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Das "Gold der Tiefsee": die Manganknolle Bildrechte: picture alliance/dpa | Ingo Wagner

WirtschaftMeeresbeauftragter: Tiefseebergbau darf nicht erlaubt werden

21. Juli 2023, 15:49 Uhr

Die Tiefsee ist einer der am wenigsten erforschten Orte der Erde. Was man weiß: Dort unten liegen Manganknollen. Sie enthalten teils seltene Metalle, und das weckt Begehrlichkeiten. In Jamaika wird deshalb jetzt bei einer Konferenz der internationale Meeresbodenbehörde über die Regularien für einen Tiefseebergbau diskutiert. Wie sinnvoll ist es, in der Tiefsee nach Rohstoffen zu schürfen?

Sie erinnern an Kartoffeln, haben sich über Jahrtausende gebildet, sind Lebensraum für bekannte und unbekannte Tierarten und sie enthalten wertvolle Metalle. Manganknollen sind das "Gold der Tiefsee". Bisher ist ihr Abbau nicht erlaubt, jetzt soll er vorangetrieben werden. Das Argument der Befürworter: Die Metalle würden für die Entwicklung der E-Mobilität gebraucht.

Doch wie funktioniert der Tiefseebergbau eigentlich? Till Seidensticker von Greenpeace erklärt: "Beim Tiefseebergbau werden sehr große Maschinen auf den Boden herabgelassen. Diese saugen die Knollen auf und entfernen dabei alles, was auf dem Meeresboden herrscht. Das ist wie ein Acker, der umgepflügt wird." Dazu müsse man aber wissen, dass das Leben in der Tiefsee sehr langsam vonstatten geht.

Meeresboden nach Bergbau dauerhaft geschädigt

Bereits in den 1970ern gab es vor der Küste Perus einen Versuch zum Tiefseebergbau. Das Ergebnis: Der Zustand des Meeresbodens hat sich dort bis heute nicht verbessert, alles Leben ist ausgelöscht. Wissenschaftler rechnen damit, dass es Jahrtausende braucht, bis sich die Natur erholt. Daher warnt Greenpeace vor Tiefseebergbau.

Auch die deutsche Regierung sieht die Tiefsee als schützenswerten Ort und will in naher Zukunft dort keinen Bergbau unterstützen. Dazu sagt der Meeresbeauftragte der Bundesregierung Sebastian Unger: "Wir werben dafür, dass auch andere Staaten uns folgen. Wir sind sehr froh, dass immer mehr eine vorsorglichen Pause fordern. Wir müssen erst starke Regeln in dieser Institution vorlegen, bevor wir Tiefseebergbau genehmigen können."

Wir zerstören wahrscheinlich Arten, die wir noch gar nicht kennengelernt haben.

Till Seidensticker | Greeenpeace

Auf den Manganknollen leben Korallen, Schnecken, Tiefseekraken. Aber nur ein Bruchteil der dort existierenden Arten ist bisher überhaupt bekannt, sagt Greenpeace-Experte Seidensticker. Man wisse sehr wenig über die Zusammenhänge der Ökosysteme: "Das ist ein Lebensraum, der ganz anders funktioniert als andere Orte auf diesem Planeten. Wir zerstören wahrscheinlich Arten, die wir noch gar nicht kennengelernt haben."

Seidensticker gibt zudem zu bedenken, dass die aufgewirbelten Sedimente sich auch auf andere Gebiete auswirken werden, indem sie Leben unter sich begraben. Der Lärm der Arbeiten wird zudem zur Belastung für Wale, die oft sehr tief tauchen.

Mangan als Rohstoff für Batterien für Elektroautos

Was aber ist mit der Elektromobilität? Brauchen wir die seltenen Metalle aus dem Meer dafür? Greenpeace hat zu dieser Frage eine Studie in Auftrag gegeben und kommt zu dem Schluss: Nein. Seidensticker zufolge sind viele der Metalle, die für die Batterieproduktion benötigt werden, in den Knollen überhaupt nicht vorhanden, beispielsweise Lithium oder Graphit. Andere Stoffe wären durch andere Metalle durchaus ersetzbar.

Ein sogenannter Kastengreifer hat ein 50 x 50 Zentimeter großes Stück Meeresboden mit Manganknollen aus dem Pazifik ausgestanzt. Bildrechte: picture alliance / dpa | BGR

Und: Für Elektromobilität braucht es zwar Metalle, aber es gibt einfachere Wege an sie heranzukommen. Das Zauberwort heißt Recycling, also die Wiederverwertung von Material aus alten Geräten.

Und noch eine anderes Argument spreche dagegen, in der Tiefsee Lebensräume zu zerstören, sagt Sebastian Unger, der Meeresbeauftragte der Bundesregierung: "Ein Großteil der menschengemachten Wärme und des CO2 wird von den Meeren aufgenommen und abgepuffert. Die Meere sind also ein ganz zentraler Alliierter bei der Bekämpfung der Klimakrise."

Unger ist überzeugt: "Wir sind darauf angewiesen, dass wir intakte und gesunde Ozeane haben, um die Klimakrise bekämpfen zu können. Ohne die Meere werde es schwer, der Klimakrise Herr zu werden."

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 21. Juli 2023 | 06:00 Uhr