Nachrichten & Themen
Mediathek & TV
Audio & Radio
SachsenSachsen-AnhaltThüringenDeutschlandWeltLeben

HomosexuellenrechteEU verklagt Ungarn vor dem Europäischem Gerichtshof

15. Juli 2022, 13:50 Uhr

Die EU-Kommission verklagt Ungarn wegen mutmaßlicher Verstöße gegen EU-Recht vor dem Europäischen Gerichtshof. Es geht um die Rechte von Homo- und Transsexuellen sowie um die Medienfreiheit.

Die EU-Kommission verklagt Ungarn wegen mutmaßlicher Verstöße gegen EU-Recht. Dabei geht es um zwei Fälle: Zum einen sieht die Behörde in Brüssel durch ein Gesetz die Rechte von Homo- und Transsexuellen im Land verletzt. Der andere Fall betrifft das Vorgehen Ungarns gegen den unabhängigen Radiosender "Klubradio".

Darstellungen nicht-heterosexueller Beziehungen verboten

Hintergrund der Diskriminierungsvorwürfe gegen Homo- und Transsexuelle ist ein umstrittenes Gesetz, das im Juli 2021 in Kraft getreten ist. Es verbietet Publikationen, die Kindern zugänglich sind und nicht-heterosexuelle Beziehungen darstellen. Auch wird Werbung verboten, in der Homosexuelle oder Transsexuelle als Teil einer Normalität erscheinen. Das Gesetz hatte Orban schon im vergangenen Jahr heftigen Gegenwind in der EU beschert. "Dieses ungarische Gesetz ist eine Schande", sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen damals.

Orban selbst wies jede Kritik an den neuen Regeln zurück. Er behauptete, die Rechte von Homosexuellen zu verteidigen. Die EU-Kommission ist jedoch der Ansicht, dass das Gesetz Minderheiten auf Grundlage ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität diskriminiert und gegen Grundrechte und EU-Werte verstößt. Vor einem Jahr leitete die EU deshalb bereits ein sogenanntes Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn ein.

Ungarischer Radiosender musste Betrieb einstellen

Auch wegen des Vorgehens gegen das "Klubradio", den wohl letzten professionellen unabhängigen Radiosender des Landes, wird Ungarn vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt. Der Sender musste im Februar 2021 den UKW-Sendebetrieb einstellen, weil die Medienbehörde die Sendelizenz nicht verlängert hatte. Seither kann der Sender seine Inhalte nur noch über das Internet verbreiten.

Der private Sender war seit Orbans Amtsantritt im Jahr 2010 regelmäßig Repressionen ausgesetzt. Unter anderem durfte er vor dem Lizenz-Entzug nur noch im Großraum Budapest senden. Die EU-Kommission begründete die Klage damit, dass Ungarn die Regeln zur Verlängerung der Sendefrequenz in einer unangemessenen und diskriminierenden Weise angewendet habe. Sie geht auch wegen Korruptionsvorwürfen gegen Ungarn vor.

Vertragsverletzungsverfahren wegen Tankrabatt

Nach Ansicht der EU-Kommission verstößt Ungarn auch mit der Benachteiligung von Ausländern an Tankstellen gegen EU-Recht. In diesem Punkt gibt es zwar noch keine Klage vor dem EuGH, allerdings leitete die Kommission nun ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn ein. Die ungarische Regelung sieht vor, dass Halter von Fahrzeugen mit einem ausländischen Kennzeichen nicht von staatlichen Zuschüssen profitieren dürfen und so höhere Spritpreise zahlen müssen. Nach Ansicht der EU verstößt die Maßnahme gegen die Regeln des Binnenmarktes – Halter ungarischer Fahrzeuge zahlten dadurch 60 bis 70 Prozent weniger an den Tankstellen. Die Regierung um Viktor Orban, der zuletzt wiedergewählt worden war, hatte den Rabatt vor dem Hintergrund der hohen Energiepreise eingeführt.

Die EU-Kommission verwies darauf, dass es besonders in der aktuellen Situation wichtig sei, dass der Binnenmarkt funktioniere. Einzelgänge auf nationaler Ebene und diskriminierende Regeln seien keine Lösung, hieß es. Sollte Ungarn die Bedenken der EU-Kommission im Laufe des Verfahrens nicht ausräumen, könnte die Behörde das Land auch in diesem Punkt vor dem Europäischen Gerichtshof verklagen.

dpa, AFP (fef)

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 15. Juli 2022 | 13:00 Uhr