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Bildrechte: Heinz Sielmann Stiftung

Früher Truppenübungsplatz, heute Heimat für Wisent und Wildpferd

15. Mai 2020, 15:15 Uhr

Der ehemaliger Truppenübungsplatz Döberitz nahe Berlin ist von der Natur zurückerobert worden. Wo früher Panzer rollten, leben heute Wisente und Przewalski-Pferde. Die Flächen sind jedoch noch längst nicht von allen militärischer Altlasten befreit. Die Kampfmittelbeseitigung liegt in der Verantwortung der Besitzer und ist teuer. Eine komplette Entsorgung sprengt jeden finanziellen Rahmen und würde außerdem Jahrzehnte dauern.

250 Jahre lang war die Gegend, in der heute die Wisente und Pferde so friedlich grasen, ein Militärübungsplatz. Schon Preußenkönig Friedrich II. veranstaltete auf den Feldern seine Herbstmanöver, erfand und übte die sogenannte Schräge Schlachtordnung, die ihm 1757 zum Sieg über Österreich verhalf. Kaiserliche Truppen nutzten das Gelände dann als Truppenübungsplatz, ebenso wie später Reichswehr, Wehrmacht und schließlich die Sowjetarmee. Als die sowjetischen Truppen 1994 aus Deutschland abzogen, ließen sie eine riesige Sondermülldeponie zurück, auf der tonnenweise Flakmunition und Fliegerbomben in der Erde steckten.

Seltene Tier- und Pflanzenarten

Doch die intensive militärische Nutzung des Areals hatte einen unverhofften Nebeneffekt: durch seine ständige Offenhaltung, überwiegend durch Rodungen und Feuereinsatz, durch die rollenden Panzer und durch die Explosionen jeder Art von Munition, entstand eine einzigartige Landschaft. Sie zeichnet sich durch wertvolle, weitgehend unzerschnittene Lebensräume mit Trockenrasen, Heiden, Mooren, Laubmischwäldern, Feuchtwiesen, Röhrichten und Gewässern, Flugsandfeldern und Binnendünen aus. Solcher Art natürlicher Offenflächen gibt es in Deutschland kaum noch. Dabei sind sie die ideale Heimat für viele und vor allem sehr seltene Tier- und Pflanzenarten.

Tierfilmer Sielmann entdeckt die Döberitzer Heide

Als der legendäre Tierfilmer Prof. Heinz Sielmann den ehemaligen Truppenübungsplatz besuchte, war er fasziniert von dessen biologischer Einzigartigkeit und Artenvielfalt. 2004 erwarb er durch seine Stiftung etwa 3.550 Hektar der Fläche. Nach und nach schuf er die "Naturlandschaft Döberitzer Heide". Von Anfang an ging es auch um den Arterhalt von Przewalski-Pferden und Wisenten im Rahmen des Europäischen Erhaltungszuchtprogrammes.

Vor dem Aussterben gerettet

Przewalski-Pferde sind die letzten echten Wildpferde, die es auf der Welt gibt. Wie auch die Wisente waren sie in Deutschland und Europa beinahe ausgestorben. Wisente sind die größten europäischen Landtiersäuger. Dass sie und auch die Pferde wieder in der Brandenburgischen "Steppe" grasen, gleicht einer Sensation. Die Sielmann Stiftung züchtet diese seltenen Tiere, um sie dann in ihrer dafür angelegten Kernzone auszuwildern.

Naturlandschaft Döberitzer Heide

Einer der vielen Bunkerreste auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Döberitz - heute neuer Lebensraum für seltene Vögel und Pflanzen. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Übersichtskarte von "Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide" mit Wanderwegenetz und Tiergehegen. Bildrechte: Heinz Sielmann Stiftung
Seit dem Abzug der Sowjetarmee kann sich die Natur in der Döberitzer Heide frei entfalten. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Auch der Schornsteinfeger hat hier seinen Lebensraum gefunden. Er gehört zu den gefährdeten Tierarten und steht auf der Roten Liste. Bildrechte: Heinz Sielmann Stiftung
Nachwuchs in der prachtvollen Wisentherde in der Döberitzer Heide: Das Artenschutzprojekt der Sielmann Stiftung gelingt. Bildrechte: Heinz Sielmann Stiftung
Die urigen Viecher fühlen sich auf den trockenen Sandböden des ehemaligen Truppenübungsplatzes Döberitz offensichtlich sehr wohl. Bildrechte: Heinz Sielmann Stiftung
Scheues Rotwild in der Döberitzer Heide: Wandert man um die Wildniskernzone kann man ihm mit etwas Glück begegnen. Bildrechte: Heinz Sielmann Stiftung
Przewalski-Pferde in der Eingwöhnungszone von Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide: Hier proben sie das Leben in freier Wildbahn. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Nachwuchs bei den vom aussterben bedrohten echten Wildpferden: Im Schaugehege kann man die Tiere beobachten. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Nicht nur Wisent und Wildpferde toben sich in der Döberitzer Heide aus – auch Wildschweine fühlen sich auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz wohl. Bildrechte: Heinz Sielmann Stiftung
Tierpfleger mit Herz: Detlef Baumung. Er kümmert sich seit 2005 in "Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide" um Wisent, Wildpferd und Co. Sein Handwerk hat Detlef Baumung als Melker auf der LPG gelernt. Seit 2005 arbeitet er bei der Sielmann Stiftung und kümmert sich vor allem um die Wisente, Wildpferde, Rehe und Hirsche. Jeden Tag bei Wind und Wetter fährt der 53-Jährige rund um die Wildniskernzone und kontrolliert den 22 km langen Zaun und die Tränken. Danach widmet er sich den Tieren im Schaugehege und der Eingewöhnungszone, organisiert Futter, Tierarztbesuche und erledigt, was noch alles so anfällt auf 3550 Hektar Land. Die Tiere sind seine Leidenschaft, die Arbeit draußen in der freien Natur ebenfalls – einen Job im Büro kann und will sich der Brandenburger nicht vorstellen. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Die Menschen zucken zusammen, wenn er sein "Koooooooommma, Koooooommma, Komm!" brüllt. Die Tiere aber kommen tatsächlich angaloppiert. Eigentlich reicht es schon, wenn sie seinen weißen Pickup sehen. Sie wissen genau, dass ihr Tierpfleger immer ein paar Möhren dabei hat. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Peter Nitschke und Jörg Fürstenow inspizieren einen zerfallenen Bunker. Das Relikt aus dem zweiten Weltkrieg ist mit seltenen Moosen und Gräsern bewachsen.

Jörg Fürstenow (links) ist seit 2005 wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Sielmann Stiftung. Er widmet sich vor allem den Pflanzen.
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Peter Nitschke ist der Projektleiter von Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide. Ihn zog es vor allem wegen der Wisente und Wildpferde in die brandenburgische Steppe. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK