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UrnshausenRegionalprodukt aus dem Unesco-Biosphärenreservat: Rhöner Schinken

25. Juni 2022, 10:29 Uhr

3 Länder, 8 Fleischer - aber ein Produkt für die Rhön: Anfang des Jahres haben die Betriebe in Bayern, Hessen und Thüringen damit begonnen, nach einheitlichen Qualitätsstandards einen luftgetrockneten Schinken herzustellen. Der Geschmack des Unesco-Biosphärenreservats: ohne Konservierungsstoffe, natürlich gewürzt. Zu den 8 Pionieren gehört Christian Wenzel aus Urnshausen im Wartburgkreis. Er sagt: eine Herausforderung, die sich lohnt.

von Ruth Breer, MDR THÜRINGEN

Die "heiligen Hallen" von Christian Wenzel liegen einige Treppenstufen unterhalb des kleinen Ladengeschäfts. Die Stahltür quietscht - und gibt den Blick frei auf ein Schlaraffenland für Wurstfreunde. Luftgetrocknete Salami hängen in vielen Varianten und ordentlichen Reihen dicht hintereinander in der schmalen Kammer: Von fingerdünnen Minis bis zur "dicken Bertha".

Flache Rundlinge, plüschig mit Edelschimmel überzogen, sogenannte Salamberts mit Camembert und Weißwein. Fenchelsalami, getrüffelte Schweinebacken, italienische Spezialitäten wie Pancetta und Coppa. Es ist kühl, ein Ventilator sorgt für steten Luftzug.

Schinken ohne Zusatzstoffe

Mitten zwischen all diesen Schätzen ruhen auf einem Edelstahlgitter fünf große Schinken. Sie sind die aktuelle Herausforderung für Christian Wenzel, Fleischermeister in vierter Generation, der sich nach einer Fortbildung "Wurst- und Schinkensommelier" nennen darf. Er hat vieles ausprobiert. An diesem Schinken aber ist einiges neu: Er ist ein Gemeinschaftsprojekt, ein Rhöner Produkt und kommt ohne Konservierungs- und Zusatzstoffe aus.

Selbst gesetzte Auflagen

Die Idee für einen luftgetrockneten Rhöner Schinken entstand nach einem Markt mit Brennereien und Metzgereien im hessischen Rasdorf. Den ersten stellte Richard Kleinhenz aus dem bayerischen Unterleichtersbach vor und ließ die Kollegen kosten: "Wir waren einheitlich begeistert", erzählt Christian Wenzel. "Ich glaube, der kommt gut an." Der Schinken treffe geschmacklich den Punkt und sei ein hochwertiges Produkt - durch die Auflagen, die sich die Macher selbst gesetzt haben.

Gutes Fleisch und geheime Gewürze

Das betrifft zum einen die Rohstoffqualität - das Fleisch muss aus dem Biosphärenreservat stammen, von Strohschweinen oder idealerweise Bio-Schweinen. Dann muss der Schinken nach dem Salzen mindestens fünf Monate ausreifen. Gewürzt wird mit einer einheitlichen Mischung - nur mit Naturgewürzen. Thüringer Thymian gehört dazu, verrät Wenzel, Pfeffer - "und ein paar kleine Feinheiten, die ein Geheimnis bleiben", lacht er.

Vor allem aber: keine E-Stoffe. Keine Konservierungsmittel, keine Antioxidantien. Anstelle von Pökelsalz, das für eine stabile rote Farbe sorgt, wird ausschließlich Siedesalz verwendet. Der Schinken muss natürlich ausreifen.

Regionale Produkte stärken

Beteiligt an dem Vorhaben sind neben den acht Betrieben in drei Ländern auch die Rhön GmbH, der Rasdorfer Verein Genusskultur und die Verwaltungen des Unesco-Biosphärenreservats Rhön. Mit dem Schinken wolle man "ein weiteres Aushängeschild für die Produkte mit der besonderen Qualität aus dem Biosphärenreservat schaffen", so Projektbegleiter Thomas König von der Rhön GmbH.

Und Ulrike Schade, die Leiterin der Thüringer Verwaltungsstelle des Schutzgebietes, nennt die Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe "ein wichtiges Ziel im Biosphärenreservat".

Tägliche Pflege notwendig

An Samstag soll der erste Biosphären-Schinken aus der Rhön angeschnitten werden, zum 200. Geburtstag des Landkreises Fulda. So weit sind die Schinken von Christian Wenzel noch nicht, sie müssen noch weiter reifen. Der ursprünglich geplante Starttermin war der Rhöner Wurstmarkt in Ostheim Anfang Oktober.

Und so prüft der Fleischer fast täglich in seinem Reifekeller die Schinken. Auch wenn Luftfeuchtigkeit und Temperatur in dem Raum automatisch geregelt werden: ohne den Menschen geht es nicht, sagt Wenzel. Die Oberfläche darf nicht zu feucht und nicht zu trocken sein. Das braucht Pflege, ein leichtes Drücken oder Tasten: "Man sieht's, fühlt's, riecht's." Mal muss mehr Luft dran, mal braucht der Schinken mehr Ruhe.

Qualitätsprodukt mit Siegel

Am Ende hat das Fleischstück durch das Salzen und Trocknen 40 bis 50 Prozent seines Gewichts verloren. Aber wird das wirklich ein einheitlicher Schinken, werden alle gleich schmecken? Nicht ganz, vermutet Wenzel. Schließlich sind in jedem Betrieb die Bedingungen etwas anders - und "jeder hat ein anderes Händchen dafür". Aber im Grunde sei es das gleiche Qualitätsprodukt, ein Aushängeschild für die Rhön. Dafür gibt es dann auch das Siegel der Rhön GmbH.

MDR (rb,dvs)

Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN - Das Radio | Der Morgen | 25. Juni 2022 | 07:20 Uhr

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