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Kulturhauptstadt Chemnitz 2025Wildschweine von Carl Emanuel Wolff ergänzen Kunstparcours "Purple Path"

07. November 2022, 17:10 Uhr

Wildscheine gehören zum Gründungsmythos des Bergbaus im Erzgebirge: Im 16. Jahrhundert sollen sie sich an einem Felsen gerieben und dabei Zinn hervorgebracht haben. An die Legende vom Sauberg erinnert nun eine Kunstinstallation des Künstlers Carl Emanuel Wolff in Ehrenfriedersdorf. Seine Skulpturen aus Bronze ergänzen den Kunstweg "Purple Path", der die Kulturhauptstadt Europas Chemnitz 2025 mit Städten und Gemeinden im Erzgebirge verbinden soll.

von Heike Schwarzer, MDR KULTUR

Carl Emanuel Wolff kommt aus dem Ruhrpott, aber die Landschaft in Ehrenfriedersdorf im Erzgebirge sieht seinem Spielplatz aus Kindertagen überraschend ähnlich. "Ich habe als Kind in genau so einem Ambiente gespielt, die Landschaft bei uns in Essen ist ja auch reines Bergbaugebiet." Zur Eröffnung des "Purple Path" am Sauberg reißt der Himmel über der zahlreich erschienenen Festgesellschaft auf und es sieht aus, als spiegle sich das Grün und Grau des Schotterfeldes in den bronzenen Wildschweinplastiken.

Kunstparcours "Purple Path" der Kulturhauptstadt Chemnitz

Auf dem Sauberg wird an diesem Nachmittag viel diskutiert unter den Besucherinnen und Besuchern. Warum eigentlich stehen die bronzenen Wildschweine fast unsichtbar mitten im Schotter und nicht würdevoll am Eingang des Museums, das zum Besucherbergwerk gehört? Vielleicht suchen die Wildschweine – wie im echten Leben – ihre Rotte, was in diesem Fall die Betrachterinnen und Betrachter wären? Diese Erklärung gefällt Carl Emanuel Wolff.

Ich finde es immer schöner, wenn man irgendetwas findet. Das war auch eine Idee, zu sagen, ich mache etwas, was die, die mit Kunst nichts zu tun haben, übersehen können. Und die, die etwas davon verstehen, können etwas entdecken. Deshalb haben die Wildschweine auch keinen Sockel.

Carl Emanuel Wolff, Künstler

Skulpturen neben dem ältesten Bergwerk Europas

Neben dem Besucherbergwerk und dem Förderturm eines der ältesten Bergwerke Europas stehen die drei lebensgroßen Waldtiere mit ihren frechen Gesichtern also mitten im Geröll. Alexander Ochs, Kurator des Skulpturenpfades "Purple Path", hatte diese wunderbare Idee: "Wir wollen ja die Geschichte der Region erzählen und neu erzählen. Und da hineingehört eben auch der Mythos dieser Wildschweine vom Sauberg aus dem 16. Jahrhundert. Die sollen sich hier auf der Erde gerieben haben und dann soll Zinn hervorgekommen sein. Diese Geschichte kann ich nicht darstellen, wenn ich die Kunstwerke vor eine weiße Wand stelle. Da brauche ich einen Zettel dazu. Wir wollen aber keine Kunst zeigen, mit Gebrauchsanweisung. Wir wollen Kunst zeigen und sie in einer Art und Weise kontextualisieren, dass sich sie sich aus sich selbst heraus erklärt."

Auch Carl Emanuel Wolff hat es gern, wenn seine Skulpturen eine Verbindung zu einer phantastischen, märchenhaften oder eben ganz realen Welt schaffen und dabei Brücken schlagen in eine Geschichte, derer man sich gemeinsam erinnern kann. So wie die drei Wildschweine auf dem Sauberg in Ehrenfriedersdorf, die an den Mythos und 800 Jahre Bergbau erinnern.

Der "Purple Path" als Besuchermagnet im Erzgebirge

Kunst, Land und Geschichte entdecken. Darum geht es beim Skulpturenpfad des "Purple Path". Das Besucherbergwerk an der Zinngrube in Ehrenfriedersdorf gehört – abgesehen von Bochum – zu den einzigen Bergbauorten, die noch über eine Seilfahrtsanlage verfügen. Über 100 Meter Tiefe führt sie in das Innere des Sauberges hinein und auch in der Umgebung sind überall herausragende Relikte des Bergbaus zu sehen. Ein Schatz, der bewahrt und neu entdeckt werden soll, sagt auch Silke Franzl, Bürgermeisterin von Ehrenfriedersdorf, die das in die Jahre gekommene Bergwerksareal samt Museum ganz neu beleben will. Sie ist begeistert vom "Purple Path" und fühlt sich durch die künstlerischen Netzwerke wie in einer Werkstatt für neue Ideen.

Ich glaube, es ist ganz wichtig, die Aufmerksamkeit auf den ländlichen Raum zu ziehen. Und es bereichert natürlich auch die Kulturhauptstadt. So wie auch die Kulturhauptstadt den ländlichen Raum bereichert.

Silke Franzl, Bürgermeisterin Ehrenfriedersdorf

Chemnitz 2025 belebt die Kulturszene der Region

Der Skulpturen- und Macherpfad des "Purple Path" hat in Ehrenfriedersdorf schon einiges angestoßen, freut sich Bürgermeisterin Silke Franzl. Sie ist überzeugt vom Potenzial ihrer Region und davon, dass schon ganz kleine Projekte für die Kulturhauptstadt 2025 viel in Bewegung setzen: "Da gab es zum Beispiel eine kleine Kunstausstellung des hiesigen Zeichenzirkels. Die kam so gut in der Bevölkerung an, dass es sofort weitere Ideen gab, zum Beispiel leerstehende Räume in der Innenstadt zu bespielen. Jetzt hat eine Dynamik eingesetzt, die die Kunst- und Kulturszene wiederaufleben lässt, und das ist einfach wunderbar."

Die bronzenen Wildschweine von Carl Emanuel Wolff jedenfalls sind Kunstwerke, die nicht vom hohen Sockel herab, gleich wieder vergessen werden. Wolff mag auch die Idee, zukünftig rund um Chemnitz entlang des "Purple Path" zu reisen: "Ich mache das selber gern so. Ich fahre erst in ein Museum, suche ein Bild auf, und danach gehe ich gut essen." Die Wildschweinsülze aus der Sauberg-Klause, übrigens, kann er unbedingt empfehlen.

Weitere Informationen

Carl Emanuel Wolff ist Künstler und hat eine Professur an der Hochschule für Bildende Künste Dresden. In Essen geboren, formt der 65-Jährige seine Installationen und Plastiken vor allem in Bronze- oder Aluminiumguss, in Keramik, aber immer wieder auch aus Alltagsmaterialien wie zum Beispiel aus Hülsen asiatischer Feuerwerkskörper. Neben Zwergen, Schneewittchen oder Mischwesen gehören auch viele Tiere zum Werk von Carl Emanuel Wolff: riesige Fische, auch Bären, Tapire und immer wieder Wildschweine. Sie stehen in Privatsammlungen, an öffentlichen Plätzen oder in Museen wie dem Lehmbruck Museum Duisburg.

Drei bronzene Wildschweine von Carl Emanuel Wolff am Besucherbergwerk und Museum Zinngrube Ehrenfriedersdorf gehören seit November 2022 zum "Purple Path". Der Lila Pfad ist ein Skulpturen-, Kunst- und Macherweg und wird die Europäische Kulturhauptstadt Chemnitz 2025 mit 38 Kommunen in der Chemnitzer Region verbinden.


(Redaktionelle Bearbeitung: Tina Murzik-Kaufmann)

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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR am Nachmittag | 07. November 2022 | 17:10 Uhr