Polen - Aufrüstung aus Angst vor Russland
Polen ist seit 1999 Nato-Mitglied. Kaum jemand bezweifelt den Sinn der Mitgliedschaft in dem Verteidigungsbündnis, denn es bietet ein Gefühl der Sicherheit gegen den mächtigen Nachbarn Russland. Doch der Präsident kritisiert, dass Polen vom Westen nur als "Pufferstaat" betrachtet werde. Das soll sich nun auf dem Gipfeltreffen in Warschau ändern.
Vor dem polnischen Verteidigungsministerium wurde ein Countdown errichtet. Er zählt die Minuten, bis das Nato-Gipfel-Treffen beginnt, bis die großen Politiker der westlichen Welt sich in der polnischen Hauptstadt treffen: Barack Obama, Angela Merkel, Francois Hollande, David Cameron und viele weitere. Man fiebert dem Ereignis entgegen wie sonst eher einer Fußball-WM.
Bei Nato-Mitgliedschaft sind sich die Polen einig
In Polen ist die Zustimmung zur Nato sehr hoch. 70 Prozent sind laut einer Umfrage, die das Außenministerium letztes Jahr durchführen ließ, der Meinung, dass die Nato-Mitgliedschaft positiv für die Sicherheit des Landes ist. Und kein derzeit relevanter Politiker zweifelt den Sinn des Engagements in dem Verteidigungsbündnis an. In diesem Punkt herrscht seltene Einigkeit zwischen der nationalkonservativen Regierung und der Opposition.
1997, zwei Jahre bevor Polen der Nato beitrat, waren sogar 90 Prozent der Bevölkerung für die Mitgliedschaft im Nordatlantikpakt. Denn das Misstrauen gegenüber Russland ist in Polen groß. Und seitdem Putin seinen Hybridkrieg in der Ostukraine führt und die Krim annektiert hat, ist das Verhältnis noch weiter abgekühlt. Rund 50 Prozent der Polen sehen Russland als eine Bedrohung, 43 Prozent glauben, dass es zu einem Krieg mit dem Nachbarland kommen könnte.
Nicht mehr "Pufferstaat" sein
Deshalb will das Land dauerhafte Nato-Basen. Man will nicht länger von den anderen Mitgliedern als "Pufferstaat" zu Russland gesehen werden, wie Präsident Andrzej Duda es ausdrückte, sondern als "gleichberechtigtes Mitglied". Und ein Schritt in diese Richtung ist schon vor dem Nato-Gipfel beschlossen worden: Die Nato will in Polen und dem Baltikum eine "dauerhaft rotierende" Präsenz einrichten — die Details sollen auf dem Treffen in Warschau geklärt werden.
Die polnische Armee in ZahlenDie Militärausgaben sind laut Angaben der polnischen Regierung in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. 2015 betrug der Wehretat 32,5 Milliarden Zloty. 2016 sollen es schon 36 Milliarden, rund 8,2 Milliarden Euro, sein.
Die polnische Armee besteht zur Zeit aus 100.000 Berufssoldaten. Dazu gibt es rund 20.000 Reservisten.
Die Regierung verkauft allerdings schon jetzt diesen Schritt als ihren großen Erfolg. Denn bisher hat das westliche Verteidigungsbündnis keine dauerhaften Nato-Basen in Polen. Lediglich die "superschnelle Eingreiftruppe", auch genannt "Speerspitze", wurde als Reaktion auf die russische Aggression in der Ukraine eingerichtet, um Polen und das Baltikum im Ernstfall verteidigen zu können.
Beidseitiges Aufrüsten
Außerdem wird in Redzikowo in Nordpolen eine amerikanisch-polnische Raketenabwehrbasis gebaut. Offiziell richtet sich diese gegen eine Bedrohung aus dem Iran. Doch Putin ist von dieser offiziellen Variante nicht überzeugt. "Natürlich ist das eine Bedrohung für uns. Es kann leicht angepasst werden, um aggressive Fähigkeiten zu entfalten", sagte er kürzlich bei einem Staatsbesuch in Athen.
Russland droht nun wieder damit, Iskander-Kurzstreckenraketen in der westlichen Exklave Kaliningrad zu stationieren. Die Raketen haben eine Reichweite von mehr als 400 Kilometern und könnten von Kaliningrad aus etwa die polnische Hauptstadt Warschau treffen. Ob die Raketen nicht sowieso schon längst da sind und ob sie mit Atom-Sprengköpfen bestückt sind, ist jedoch unklar.
In einem Werbespot, den das Verteidigungsministerium für den Nato-Gipfel hat drehen lassen, sieht man Soldaten, Panzer und Kriegsschiffe mit Actionfilmmusik unterlegt. Am Ende steht Verteidigungsminister Antoni Macierewicz im Warschauer Nationalstadium - dort wird das Gipfeltreffen in einem Kongresszentrum stattfinden - und sagt: "Sicherheit beginnt hier." Die Erwartungen an den Gipfel sind hoch.
Über dieses Thema berichtet MDR AKTUELL auch im:Radio | 18.07.2017 | 10:07 Uhr
Ort des Einsatzes | Anzahl der Soldaten und Armee-Mitarbeiter | |
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Kosovo | 300 | |
Afghanistan | 200 | |
Irak | 60 | |
Kuwait | 150 | |
Bosnien-Herzegowina | 50 | |
Zentralafrikanische Republik | 2 |