Collage eines Menschen im Schutzanzug und dem Corona Virus
Wegen mangelnder Aussagekraft der Corona-Zahlen wird der MDR die statistischen Daten des Robert Koch-Instituts nicht mehr im bisherigen Umfang auf der Startseite veröffentlichen. Bildrechte: IMAGO/Wavebreak Media LTD

Infektionsgeschehen Was sich an unserer Corona-Berichterstattung ändert

01. Februar 2023, 09:44 Uhr

Das Corona-Infektionsgeschehen in Mitteldeutschland ist nach RKI-Angaben weiter rückläufig. Virologen sind zunehmend zuversichtlich, dass sich aus der Pandemie eine "endemische Lage" in Deutschland entwickelt. Wegen mangelnder Aussagekraft der Zahlen wird der MDR seine Statistiken nicht mehr wie im gewohnten Umfang veröffentlichen.

MDR AKTUELL Mitarbeiterin Alicia Müller
Bildrechte: MDR/punctum.Fotografie/Alexander Schmidt

Nachdem einige Länder wie zum Beispiel Sachsen-Anhalt sich bereits Ende 2022 für die Aufhebung der Maskenpflicht im ÖPNV entschieden hatten, entfachte die Diskussion über den künftigen Umgang mit Corona-Schutzmaßnahmen neu. Grund für die Abkehr waren die sinkenden Corona-Zahlen.

Offiziell gelten die derzeitigen Corona-Schutzmaßnahmen bis zum 7. April – nur die Maskenpflicht in Zügen und Bussen wurde vorzeitig zum 2. Februar abgeschafft. Die Bundesregierung stützte sich bei den Entscheidungen immer auch auf die Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI). Der MDR hat während der Pandemie selbige Statistik zu Fallzahlen und Inzidenzen des RKI tagesaktuell in seinem digitalen Angebot veröffentlicht – bis jetzt.

PCR-Tests verlieren Notwendigkeit

Das Institut ist bei seiner Corona-Berichterstattung auf die Meldungen der Gesundheitsämter angewiesen. Nach dem Infektionsschutzgesetz muss jeder positive PCR-Test an das RKI gemeldet werden, um in die Berechnung der Daten einzugehen. Positive Schnell- und Selbsttestergebnisse müssen Arztpraxen zwar ebenso melden, sie gehen aber nicht in die Statistik mit ein.

Genau diese werden jedoch von den meisten Menschen, die Symptome einer Covid-Infektion haben, als erstes gemacht. Und dabei bleibt es dann häufig auch. Denn ein PCR-Ergebnis ist nicht mehr unbedingt als Nachweis notwendig.

Das Auswärtige Amt spricht aktuell keine Corona-Reisewarnungen und dementsprechend auch keine Reisebeschränkungen aus, ausgenommen ist die Einreise aus China. Ähnlich sehen die Regelungen für den Arbeitsplatz aus. Im Falle einer Corona-Erkrankung sind Beschäftigte zu einer Absonderungszeit angehalten. Dafür ist kein PCR-Test notwendig – die Politik möchte künftig generell auf Eigenverantwortung setzen, von den bisherigen Testverordnungen rücken die Länder immer mehr ab.

Deutlich weniger gemeldete Positiv-Fälle

All das führt dazu, dass dem RKI deutlich weniger positive Fälle auf Basis von PCR-Tests gemeldet werden. Die Statistik errechnet sich jedoch nach Angaben des Instituts auch noch aus anderen sogenannten "Surveillance"-Methoden. Dazu zählen unter anderem langfristige Überwachungen von anderen Atemwegserkrankungen.

Die Aussagekraft sowohl der Inzidenzen als auch der täglichen Fallzahlen ist damit eine andere. Zahlen, die jetzt auf den Seiten des RKI nachzulesen sind, basieren also mit hoher Wahrscheinlichkeit auf viel weniger PCR-Ergebnissen als noch vor einigen Monaten.

Damit geht eine potentiell hohe Dunkelziffer an Corona-Erkrankungen einher, die eben nicht mehr durch die Zahlen des RKI abgebildet werden kann. Zu dem Thema Untererfassung hat das Institut selbst eine Studie durchgeführt. Demnach lag die Zahl der festgestellten Infektionen bei Erwachsenen – nur bezogen auf den gesamten Pandemiezeitraum bis Ende 2021 – etwa 1,5 bis 2 Mal so hoch wie in den Meldezahlen. Der scheidende Präsident des RKI, Lothar Wieler, sprach auch kürzlich in einem Interview mit dem Gesundheits-Newsletter "G+G Digital" noch einmal von einer Untererfassung.

Lageeinschätzung statt Zahlen

Auf Anfrage von MDR AKTUELL verweist das RKI deshalb auf die bereits angesprochene syndromische "Surveillance". Dazu sagt auch Wieler: "Das ist das A und O. Das empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation WHO, das empfiehlt das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten."

Mithilfe der syndromischen Surveillance ist es dem RKI möglich, unabhängig von den tatsächlich gemeldeten Fällen, die Infektionslage auf verschiedenen Ebenen einschätzen zu können. Dafür arbeitet das RKI mit hunderten Arztpraxen und Kliniken zusammen, nutzt aber auch Methoden, die von der Eigeninitiative der Bevölkerung leben, wie das GrippeWeb oder die Corona-Warn-App. Wieler zufolge gibt das Meldewesen wichtige Falldetails und zeigt einen Trend. Mit den "Surveillance"-Werten sei aber die wahre Belastung durch das Coronavirus und der Schweregrad messbar.

Die Zahlen des RKI sind somit im gesamtwissenschaftlichen Kontext nicht weniger aussagekräftig oder gar falsch. Jedoch können die reinen Zahlen allein die aktuelle Infektionslage nicht mehr verlässlich und repräsentativ abbilden.

Deshalb rückt der MDR von seinem bisherigen Corona-Schwerpunkt im Online-Angebot ab und wird die statistischen Daten des Robert Koch-Instituts nicht mehr im bisherigen Umfang auf der Startseite veröffentlichen. Alle Statistiken sind weiterhin hier abrufbar.

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