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BevölkerungswanderungWesten verliert, Osten und Norden gewinnen Menschen

27. Juli 2022, 11:03 Uhr

Die Deutschen wollen aufs Land, aber nicht ins Ländle. Bundesweit verzeichnet Baden-Württemberg den größten Verlust an Einwohnern. Brandenburg gewinnt dagegen am meisten. Das geht aus einer aktuellen Erhebung des Statistischen Bundesamts hervor. Die Statistiker haben analysiert, wie groß der Unterschied zwischen den Fort- und Zuzügen ist. Auffällig ist auch: In Mitteldeutschland ist besonders Sachsen beliebt – weit vor Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Mit einer Sache räumt Studienautorin Lilian Beck vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung gleich zu Beginn auf: Die Abwanderung von Ost nach West ist passé: "Seit 2014 ziehen jetzt jedes Jahr ähnlich viele Menschen aus dem Osten in den Westen und umgekehrt. Also diese Abwanderung aus dem Osten ist weitgehend eingestellt, und es gibt nicht mehr so die großen Unterschiede zwischen Ost und West im Wanderungsverhalten."

Diese Abwanderung aus dem Osten ist weitgehend eingestellt, und es gibt nicht mehr so die großen Unterschiede zwischen Ost und West im Wanderungsverhalten.

Lilian Beck | Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung

Wieder mehr Landlust in Sachsen

Und eine zweite Entwicklung ist überraschend: Die Leute zieht es von den Städten vermehrt aufs Land. Das zeigt die Studie des Berlin-Instituts, für die die Autorinnen und Autoren die Zu- und Abwanderung aus den Jahren 2018 und 2020 mit denen zehn Jahre zuvor verglichen haben. Lilian Beck erklärt: "Das ist aber auch nicht erst durch Corona entstanden. Wir sehen diese Landlust schon seit 2017. Corona hat das Ganze aber noch verstärkt, dass jetzt die abgelegenen Gemeinden sogar die zentralen Gemeinden überholt haben."

Woher die Menschen in den Freistaat und aufs sächsische Land gezogen sind, das lässt sich aus der Statistik leider nicht ableiten – auch aus datenschutzrechtlichen Gründen, sagt Beck. Aber sie kann sagen, wer da gekommen ist. So sind es die 18- bis 24-Jährigen, die sogenannten Bildungswanderer, die für ihr Studium oder ihre Ausbildung weiterhin in die großen Städte nach Leipzig, Dresden und Chemnitz gezogen sind. Aufs Land zieht es vor allem die Familien, erklärt die Forscherin: "Das sind die 30 bis 49-Jährigen mit ihren Kindern. Es ist eben so, dass, wenn jetzt Nachwuchs ins Spiel kommt, die sich vielleicht keine Stadtwohnung mehr leisten können. Die Städte werden enger und voller." Dann sei es eine Möglichkeit, aufs Land zu ziehen. Eventuell auch, damit Kinder behütet aufwachsen würden.

Einwohnerzahlen sinken trotz Zuwander-Plus

Hinzu kommen die sogenannten Berufswanderer, die 25- bis 29-Jährigen, die mittlerweile zum Beispiel durchs Homeoffice unabhängig von ihrem Arbeitsort bequem auf dem Land leben können, erklärt Studienautorin Beck. Das belebe auch die entlegensten Ecken im Freistaat.

Eine gute Nachricht, findet auch Ronny Wähner, Sprecher für Regionalentwicklung der sächsischen CDU-Fraktion: "Ganz entscheidend ist, dass junge Menschen, junge Familien sich fürs Ländliche entscheiden. Wir haben natürlich die demografische Herausforderung, dass die Einwohnerzahlen – das kommt ja in der Studie zum Ausdruck – trotzdem weiterhin sinken, weil wir einen sehr hohen Sterbeüberhang in vielen Regionen haben. Aber trotzdem haben die Dörfer eine Zukunft, wenn junge Menschen sich dort niederlassen."

So war die Bevölkerungswanderung 2021 in Mitteldeutschland
BundeslandzugezogenweggezogenSaldo
Sachsen47.65344.4433.210
Sachsen-Anhalt30.32129.527794
Thüringen27.64829.897-2.294

CDU-Politiker: Familien kommen zurück

Deshalb sei es wichtig, weiterhin um junge Menschen zu werben und in die ländliche Infrastruktur zu investieren, sagt der CDU-Politiker Wähner. Dabei spielten dem Freistaat der gesamtwirtschaftliche Trend und das Angebot an Ausbildungsplätzen in die Hände. Er beobachte, "dass Menschen, die damals gegangen sind, jetzt, gerade an dem Punkt, wo Familie da ist, den Weg wieder in die Heimat finden und sagen: 'Es gibt da jetzt gute Möglichkeiten, sich beruflich zu verwirklichen.' Da habe ich einzelne Fälle in meiner Gemeinde, die jetzt hier in einer leitenden Position in einer Firma sind und vorneweg auch viele Jahre in Baden-Württemberg gewesen sind."

Während Sachsen im Jahr 2021 einen positiven Saldo von 3.210 Einwohner verzeichnet, sieht es beim Nachbarn Thüringen trüb aus – mit einem Verlust von 2.249 Menschen.

Woran das liegen könnte, wollen die Fachleute des Berlin-Instituts in einer weiteren Studie untersuchen.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 27. Juli 2022 | 06:00 Uhr

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