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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat ein weitreichendes Urteil im Diesel-Abgasskandal gefällt. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Diesel-AbgasskandalEuGH senkt Hürden für Schadenersatz-Klagen

21. März 2023, 20:34 Uhr

Im Diesel-Abgasskandal hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Rechte von Autokäufern gestärkt. Wer ein Auto mit unzulässiger Technik hat, kann künftig leichter Schadenersatz verlangen als bisher. Die Entscheidung könnte weitreichende Auswirkungen auf die deutsche Rechtsprechung haben, die bislang nur bei Betrugsabsicht Klagen zugelassen hatte. Im konkreten Fall ging es um eine Klage gegen Mercedes-Benz wegen eines sogenannten Thermofensters.

AktenzeichenC-100/21

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Hürden für Schadenersatz-Klagen von Diesel-Käufern bei unzulässiger Abgastechnik gesenkt. Die Richter in Luxemburg entschieden, dass die Autobauer auch dann haften könnten, wenn sie ohne Betrugsabsicht einfach nur fahrlässig gehandelt haben.

Urteil möglicherweise wegweisend – "Thermofenster unzulässig?

Das könnte große Auswirkungen auf die deutsche Rechtsprechung haben. Denn beim Bundesgerichtshof (BGH) hatten Klägerinnen und Kläger bisher nur dann eine Chance auf Schadenersatz, wenn sie vom Hersteller bewusst und gewollt auf sittenwidrige Weise getäuscht wurden. Diese strengen Kriterien waren nur beim VW-Skandalmotor EA189 erfüllt. Dem EuGH genügt nun fahrlässiges Handeln – was sich leichter nachweisen lässt.

Im konkreten Fall ging es um die Klage eines Diesel-Besitzers gegen Mercedes-Benz wegen einer Abschalteinrichtung – einem sogenannten Thermofenster. Mit dieser Technik, die in vielen Modellen verschiedener Hersteller verwendet wird, wird die Abgasreinigung in Dieselfahrzeugen abhängig von der Außentemperatur gesteuert. Der EuGH entschied bereits in einem früheren Urteil, dass es sich beim Thermofenster um eine unzulässige Abschalteinrichtung handele, ließ aber Ausnahmen zum Schutz des Motors vor plötzlichen Gefahren zu.

Nun erklärten die Richter, für den vorliegenden konkreten Fall müsse das deutsche Gericht selbst feststellen, ob die Technik als unzulässig einzustufen sei. Bislang waren Schadenersatzansprüche nur wegen des Thermofensters in Deutschland höchstrichterlich verneint worden, da es sich dabei nicht um vorsätzliche Schädigung handele.

Zahlreiche Diesel-Verfahren in Deutschland bislang auf Eis

Die Richter in Deutschland müssen die Vorgaben der Luxemburger Richter nun umsetzen. Um das EuGH-Urteil abzuwarten, hatten Gerichte aller Instanzen massenhaft Diesel-Verfahren auf Eis gelegt, bei denen es auf diese Frage ankommt. Allein beim BGH sind im Moment mehr als 1.900 Revisionen und Nichtzulassungsbeschwerden anhängig, die deutliche Mehrzahl war wegen des EuGH-Verfahrens erst einmal zurückgestellt worden.

Der "Dieselsenat" des BGH hat für den 8. Mai bereits eine Verhandlung terminiert, in der er die sich "möglicherweise ergebenden Folgerungen für das deutsche Haftungsrecht" erörtern will, um den unteren Instanzen möglichst schnell Leitlinien an die Hand zu geben. Denn mit dem EuGH-Urteil sind noch längst nicht alle Fragen geklärt. Offen ist zum Beispiel, wie viel Geld betroffenen Autokäufern zusteht.

dpa/AFP(kkö)

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 21. März 2023 | 10:30 Uhr

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