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Internationale ReaktionenTod einer Iranerin löst Empörung aus

18. September 2022, 10:45 Uhr

Der Tod einer jungen Frau im Polizeigewahrsam hat im Iran landesweit Empörung und Trauer ausgelöst. Laut iranischer Polizei soll sie an Herzversagen gestorben sein. Amnesty International zweifelt diese Version an. Es gebe "Vorwürfe von Folter und anderen Misshandlungen während des Gewahrsams", weil sie keine Kopfbedeckung getragen habe. Seit 1979 müssen Frauen im Iran unabhängig von ihrer Nationalität und ihrem Glauben in der Öffentlichkeit ihr Haar bedecken.

Der Tod einer jungen Frau in Polizeigewahrsam hat im Iran landesweit Empörung und Trauer ausgelöst. Nach Medienangaben nahmen am Samstag Tausende an der Beerdigung der 22-jährigen Mahsa A. in ihrer Heimatstadt Saghes in Nordwestiran teil. In mehreren Städten im Iran sollen die Menschen demonstriert haben. Die Polizei setzte Tränengas ein, um die Menge auseinander zu treiben. In den sozialen Medien trauerten viele Iraner um die junge Frau.

In den sozialen Medien war die Rede von mehreren Verhaftungen, die bislang nicht bestätigt sind. Auch in Berlin gingen einige Menschen am Samstag auf die Straße, um vor der iranischen Botschaft gegen den Tod der Frau zu protestieren. Angekündigt waren zudem Proteste in Stuttgart, München und Köln.

Laut Polizei Herzversagen – Amnesty vermutet Misshandlung

Mahsa A. war am Dienstag während eines Familienbesuchs in der Hauptstadt Teheran von der Sitten- und Religionspolizei wegen ihres "unislamischen" Outfits festgenommen und auf eine Polizeiwache gebracht worden. Nach Polizeiangaben sei sie dort wegen Herzversagens zunächst in Ohnmacht und danach ins Koma gefallen. Am Freitag wurde ihr Tod bestätigt.

An der Erklärung der Polizei, was zum Tod der Frau geführt hat, gibt es Zweifel. Amnesty International teilte mit, es gebe "Vorwürfe von Folter und anderen Misshandlungen während des Gewahrsams". Die Menschenrechtsorganisation forderte eine Untersuchung der Umstände des "verdächtigen" Todes. Der Nationale Sicherheitsberater im Weißen Haus, Jake Sullivan, zitierte Berichte, wonach Amini im Polizeigewahrsam geschlagen worden sei. "Wir werden iranische Regierungsmitarbeiter weiterhin für solche Menschenrechtsverstöße zur Rechenschaft ziehen", schrieb Sullivan im Kurzbotschaftendienst Twitter.

Festnahme durch Sittenpolizei

Amini war am Dienstag in der Hauptstadt Teheran von der Sittenpolizei festgenommen worden, die für die Durchsetzung der strengen Kleidervorschriften für Frauen zuständig ist. Die 22-Jährige wurde nach Polizeiangaben wegen "des Tragens unangemessener Kleidung" zusammen mit anderen Frauen auf eine Polizeidienststelle gebracht, um über die Kleidervorschriften unterrichtet zu werden.

Der iranischen Polizei wird vorgeworfen, die junge Frau auf den Kopf geschlagen zu haben, was zu einer Hirnblutung, dem Koma und letztendlich - schon am Dienstag - zu ihrem Hirntod führte. Diese Darstellung hat die Polizei vehement zurückgewiesen und versucht mit nicht verifizierbaren Videoaufnahmen ihre Version zu beweisen. 

Kopftuchpflicht im Iran seit 1979

Seit kurz nach der islamischen Revolution von 1979 müssen Frauen im Iran unabhängig von ihrer Nationalität und ihrem Glauben in der Öffentlichkeit ihr Haar bedecken. In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben jedoch viele Frauen in Teheran und anderen Großstädten die Vorschriften leger ausgelegt und einzelne Haarsträhnen oder mehr Haar aus ihrem Schleier hervorschauen lassen.

dpa/AFP(kar)

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 17. September 2022 | 12:00 Uhr