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Im WahlkampfJapans Ex-Regierungschef Abe nach Anschlag gestorben

08. Juli 2022, 21:25 Uhr

Der langjährige japanische Ministerpräsident Shinzo Abe ist tot. Der 67-Jährige wurde am Freitag bei einer Wahlkampfveranstaltung von einem Mann angeschossen und starb an seiner Verletzung. Der Attentäter wurde festgenommen, er hat ein Geständnis abgelegt. Der Anschlag sorgte weltweit für Bestürzung.

Der frühere japanische Regierungschef Shinzo Abe ist bei einem Attentat getötet worden. Das Universitätskrankenhaus der Stadt Nara teilte mit, der 67-Jährige sei verblutet.

Abe war am Freitag bei einer Wahlkampfveranstaltung seiner konservativen Partei angeschossen worden. Der mutmaßliche Täter ließ sich ohne Widerstand festnehmen und hat die Tat bereits gestanden. In der Wohnung des 41-Jährigen stellte die Polizei selbst gebaute Waffen sicher.

Nach Medienberichten soll der 41Jahre alter Japaner zwei Schüsse auf Abe abgegeben haben, von hinten in den Rücken. Der Attentäter ließ sich widerstandslos festnehmen. Abe wurde mit einem Hubschrauber in ein Krankenhaus gebracht und erlag Berichten zufolge kurze Zeit später seinen Verletzungen.

Der Anschlag wurde zwei Tage vor den Parlamentswahlen am Sonntag verübt. Abes Nachfolger, Regierungschef Fumio Kishida, brach seinen Wahlkampf ab. Seine Regierung richtete einen Krisenstab ein.

Mutmaßlicher Attentäter war Ex-Militär

Der mutmaßliche Attentäter schoss japanischen Medienberichten zufolge aus Unzufriedenheit auf den Politiker. Wie der Fernsehsender NHK berichtete, soll er nach seiner Festnahme gesagt haben, er sei "unzufrieden" mit Abe und habe ihn deshalb töten wollen. Bei dem Mann soll es sich um ein Ex-Mitglied der Selbstverteidigungskräfte des Landes handeln.

Abe und die Nachkriegsverfassung

Abe war zunächst von 2006 bis 2007 und dann von 2012 bis 2020 Regierungschef in Japans. Er ist damit der Ministerpräsident, der in Japan am längsten regierte. Unter ihm rückte das Land nach Meinung von Kritikern deutlich nach rechts. Abe gehört auch zu den Verfechtern einer Revision der pazifistischen Nachkriegsverfassung, die "für alle Zeiten auf den Krieg als ein souveränes Recht der Nation und auf die Androhung oder Ausübung von Gewalt als Mittel zur Beilegung internationaler Streitigkeiten" verzichtet.

Wirtschaftlich führte Abe mit seiner als "Abenomics" bekannten Wirtschaftspolitik aus billigem Geld, schuldenfinanzierten Konjunkturhilfen und dem Versprechen von Strukturreformen das Land aus eine Jahrzehnte anhaltenden Deflation und Stagnation. Kritiker meinen, dies habe auch zu einer wachsenden Ungleichheit geführt. Ein Drittel der Beschäftigten in Japan hat keine feste Anstellung. Bei den Wahlen zum Oberhaus am Sonntag war ein Sieg der LDP erwartet worden. Damit könnte die Debatte um eine Verfassungsänderung an Fahrt gewinnen.

Politiker in aller Welt entsetzt

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock zeigte sich erschüttert: "Ich bin schockiert über die Nachricht, dass auf Shinzo Abe geschossen wurde. Meine Gedanken sind bei ihm und seiner Familie", schrieb Baerbock auf Englisch im Onlinedienst Twitter. 

Bundeskanzler Olaf Scholz zeigte sich "fassungslos und tief traurig". Deutschland stehe "in diesen schweren Stunden eng an der Seite Japans". Altkanzlerin Angela Merkel teilte mit: "Japan und die Welt verlieren mit Shinzo Abe einen großen Staatsmann. (...) Sein Wort hatte Gewicht. Seine Entscheidungen waren verlässlich. Sein Humor half, Widerstände zu überwinden. Er war mir ein enger Kollege und Freund."

Auch Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron äußerte Entsetzen und schrieb auf Twitter von einer "widerlichen Attacke". EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verurteilte den "brutalen und feigen Mord".

US-Präsident Joe Biden zeigte sich "fassungslos, empört und zutiefst traurig, dass mein Freund Abe Shinzo (...) erschossen wurde. Dies ist eine Tragödie für Japan". Der russische Präsident Wladimir Putin würdigte Abe als  "herausragenden Staatsmann", der viel für die Entwicklung "gutnachbarlicher Beziehungen zwischen unseren Ländern" getan habe. US-Außenminister Anthony Blinken sprach von tiefer Trauer und Besorgnis.

Russlands Präsident Wladimir Putin verurteilte den Mordanschlag. "Die Hand eines Verbrechers hat das Leben eines herausragenden Staatsmannes beendet", schrieb Putin am Freitag in einem vom Kreml veröffentlichten Telegramm. Putin lobte darin die "guten persönlichen und professionellen Eigenschaften" Abes. Die Beziehungen zwischen Russland und Japan sind wegen Putins Krieg gegen die Ukraine derzeit auf einem Tiefpunkt.

mit dpa/AFP (ksc)

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 08. Juli 2022 | 06:30 Uhr