Schädlinge und TrockenheitKahler Wald in Thüringen: Baumschule Breitenworbis fehlen Setzlinge für Aufforstung
Borkenkäfer und Trockenheit haben teils großen Lücken in Thüringens Wäldern geschlagen. Die kahlen Stellen zu schließen, gestaltet sich schwierig. Den Baumschulen fehlt mitunter das Saatgut. Die Forstbaumschule in Breitenworbis im Eichsfeld produziert 1,5 Millionen Setzlinge jährlich - gebraucht werden erheblich mehr.
Das Thüringer Schiefergebirge im Osten, der Thüringer Wald im Süden oder der Südharz im Norden - einst stolze, große Wälder, die Schatten spendeten, Ruhe und Erholung boten. Doch seit Jahren dünnen die Wälder mehr und mehr aus. Auch wenn es schon immer Hitze, Stürme und Käfer gab: Seit 2018 ist die Situation in unseren Wäldern dramatisch.
Orkantief Friederike hat 2018 den Anfang gemacht. Es folgten mehrere Jahre extrem hoher Temperaturen und damit eine drastische Vermehrung des Borkenkäfers. Kahlflächen breiten sich aus - und nicht jede Kahlfläche kann sich auf natürlichem Weg wieder neu begrünen. Hier kommen die Baumschulen ins Spiel, die die Flächen wieder bepflanzen müssen. Aber dafür brauchen sie Saatgut.
Für Wiederaufforstung bräuchte es 200 Millionen Setzlinge
Thüringen hat insgesamt eine Waldfläche von mehr als einer halben Million Hektar. Ein Fünftel davon, also 100.000 Hektar sind im Moment kahl. Für einen Hektar Wald werden - je nach Baumart - zwischen 2.000 und 8.000 Pflanzen benötigt. Das heißt, wir bräuchten allein in Thüringen mindestens 200 Millionen Pflanzen. Klar ist, dass nicht alles sofort wieder aufgeforstet werden kann, aber die jährlich produzierten 1,5 Millionen Setzlinge sind zu wenig.
Mehr geht aber nicht - das Saatgut dafür ist zu knapp. "Das ist ein ganz kleiner Tropfen auf einem riesigen heißen Stein", betont Elger Kohlstedt. Er ist der Leiter des Forstamts in Leinefelde und der Forstbaumschule in Breitenworbis. Er sagt weiter: "Das ist erschreckend und noch nie dagewesen. Das kennt kein Forstmann und jetzt schließt sich der Kreis, dass auf die Baumschulen eine Mammutaufgabe wartet. Diese Flächen, die sich nicht wieder selbst begrünen können, oder wo wir Baumartenwechsel anstreben, zu Mischwald zu machen, wo früher fast ausschließlich Nadelholz stand."
Darum ist das Saatgut knapp
Nur was geerntet wird, kann auch ausgesät werden, erklärt Elger Kohlstedt. Durch Trockenheit und Schädlinge seien viele Bäume in einem schlechten Zustand und bildeten weniger Zapfen, Eicheln oder Nüsse aus. Es sei zwar normal, dass nicht alle Baumarten jedes Jahr viele Früchte bilden und manche Bäume auch mal mehrere Jahre aussetzen, bis sich wieder Blüten und Früchte ausbildeten, aber auch Klima und Witterungen tragen mittlerweile zu den spärlichen Ernten bei.
Wir sind immer an den Tropf gehängt, was uns Mutter Natur an Saatgut bringt.
Elger Kohlstedt | Leiter Forstbaumschule Breitenworbis
Die Waldsituation in Nord-Thüringen
Der Norden war der erste Landstrich in Thüringen, wo die Bestand an Fichten 2018/2019 massiv zurückgegangen ist. Einschließlich des Harzes. Inzwischen gibt es in Nordthüringen nahezu keine Fichten mehr.
Das war schlimm. Da musste man auch den einen oder anderen Kollegen trösten: Wenn man 300.000 bis 400.000 Festmeter Fichte entsorgen muss, tut das einem Förster sehr weh.
Elger Kohlstedt | Leiter Forstbaumschule Breitenworbis
Auf der anderen Seite gelang es mit Hilfe der Baumschule und staatlichen Fördermitteln, einen Großteil der Kahlflächen in einen Mischwald umzuwandeln. Schon seit Jahren werden besonders die wärmeliebenden Bäume angepflanzt. Statt der Fichte die Weißtanne, die tiefer wurzelt, und statt der Buche die Eiche, die sich auch auf Kahlschlägen entwickeln kann. Auch Nussbaumarten und Ebereschen sollen helfen. Dennoch wird es Generationen dauern, bis der Wald nachgewachsen ist.
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MDR (ls)
Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN - Das Radio | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 19. Mai 2023 | 19:00 Uhr
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