehört. Tatsächlich scheint es, dass dieser Plan nun aufgegangen ist, denn nach MDR Informationen waren weder B. noch weitere bundesweit wichtige Vertreter für die Wirtschafts- und Sicherheitsstruktur des konspirativen Neonazi-Bundes von den Durchsuchungen betroffen. Mobit-Sprecher Felix Steiner nennt das Verbot einen "längst überfälligen Schritt, der aber eher nach dem Motto "gut gemeint ist, nicht gut gemacht" ausgeführt wurde." Zwar sei der Einzug von Geld und Immobilien ein Schaden für die Szene.

"Trotz umfangreicher Recherchen vor allem antifaschistischer Akteure kam das Verbot spät und scheint die Struktur auch nicht in Gänze getroffen zu haben. So gibt es zahlreiche Akteure und Strukturen, die weder von Razzien noch vom Verbot betroffen sind, auch in Thüringen. Dies wird natürlich in Teilen die Funktionsfähigkeit dieser Strukturen erhalten."

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MDR (jn)

Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 19. September 2023 | 19:00 Uhr