SchulsanierungGebäude aus den 60ern: Grundschule in Saalfeld wartet noch auf Neubau
Museumsreif trifft es wohl am besten - Gebäude und Technik der Grundschule "Am Roten Berg" in Saalfeld stammen noch aus dem Jahr 1965. Seit Jahren warten Lehrer und Schüler auf einen Neubau. Bisher vergeblich.
Schon im Treppenhaus führen die alten, abgetretenen Bodenbeläge bei Besuchern zu Stirnrunzeln. In den Gängen alte Holzfenster, die mit Nägeln notdürftig verschlossen sind, weil die Scharniere nicht mehr halten: Die Grundschule "Am Roten Berg" schockiert Kinder, Eltern und Lehrer Tag für Tag aufs Neue.
Hausmeister Bernd Neise nimmt uns mit in den Elektroraum im Erdgeschoss, wo noch alte Schmelzsicherungen aus den 1960er-Jahren verbaut sind. "Das sind alles noch Originale", sagt er. Und die Belastbarkeit sei sehr gering. "Wenn wir vier Klebepistolen anmachen, kommt die Sicherung herausgeflogen."
Im Zeichenkabinett der nächste Schock: Hier biegt sich die Betondecke des dritten Obergeschosses durch. Laut Schulleiterin Carmen Bruckmann hat ein Statiker die Decke geprüft und als stabil eingestuft. Die Räume dürfen weiter genutzt werden. Im Gegensatz zum Keller, wo alte Sanitärräume im Dornröschenschlaf liegen.
Wenn wir vier Klebepistolen anmachen, kommt die Sicherung herausgeflogen.
Bernd Neise
Stadt Saalfeld kann Baukosten nicht alleine stemmen
Seit Jahren soll die Grundschule saniert oder an einem anderen Standort neu gebaut werden. Doch die Stadt Saalfeld kann die Baukosten nicht allein stemmen. Aktuelle Kostenschätzungen gehen von zwölf Millionen Euro aus.
Damit bekäme Saalfelds einzige noch nicht sanierte Schule einen modernen Nachfolger für die aktuell 173 Grundschüler. Mit zeitgemäßen Lernbedingungen, wo auch interaktive Tafeln oder Tablets für die Schüler Einzug halten könnten. "Das wäre toll", sagt Schulleiterin Carmen Bruckmann. "Gerade unsere Kinder mit Migrationshintergrund könnten die vielen Lern-Apps nutzen. Hier haben wir aber kein W-Lan."
Energieschleuder ohne Dämmung
Auch eine Sanierung haben die Saalfelder geprüft. Doch die Bausubstanz des fast 60 Jahre alten Schulgebäudes ist schlecht. Der Keller ist feucht, außerdem ist das Haus ohne Dämmung eine Energieschleuder. Die große Palme im Innenhof kann dort sogar überwintern, erzählt Bernd Neise. "Wenn es in Saalfeld schneit, taut der Schnee im Innenhof ganz schnell wieder weg."
Bis 2020 fragten die Saalfelder nach eigenen Angaben immer wieder bei Besuchen in Erfurt nach Fördermitteln. Dann beantragten sie Hilfen beim Bund und 2022 im Infrastrukturministerium. Bisher jedoch ohne Erfolg. Laut Ministerium reichen die Mittel nicht für alle Projekte. Der Bedarf sei groß. Eine Umfrage unter den 33 staatlichen Schulträgern ergab, dass der mittelfristige Investitionsbedarf bei mehr als 1,6 Milliarden Euro liegt.
Wenn es in Saalfeld schneit, taut der Schnee im Innenhof ganz schnell wieder weg.
Bernd Neise
Die Saalfelder Grundschule stehe zwar in der Priorität weit oben, so die Erfurter Behörde. Sie konnte aber auch in diesem Jahr nicht berücksichtigt werden. Ärgerlich für Bürgermeister Steffen Kania (CDU) ist vor allem, dass die Stadt keine Informationen erhalte, ob und wann mit Fördermitteln zu rechnen sei. "Man kann natürlich kein Geld in Reparaturen investieren, wenn man eigentlich darauf wartet, die Schule abzureißen", so das Stadtoberhaupt.
Schulnetzplan rechnet mit der Grundschule
Eigentlich stand die Schule in den 90er-Jahren schon einmal vor dem Aus. Damals gingen die Schülerzahlen zurück. Eine Zusammenlegung mit der benachbarten Regelschule stand im Raum. Dann erholten sich die Zahlen wieder, auch durch den Zuzug von Migranten nach Saalfeld. Inzwischen lernen 67 Kinder mit ausländischen Wurzeln in der Schule.
Trotz des hohen Anteils an Migrationskindern, der in der zukünftigen ersten Klasse sogar bei 50 Prozent liegt, funktioniert die Bildungsarbeit an der Schule - dank engagierter Lehrerinnen und Lehrer. Auch wenn einige Kinder aus schwierigen Verhältnissen kommen, sollen sie hier an ihrer Schule einen festen Bindungspunkt finden und einen guten Übergang schaffen in Regelschule oder Gymnasium.
Der neue Schulnetzplan für den Landkreis Saalfeld-Rudolstadt rechnet fest mit der Grundschule "Am Roten Berg". Dort sollen auch in den nächsten Jahren die Schülerzahlen stabil bleiben.
Deshalb wollten die Eltern der Grundschulkinder auch nicht länger warten. Sie brachten vor Kurzem eine Petition an den Thüringer Landtag auf den Weg und machen auch über die Medien Druck. Aus Erfurt kam am Montag schließlich eine gute Nachricht. Laut Infrastrukturministerium soll der Schulneubau ab 2024 gefördert werden. Vorausgesetzt, der Landtag beschließt den neuen Haushalt wie geplant.
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MDR (jn)
Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | MDR UM 11 | 19. Juni 2023 | 11:00 Uhr
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