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Klassikerlesung und Lesezeit | 13.05. bis 14.06. 2024Lesungen mit Erzählungen von Franz Kafka

13. Mai 2024, 04:00 Uhr

Franz Kafka wurde am 3. Juli 1883 als Sohn jüdischer Eltern in Prag geboren, wo er fast sein ganzes Leben verbrachte. Nach dem Jurastudium, das er 1906 mit der Promotion abschloss, absolvierte er ein einjähriges Rechtspraktikum und arbeitete schließlich bis zu seiner frühzeitigen Pensionierung 1922 bei der Prager "Arbeiter-Unfall-Versicherungs-Anstalt". 1907 begann er mit dem Schreiben. Seine testamentarisch zur Verbrennung bestimmten Schriften blieben (dank Max Brod) größtenteils erhalten. Neben den Romanen "Amerika" (1927), "Der Prozess (1925) und "Das Schloss" (1926) sowie den Tagebüchern und Briefen sind es vor allem die Erzählungen, die Kafkas Ruhm begründet haben. Franz Kafka starb am 3. Juni 1924 an einer Tuberkuloseerkrankung.

Jeden Montag und Mittwoch kommt hier eine neue Erzählung hinzu

"Ein Hungerkünstler" – Gelesen von Mechthild Großmann

"Ein Hungerkünstler" erschien erstmals 1922 in der Zeitung Die neue Rundschau: In seinem Gitterkäfig wird der Hungerkünstler vom Publikum zunächst von Tag zu Tag interessiert begutachtet und bewundert. Für ihn ist Hungern jedoch "die leichteste Sache von der Welt". Er leidet darunter, dass man ihm das nicht glaubt, ihm möglicherweise sogar unterstellt, geschickt heimlich zu essen, oder ihm zumindest absichtlich die Möglichkeit dazu gibt. Sein Impresario besteht darauf, dass er nach vierzig Tagen das Hungern beenden soll. Der Hungerkünstler fühlt sich absolut missverstanden, er weiß, dass er noch viel länger hungern kann. Doch die Zeiten ändern sich und das Hungerkünstlertum kommt außer Mode ...

"Das Urteil" – Gelesen von Boy Gobert

Kafka schrieb diesen Text innerhalb weniger Stunden, in der Nacht vom 22. zum 23. September 1912. In seinem Tagebuch notiert er: "Die Geschichte ist wie eine regelrechte Geburt mit Schmutz und Schleim bedeckt aus mir herausgekommen." Es gibt viele biografische Deutungen über diese rätselhafte Erzählung, eine davon ist der lebenslange Konflikt von Franz Kafka mit seinem Vater: Georg Bendemann, Sohn eines Kaufmanns, verlobt und kurz vor der Heirat stehend, korrespondiert mit seinem Freund in Petersburg. Um den scheinbar Glücklosen zu schonen, verschweigt Georg in seinen Briefen viel von seinem eigenen erfolgreichen Leben. Doch dann entschließt er sich doch, von seiner bevorstehenden Hochzeit zu erzählen. Als Georg mit dem Brief zu seinem Vater geht, kommt es zu einem Disput voller Anschuldigungen und verletzender Äußerungen ...

"Forschungen eines Hundes" – Gelesen von Gunther Cremer

Diese Erzählung entstand 1922: Ein alter Hund berichtet von seinen ebenso vergeblichen wie auch lebenslangen Forschungen über die grundlegenden Fragen der Hundeschaft. Begonnen hatte es, als der Hund in ganz jungen Jahren sieben Hunde in einem "hellen Schein" erlebt, die auf ungewöhnliche Art tanzen. Der Hund wendet sich dann der Frage der Nahrung zu. Um das Wesen der Nahrung zu ergründen, hungert der Hund. Aber er findet keine Antwort. Ein weiteres Phänomen, das den Hund interessiert, sind die "Lufthunde". Sie schweben und bewegen sich kaum auf dem Erdboden. Obwohl eine Fortpflanzung kaum vorstellbar ist, scheinen sie immer zahlreicher zu werden ...

Bei der Lesung handelt es sich um einen Auszug aus der Erzählung.

Franz Kafka als Kind, Aufnahme von ca. 1888 Bildrechte: IMAGO / Bridgeman Images

"Josefine, die Sängerin oder Das Volk der Mäuse" – Gelesen von Elisabeth Trissenaar

Die Geschichte erzählt von der als Sängerin auftretenden Maus Josefine und dem Mäusevolk. Josefines Singen ist allerdings eher ein leises Pfeifen, das eigentlich auch jede andere Maus aus dem Volk von sich gibt oder geben kann. Dennoch ist ihre Kunst öffentlich unumstritten. Manchmal gestehen sich ihre Zuhörer die Wahrheit über Josefines angebliche Kunst ein. Dennoch hat ihr Gesang, vorgetragen im Habitus einer Diva, eine große Wirkung auf das Mäusevolk, da im Rahmen solcher musikalischen Anlässe das Zusammengehörigkeitsgefühl auf seltsame Weise gestärkt wird. Josefine selbst ist von ihrer Persönlichkeit überzeugt, entwickelt Starallüren und möchte von jeder sonstigen Arbeit freigestellt werden...

"Blumfeld, ein älterer Junggeselle" – Gelesen von Herbert Stass

Die Erzählung "Blumfeld, ein älterer Junggeselle" entstand 1915 und wurde erstmals nach Franz Kafkas Tod veröffentlicht. Die Geschichte zählt zu den eher seltenen humorvollen Texten Kafkas: Ein Junggeselle namens Blumfeld scheint aufgrund seines Alters immer eigenbrödlerischer zu werden. Seine Tage folgen mehr und mehr einem rituellen Ablauf. Bald schon fühlt er sich von zwei Tischtennisbällen, die sich in seinem Zimmer verselbstständigt haben, verfolgt. Diese "Verfolgungsszene" – ob real oder einzig in seiner Phantasie – wird oft als literarische Reflexion auf das damals neue Medium "Film" interpretiert. Der Text beeinflusste auch die Band "Blumfeld", die sich 1990 nach dieser Kafka-Figur benannte.

"Das Ehepaar" – Gelesen von Peter Schiff

Ein Geschäftsmann in schlechter wirtschaftlicher Lage besucht einen früheren Kunden, von dem er lange nichts gehört hat. Der Kunde ist alt und krank und selten in seinem Geschäft anzutreffen. Daher sucht der Erzähler ihn in dessen Privatwohnung auf. Das alte Ehepaar ist soeben heimgekehrt und befindet sich im Zimmer des kranken Sohnes, der bereits im mittleren Alter ist. Dort hat sich auch ein Konkurrent des Erzählers, ein anderer Geschäftsmann, eingefunden. Der Erzähler ist über diese ganze Konstellation sehr unzufrieden, aber er versucht doch seine Geschäfte in Gang zu bringen. Plötzlich erkennen die Anwesenden eine große Schwäche des alten Mannes ...

Franz Kafka in einer Aufnahme von 1910 Bildrechte: IMAGO/CPA Media

"Brief an den Vater" – Gelesen von Gerhard Hermann

Hermann Kafka, Franz Kafkas Vater, stammte aus einer sehr armen jüdischen Familie in Südböhmen. Schon als Kind musste er schwer arbeiten und wegen ungenügender Kleidung und schlechter Schuhe litt er bei Schnee und Kälte an Frostbeulen und offenen Wunden. Dennoch arbeitete er sich in Prag zum angesehenen Kaufmann hinauf. Seinen Sohn Franz hätte er gerne als sein Ebenbild gesehen: stark, beruflich erfolgreich, ein glücklicher Familienvater usw. Doch es kam anders. Das Verhältnis Franz Kafkas zu seinem Vater war zeitlebens eine blutende Wunde. 1919 schrieb er seinen berühmten "Brief an den Vater". Der ausladende Brief besteht aus 103 handschriftlichen Seiten, auf denen Kafka versucht, seinen Konflikt mit dem Vater schreibend zu bewältigen. Viele seiner Lebensschwierigkeiten schreibt er der totalen Wesensverschiedenheit zwischen sich und dem Vater zu. Zweifellos handelte es sich um den Versuch einer Selbstheilung und um den Versuch, das Verhalten des Vaters zu seinem Sohn und seinen Töchtern zu ändern. Franz Kafka hat diesen Brief nie abgeschickt. Er wurde erst 1952 postum in der Neuen Rundschau veröffentlicht.

"Die Verwandlung" – Gelesen von Peter Simonischek

"Die Verwandlung" ist 1912 entstanden und gilt als Franz Kafkas berühmteste Erzählung. Sie handelt vom kleinen Berufsreisenden Gregor Samsa, der sich eines Morgens in seinem Bett in ein ungeheures Ungeziefer verwandelt sieht. Das bizarre Geschehen wird in einer nahezu emotionslosen Sprache geschildert und entfaltet gerade dadurch seine besondere Wirkung. "Die Verwandlung" ist ein giftiges Märchen über die Magie des Hasses und die Macht der Heuchelei, ein surrealer Bildungsroman, in dem eine verlorene Seele in einen toten Käfer verwandelt wird.

Angaben zu den Sendungen

MDR KULTUR Klassikerlesung:
13.05. - 31.05. 2024
Sendung im Radio: Montag bis Freitag 15:10 Uhr

"Ein Hungerkünstler"
(2 Folgen)
Produktion: HR 2010
Gelesen von Mechthild Großmann
Sendung im Radio: 13. und 14. Mai 2024, 15:10 Uhr

"Das Urteil"
(2 Folgen)
Produktion: RIAS 1971
Gelesen von Boy Gobert
Sendung im Radio: 15. und 16. Mai 2024

"Forschungen eines Hundes"
(1 Folge)
Produktion: HR 2001
Gelesen von Gunther Cremer
Sendung im Radio: 17. Mai 2024

"Josefine, die Sängerin oder Das Volk der Mäuse"
(4 Folgen)
Produktion: SFB 1999
Gelesen von Elisabeth Trissenaar
Sendung im Radio: 21.-24. Mai 2024

"Blumfeld, ein älterer Junggeselle"
(4 Folgen)
Produktion: RIAS 1963
Gelesen von Herbert Stass
Sendung im Radio: 27.-30. Mai 2024

"Das Ehepaar"
(1 Folge)
Produktion: SFB 1973
Gelesen von Peter Schiff
Sendung im Radio: 31. Mai 2024

MDR KULTUR Lesezeit
Sendung im Radio: 03.06. - 14.06. 2024 | Montag bis Freitag 9:05 Uhr
Wiederholung: 03.06. - 14.06. 2024 | Montag bis Freitag 19:05 Uhr

"Brief an den Vater"
(5 Folgen)
Produktion: HR 2000
Gelesen von Gerhard Hermann
Sendung im Radio: 3.-7. Juni 2024

"Die Verwandlung"
(5 Folgen)
Produktion: NDR 1995
Gelesen von Peter Simonischek
Sendung im Radio: 10-14. Juni 2024

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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR Klassikerlesung | 13. Mai 2024 | 15:05 Uhr