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PolitikEhrenamt und Nachhaltigkeit: Thüringer Landtag beschließt Verfassungsänderungen

26. April 2024, 15:10 Uhr

Nachhaltigkeit, Ehrenamt und die Aufforderung, dass das Land und die Kommunen für gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Landesteilen sorgen sollen. Das sind die Verfassungsänderungen, die der Thüringer Landtag am Freitag beschlossen hat. Eine Mehrheit dafür war bis zuletzt unklar.

von MDR THÜRINGEN

Der Thüringer Landtag hat in seiner Sitzung am Freitag mehrere Verfassungsänderungen beschlossen. In einigen Punkten bleiben die Änderungen jedoch hinter den Erwartungen zurück. Ab sofort in der Landesverfassung verankert sind die Stärkung des Ehrenamts und das Prinzip der Nachhaltigkeit. Diese Vorgaben werden damit Grundlage staatlichen Handelns in Thüringen.

Ob die Verfassungänderung durchkommt, war angesichts knapper Mehrheitsverhältnisse im Landtag bis zur letzten Minute unsicher. (Archivbild) Bildrechte: MDR/Karina Heßland-Wissel

Außerdem aufgenommen wurde die Aufforderung, dass das Land und die Kommunen für gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Thüringer Landesteilen sorgen sollen. Die Kommunen im Land sollen künftig zudem angemessen entschädigt werden, wenn ihnen das Land neue Aufgaben überträgt.

Mit der nun beschlossenen Verfassungsänderung wurde auch die Bezeichnung "Behinderte" in "Menschen mit Behinderung" geändert. Das sei zeitgemäß, sagte der Vorsitzende des Verfassungsausschusses, Stefan Schard (CDU).

Mehrheit im Thüringer Landtag bis zur letzten Minute unsicher

Die AfD stimmte gegen den Antrag, während die Fraktion der FDP angekündigt hatte, sich beim Thema Nachhaltigkeit zu enthalten. Normalerweise hätten die Stimmen von Linke, SPD, Grünen und CDU trotzdem ausgereicht.

Allerdings waren von diesen Fraktionen am Freitag nur 59 Abgeordnete anwesend - eine Stimme fehlte also. So war etwa der erkrankte SPD-Abgeordnete Matthias Hey nicht im Plenarsaal. Um diese Unwucht auszugleichen, stimmte der FDP-Abgeordnete Robert-Martin Montag für die Verfassungsänderung und glich damit die eine fehlende Stimme aus. Schlussendlich stimmten 63 der anwesenden 81 Landtagsabgeordneten für die Verfassungsänderung.

Robert-Martin Montag von der FDP stimmte für den erkrankten Matthias Hey ab. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Verfassungsänderungen unterschiedlich wichtig für Parteien

Den Parteien waren die einzelnen Verfassungsänderungen unterschiedlich wichtig - die Kommunen finanziell fair behandeln wollten alle. Das Ehrenamt wollten fast alle stärken. Auch beim Stärken des Europa-Gedankens waren sich alle einig - bis auf die AfD.

Nachhaltigkeit als Staatsziel in der Verfassung blieb besonders den Grünen wichtig - die FDP lehnte das eigentlich ab. Die Liberalen sprangen dann aber doch über ihren Schatten, weil - so ihr parlamentarischer Geschäftsführer Robert-Martin Montag - sie das Gesamtpaket nicht gefährden wollten.

Thomas Kemmerich als FDP-Gruppenchef im Thüringer Landtag ergänzte, dies sei im Sinne der parlamentarischen Fairness geschehen. Die AfD lehnte alle Verfassungsänderungen ab.

Keine Klarstellung bei Ministerpräsidentenwahl

Allerdings wurden einige angedachte Änderungen nicht umgesetzt. Nach immer wieder aufflammenden Diskussionen ging es immer auch um die Ministerpräsidentenwahl. Ist ein Kandidat im dritten Wahlgang auch mit mehr Nein- als Ja-Stimmen gewählt, wenn er allein antritt? Diese Frage beschäftigte Thüringen in der Vergangenheit immer wieder, mehrere Fraktionen hatten sich daher für eine Klarstellung in der Verfassung ausgesprochen, doch am Ende zeichnete sich dafür keine Mehrheit ab.

Experten hatten zudem darauf hingewiesen, dass es keinen automatischen Mechanismus für eine Auflösung des Landtags gebe, wenn kein Ministerpräsident gewählt wurde. Hier gibt es auch keine Änderung. Experten vom Forum Verfassungsblog hatten zudem mehrere Maßnahmen zum Schutz der Demokratie vor Extremisten angemahnt und eine deutlich weitreichendere Verfassungsänderung gefordert. 

Mit Blick auf die am 1. September anstehende Landtagswahl gibt es Befürchtungen, dass einerseits eine Regierungsbildung erneut sehr schwierig und eine Ministerpräsidentenwahl mit Unsicherheiten behaftet sein könnte. Andererseits gibt es Sorgen, die in Thüringen als rechtsextrem eingestufte AfD könnte mehr als ein Drittel der Sitze im Parlament erhalten und so wichtige Entscheidungen blockieren, die eine Zweidrittel-Mehrheit erfordern.

MDR/dpa (jw/nir)

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Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 26. April 2024 | 14:00 Uhr

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