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BarrierefreiheitDie Leuchtenburg im Wandel: Mit dem Schrägaufzug zur Burg

18. Januar 2024, 07:53 Uhr

Burgen wurden einst auf Berge gebaut, um möglichst uneinnehmbar zu sein. Doch die 800 Jahre alte Leuchtenburg im Osten Thüringens, eine der am besten erhaltenen Burgen Deutschlands, will künftig ganz leicht bezwingbar sein. Quasi per Knopfdruck – mit einem Schrägaufzug. Lange hatte die Stiftung Leuchtenburg, die die Burganlage 2007 kaufte und mit der Porzellanwelten-Ausstellung zu einer Touristenattraktion entwickelte, um diesen Aufzug gekämpft. Inzwischen laufen die Bauarbeiten.

Die Baustelle ist unübersehbar: Der Hang sowie ein Teil des Weinbergs sind vom Parkplatz hoch zur Burg gerodet. Im Oktober hatte der Erdaushub für die Talstation des Schrägaufzugs begonnen. Nach der Weihnachtspause graben sich die Bagger nun wieder in den Boden. Das freut besonders Ulrike Kaiser, die Direktorin der Stiftung Leuchtenburg: "Ich sage immer, die Bagger grasen am Hang." Es handle sich hierbei um ein Herzensprojekt.

Erste komplett barrierefreie Höhenburg

Für Stiftungsgründer und Ideengeber Sven Erik Hitzer wird damit ein neues Kapitel in der Burggeschichte aufgeschlagen: "Es geht ja um die Barrierefreiheit und letztendlich auch um die Altersgerechtigkeit." Dies sei gerade in der heutigen Zeit ein wichtiges Thema. Das Projekt sei viele Jahre geplant worden, um die Burg für jede und jeden zu erschließen und zugänglich zu machen.

Damit ist dann die Leuchtenburg die erste in ihrer Art barrierefrei komplett erschlossene Höhenburg.

Sven Erik Hitzer, Stiftungsgründer und Ideengeber

Die Planungsanfänge liegen mehr als zehn Jahre zurück, sieben verschiedene Varianten standen mal zur Diskussion. Geplant und verworfen wurden zum Beispiel eine Seilbahn oder pendelnde Elektrobusse. Denn die schmale Straße, die auf der einen Bergseite hoch zur Burg und auf der anderen wieder nach unten führt, ist ein Rettungsweg.

Der Unternehmer Sven Erik Hitzer ist sich sicher: "Barrierefreiheit ist ein Zukunftsthema." Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Letzendlich ging es laut Sven Erik Hitzer darum, die optimale Variante zu finden, bei der das Burgbild am wenigsten beeinträchtigt wird. Dabei mussten der Denkmalschutz, die Archäologie, der Naturschutz und natürlich auch die Bewohner der Umgebung mit berücksichtigt werden.

Bau des Aufzugs als technische Herausforderung

Schließlich erwies sich der teils unterirdisch verlaufende Schrägaufzug als optimalste und am wenigsten umstrittene Variante. In Betrieb gehen soll die führerlose Kabinenbahn voraussichtlich im nächsten Frühjahr. Auf einer 140-Meter-Strecke soll sie rund 60 Höhenmeter überwinden und in weniger als drei Minuten 30 Gäste von der Tal- zur Bergstation bringen. Von dort gelangen sie über den Panoramaweg mit tollem Blick ins Saaletal zum Burgeingang.

Von der Burg haben Besucherinnen und Besucher einen Rundblick vom Harz bis zum Thüringer Wald. Bildrechte: Mitteldeutscher Rundfunk

Der Bau des Schrägaufzugs ist laut Hitzer eine technische Herausforderung für die beauftragten Firmen. Um so wenig wie möglich im oberen Bergstück einzugreifen, werden Werkzeug, Maschinen und alles andere über drei Turmdrehkräne zielgerichtet in die Hangschräge gebracht.

Hitzer ist zufrieden mit dieser Lösung: "Man gräbt sich sozusagen in die Tiefe und nach oben." Jetzt stehe erstmal der Erdbau an. Das anspruchsvolle Projekt hat seinen Preis: Knapp sieben Millionen Euro – zu 90 Prozent gefördert vom Land Thüringen.

Historische Entdeckung am Schleierturm

Eine weitere Baustelle ist der Schleierturm, einer der vier Wehrtürme der Leuchtenburg. Nachdem er lange zugeschüttet war, soll er wieder zugänglich gemacht werden. Zumal beim Freilegen ein komplettes Bienenkorbgewölbe zum Vorschein kam, wie Ulrike Kaiser glücklich berichtet: "Wir haben uns ein bisschen gefühlt wie in einer Grabkammer mit Indiana Jones. Und wir haben uns riesig gefreut, dass das alles erhalten ist. Denn es ist ja ungefähr aus dem Jahr 1450."

Ein Blick ins Innere des Schleierturms auf der Leuchtenburg. Bildrechte: picture alliance/dpa | Martin Schutt

Neue Ausstellung zum historischen Gedenken

2024 ist auch ein Gedenkjahr, denn vor 300 Jahren wurde die Leuchtenburg zum Zucht-, Armen und sogenannten Irrenhaus. Eine Ausstellung im Münzturm erinnert an das Schicksal der etwa 5.200 Insassen. Zusätzlich werden Sonderführungen speziell zu diesem Thema angeboten und es wird ein neues Buch dazu geben. Besucherinnen und Besucher haben außerdem die Möglichkeit Familienforschung zu betreiben – denn inzwischen ist die gesamte Datenbank der Häftlinge, die in der Leuchtenburg gefangen waren, online zugänglich.

Ein Zeitzeuge, die 300 Jahre alte Linde im Burghof, wird am ersten Juniwochenende mit einem Lindenfest gefeiert. Und am 21. März lassen tausende Frühblüher die mittelalterliche Burg zum "Frühlingszauber" wieder erblühen.

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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR am Morgen | 18. Januar 2024 | 06:15 Uhr