SchenkungWarum Gera einem Brief aus Palästina eine ganze Ausstellung widmet
Zwei seltene Porträtbilder, aufgenommen von der Fotografin Aenne Biermann sowie einen Brief ihres Ehemanns Herbert aus dem Exil 1947 in Haifa hat das Museum für Angewandte Kunst in Gera als Geschenk erhalten. Eine neue Ausstellung zeigt die besonderen Gaben der Münchner Galerie Pixis. Erst die wissenschaftliche Aufarbeitung eines Historikers hat die Schau ermöglicht.
- Einen Brief und zwei Porträtfotos von Aenne Biermann hat das Museum für Angewandte Kunst in Gera geschenkt bekommen.
- In dem Brief berichtet Aennes Ehemann Herbert Biermann aus dem Exil in Haifa und von seiner Zeit in Gera.
- Die Ausstellung der Bilder und des Briefes soll in die Geraer Stadtgesellschaft hineinwirken.
Aenne Biermann (1898-1933) zählt zu den festen Größen der "Neuen Fotografie" und ihr Name ist fest verbunden mit der thüringischen Stadt Gera, in die sie 1920 mit ihrem Ehemann Herbert zog. Ihre Fotografien sind auf dem Kunstmarkt eine Seltenheit. Umso größer war die Überraschung und Freude in Gera, als die Münchner Galerie Pixis zwei Werke und einen Brief dem Förderverein des Museums für Angewandte Kunst "Freunde des Ferberschen Hauses" schenkte.
"Es sind zwei Porträts des befreundeten Paares Martin und Gertrud Engel. Dazu kommt ein Brief, den Herbert Biermann 1947 aus Haifa nach seiner Flucht an den porträtierten Martin Engels geschrieben hat. Das ist das ganz Besondere und das Überraschende", sagte die Geraer Projektleiterin Regina Scheler.
Ein Brief, der Geschichte erlebbar macht
Der Brief ist dabei ein unverhofftes Zeitdokument für Gera. Auf sechs handgeschriebenen Seiten berichtet Herbert Biermann aus dem Exil in Haifa, damals Palästina, den damit verbundenen Verlusten – und er blickt auf seine Zeit in Gera zurück.
"In dem Brief sind so viele Worte und diese Worte beleuchten Schicksale, zeigen Personen auf. Und je mehr wir von dem Brief erfahren haben, umso mehr Türen und Fenster haben sich geöffnet", schwärmt Sigrid Müller, Vorsitzende des Vereins "Freunde des Ferberschen Hauses".
Ermöglicht hat das die Arbeit des Historikers Rainer Krauss, der den Brief wissenschaftlich aufgearbeitet hat. Sie lieferte die Basis für die Kabinettausstellung im Museum für Angewandte Kunst Gera und wird begleitend in einem Katalog veröffentlicht.
KZ-Erfahrung, Flucht und Gera in den Dreißigern
"Wie in einer Zeitkapsel konnten wir hineinschauen, was hat sich in der Zeit ereignet, als die Biermanns in Gera lebten? Welche Architektur spielte eine Rolle? Es gab die Reformpädagogik und es gab viele interessante Menschen, die sich so zusammengefunden haben", so Müller über die Ergebnisse.
In dem Brief berichtet Herbert Biermann auch von der schrecklichen Zeit, die er erleben musste im Konzentrationslager und bei der Ausreise. "Als wir den Brief gelesen hatten, haben wir uns gesagt: Das ist so ein wichtiges Zeitdokument, das kann nicht im Depot verschwinden! Wir wollen das einfach an die Öffentlichkeit bringen", erzählt Scheler. So entstand vor drei Jahren die Idee für die Ausstellung, die heute aktueller und nötiger denn je sei.
Ausstellung soll auf Gesellschaft wirken
Neben dem handschriftlichen Brief in Altdeutsch samt Transkription und den Aenne-Biermann-Fotos zeigt die Ausstellung auch Teile der Recherche um den Brief herum. Wichtig ist den beiden Projektleiterinnen Scheler und Müller, dass die Ausstellung über Projekte in die Stadtgesellschaft hineinwirkt. So sind sie in Schulen oder im Altenheim unterwegs, wo sich manche sogar an das Biermannkaufhaus oder die Biermannvilla in der Stadt erinnern können.
Die Ausstellung "Ein Brief aus Haifa" geht bis zum 28. Mai im Museum für Angewandte Kunst Gera, doch das Thema werde Gera noch viel länger beschäftigen, so Müller.
Die AusstellungEin Brief aus Haifa
Kabinettausstellung
31. Januar bis 28. Mai 2024
Museum für Angewandte Kunst
Greizer Straße 37-39, 07545 Gera
Kurzführung durch die Kabinettausstellung immer mittwochs, 12:30 Uhr.
Quelle: MDR KULTUR (Linda Schildbach), Redaktionelle Bearbeitung: op
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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 31. Januar 2024 | 15:30 Uhr