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PräsidentschaftswahlenPolens alter, neuer Präsident: Macht Andrzej Duda weiter wie bisher?

13. Juli 2020, 11:44 Uhr

Andrzej Duda wurde mit 51,2 Prozent der Stimmen erneut zum polnischen Präsidenten gewählt. Er lieferte sich mit dem Oppositionskandidaten Rafaeł Trzaskowski ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Als er 2015 das erste Mal zum Präsidenten gewählt wurde, trat er aus der PiS-Partei aus, er bleibt ihr programmatisch jedoch treu. Der Sieg Dudas dürfte ihre Vormachtstellung mindestens bis zur Parlamentswahl 2023 festigen. Dudas wichtigste Themen im Überblick:

Sozialstaat: Kindergeld soll bleiben

Es war die regierende PiS-Partei, die sozialpolitische Themen bereits 2015 auf Polens politische Agenda brachte und ein bis dato nie dagewesenen Sozialstaatsprogramm entwickelte. So führte die Regierung ein Kindergeld ein und steckte viel Geld in die Unterstützung von Rentnern und Geringverdienern. Vor allem mit dem Kindergeld 500+ konnte die PiS bei vielen Menschen Bonuspunkte sammeln und Andrzej Duda versprach auch in diesem Wahlkampf, dass das Programm ähnlich wie die 13. Rente unter ihm als Präsident weiterlaufen wird.

Rechte von Homosexuellen und die Rolle der Kirche

Präsident Duda wird auch in seiner zweiten Amtszeit als Präsident an der Ausgrenzung sexueller Minderheiten festhalten: "Man versucht uns zu überzeugen, dass das Menschen sind, aber es ist einfach nur eine Ideologie." Das Verbot einer Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare will Duda in der Verfassung verankern lassen.

Andrzej Duda hat bei diesem Thema einen mächtigen Verbündeten: die katholische Kirche. Gemeinsam mit der Kirche hetzte die PiS mit ihrem Kandidaten im Wahlkampf gegen die polnische LGBTQ-Community, die sie zu einer Bedrohung von Nationalstaat und Familie erklärt hat. Im Osten des Landes haben sich dutzende Kommunen zu "LGBT-freien Zonen" erklärt.

Andrzej Duda bezeichnet LGBT als "Ideologie". Eine Gleichstellung aller Polen kommt für ihn nicht in Frage. Bildrechte: Daniel Filipek

Die Mehrheit der Polen ist katholisch. Die Gotteshäuser – gerade im ländlichen Raum – sind jeden Sonntag gut besucht. Der Glaube gilt als Teil der nationalen Identität und hat bei vielen Polen auch Einfluss darauf, wie sie wählen. "Die Familie verdient schon allein um der Verfassung willen besondere Unterstützung", sagte Präsident Duda in Warschau anlässlich der Unterzeichnung der Familiencharta. Er betonte dabei auch die Rolle der Ehe als Beziehung zwischen einem Mann und einer Frau.

Umwelt: CO2 sparen, aber bei Kohle bleiben

Duda setzt sich laut Wahlprogramm für den Kampf gegen die globale Erderwärmung ein, schließt jedoch gleichzeitig den Rückzug aus dem Kohleabbau in seinem Land aus. Polens Energiewirtschaft ist zu gut 80 Prozent von der Kohle abhängig. Etwa 100.000 Jobs hängen direkt am Abbau der Kohle. Deshalb hält Polen an seiner Kohleverstromung fest, obwohl sie längst unrentabel ist. Doch die Bergleute sind immer noch eine einflussreiche Lobby, ihren Streik will die Regierung nicht riskieren.

Andrzej Duda will Kohle in Privathaushalten nicht gänzlich verbieten. Bildrechte: IMAGO photothek

Stattdessen will Duda Finanzmittel für private Haushalte zur Verfügung stellen, damit diese ihre Einfamilienhäuser wärmedämmen können und ökologischere Heizungen einbauen können. "Polen soll die grüne Lunge Europas sein. Kümmern wir uns um unsere Wälder. Ich möchte das Aufforstungsprogramm weiterhin unterstützen", schreibt Duda in seinem Wahlprogramm.

Justizreform soll fortgesetzt werden

Präsident Duda will die umstrittene Reform im Justizwesen fortsetzen. Sie gibt der regierenden PiS Macht über Richter und Gerichte. Trotz Protesten in und außerhalb Polens setzt Duda sich auch weiterhin dafür ein. Die EU-Kommission eröffnete bereits mehrere Vertragsverletzungsverfahren gegen Warschau und klagte beim Europäischen Gerichtshof.

Raus aus der Europäischen Union?

Mit Andrzej Duda gibt es auf diese Frage ein klares "Nein". Er sieht Polen auch in Zukunft als Mitglied der Europäischen Union. Einen "Polexit" will er nicht. "Ich möchte, dass Polen in der Europäischen Union ist und davon profitiert", betonte er bei einer seiner Wahlkampfveranstaltungen. Trotz allem setzt er auf Polens Souveränität und betont, wie wichtig Nationalstaaten in der EU sind. Er war für seine Wiederwahl auf die radikalen Nationalisten des Bündnisses "Konfederacja" angewiesen und warb nach dem ersten Wahlgang auch um die rechtsnationalen Wähler. "In vielen Fragen denken wir ähnlich. Und wir haben ein gemeinsames Ziel: ein starkes und sicheres Polen", sagte Polens amtierender Präsident.

NATO gilt als wichtiger Partner

Bei einem Treffen mit US-Präsident Trump kurz vor dem ersten Wahlgang unterstrich er die Wichtigkeit des transatlantischen Bündnisses NATO und begrüßte eine mögliche Truppenverlegung von NATO-Soldaten von Deutschland nach Polen. Duda steht damit jedoch nicht alleine in Polen da: Nur wenige polnische Politiker zweifeln den Sinn des Engagements der NATO an. Die Meinung der US-Amerikaner zählt in Polen.

Wie viel Macht hat der Präsident in Polen?Der Präsident nimmt eine Schlüsselrolle im polnischen Rechtssystem ein. Er hat zwar keine Befugnisse wie ein Präsident in den USA oder Frankreich, er ist jedoch einflussreicher als ein Bundespräsident. So treten Gesetze erst mit der Unterschrift des Präsidenten in Kraft. Der Präsident nimmt direkten Einfluss auf die Gesetzgebung, wenn er von seinem Vetorecht Gebrauch macht. Außerdem ernennt er oberste Richter.

(adg)

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 13. Juli 2020 | 05:00 Uhr

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