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Bargeldloses BezahlenUkrainer zahlen gerne mit dem Smartphone

03. Oktober 2019, 05:00 Uhr

Bargeldloses Bezahlen soll in der Ukraine in diesem Jahr 50 Prozent der Umsätze überschreiten. Die Wachstumsrate von bargeldlosen Zahlungen ist damit höher als in Deutschland. Beim Bezahlen via Smartphone gehört die Ukraine sogar zu den internationalen Marktführern. Doch nicht alles ist rosig: 37 Prozent der vollmundigen Bürgerinnen und Bürger haben gar kein Bankkonto.

von Denis Trubetskoy

Wer an die Ukraine denkt, dem kommt nicht unbedingt der Einsatz fortschrittlichster Technologien in den Sinn – immerhin wechselt sie sich immer wieder mit der Republik Moldau als ärmstes Land Europas ab. Diese Einschätzung ist jedoch falsch. Etwa wenn es um das Zahlen mit NFC-Technologie geht, also via Smartphone über Dienste wie Apple Pay oder Google Pay, belegt die Ukraine nach Angaben der US-Firma Mastercard Stand Anfang 2019 den vierten Platz weltweit. Zudem betont Mastercard gegenüber der englischsprachigen Zeitung Kyiv Post, jeden Monat würden im Durchschnitt 25 Prozent mehr Geräte für mobile Zahlungen eingesetzt. Insgesamt 72 Prozent der Ukrainer könnten sich vorstellen, in Zukunft mit dem Smartphone zu zahlen. Andrij Janizkyj von der Kyiv School of Economics erklärt gegenüber dem MDR die Entwicklung:

Die Ukraine hat in den letzten Jahren tatsächlich einen Sprung in Sachen bargeldloses Bezahlen gemacht. Das hat mit dem Einsatz der neuen Technologien wie NFC zu tun, aber auch mit der Arbeit der Banken.

Andrij Janizkyj, Kyiv School of Economics

Unterschiede zwischen Stadt und Provinz

In Städten ist es in der Ukraine leichter, mit Kreditkarte zu bezahlen. Bildrechte: Colourbox.de

Die ukrainische Gesetzgebung setzt Anreize für bargeldloses Bezahlen. Ein Geschäft oder Restaurant, das größer als 25 Quadratmeter ist und in einer Stadt mit mehr als 25.000 Einwohnern liegt, muss die Möglichkeit für Zahlungen ohne Bargeld anbieten. Sonst droht eine Strafe von inzwischen rund 300 Euro. Das wird in der Provinz noch weitestgehend ignoriert. In großen Städten wie Kiew, Charkiw oder Lwiw hingegen kann sogar eine Flasche Mineralwasser am Kiosk mit Karte bezahlt werden. Sich komplett darauf zu verlassen, ist dennoch schwierig. Ein Kiewer Restaurant-Besitzer, der lieber unbekannt bleiben will, macht deutlich, dass bargeldloses Bezahlen und Steuerehrlichkeit zusammenhängen.

Wir tun oft so, als würde das Terminal nicht funktionieren. Denn wir sind eine kleine Pizzeria und müssen irgendwie über die Runden kommen. Wenn wir alle Steuern bezahlen würden, die wir eigentlich zahlen müssten, könnten wir morgen direkt zumachen. Das ist nicht gut, wir können jedoch nicht anders.

Wachstum größer als in Deutschland

Die inzwischen staatliche "Privatbank" verfügt mit Privat24 über eines der modernsten Online-Bankingsysteme in Osteuropa. Die "Monobank", der größte Aufsteiger der letzten Jahre, ist eine reine Internetbank. Unter diesen Voraussetzungen ist der Anteil an Umsätzen durch bargeldlose Transaktionen in der Ukraine seit 2013 von 17 auf 49,3 Prozent gestiegen. Das bedeutet zwar, dass die Hälfte des Geldes nach wie vor in bar bewegt wird. Jedoch wird sich dies in diesem oder im nächsten Jahr ändern. Das bargeldlose Bezahlen stieg in der Ukraine zwischen 2016 und 2017 um 4,2 Prozent pro Person an. In Deutschland waren es im gleichen Zeitraum nur 3,6 Prozent. Weltspitze sind laut dem World Payments Report 2018 Norwegen, Südkorea und Australien.

Vertrauen in die Banken niedrig

Nichtsdestotrotz steht der Bankensektor in der Ukraine vor großen Problemen. Vertrauen in ihr Banksystem haben die Ukrainer, deren Land seit der Maidan-Revolution nach wie vor in einer Wirtschaftskrise steckt, nicht. Zu oft sind auch die ganz großen Banken pleite gegangen. Ende 2016 konnte die "Privatbank" als größte Bank des Landes nur mit großer Not durch ihre Verstaatlichung gerettet werden. Die fehlende Sicherheit schlägt sich auch in Zahlen nieder, wie die Ukraine-Chefin von Mastercard, Inna Andrejewa, erklärt: "Rund 37 Prozent der erwachsenen Ukrainer haben kein Bankkonto."

Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | 29. Mai 2019 | 17:00 Uhr