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Bildrechte: IMAGO / Robert Poorten

StudieGeburtenrate erreicht neuen Tiefststand seit 2009

20. März 2024, 14:31 Uhr

Die Geburtenrate in Deutschland ist auf den tiefsten Stand seit 2009 gefallen. Dem Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung zufolge wurde 2022 nicht nur ein Tiefststand erreicht, die rückläufige Entwicklung geht auch schnell. Schuld seien vor allem die Krisen der vergangenen Jahre, erklärten die Wissenschaftler.

Innerhalb der vergangenen beiden Jahre ist die Geburtenrate in Deutschland ungewöhnlich deutlich zurückgegangen. Sie fiel von 1,57 Kindern pro Frau im Jahr 2021 auf rund 1,36 im Herbst 2023. Damit war das Niveau so niedrig wie seit 2009 nicht mehr.

Diese Zahlen gab das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) am Mittwoch in Wiesbaden bekannt. Sie basieren auf einer gemeinsamen Veröffentlichung mit der Universität Stockholm in der Fachzeitschrift "European Journal of Population". Grundlage sind Berechnungen der monatlichen Geburtenzahlen.

Das Bundesinstitut wertete diesen starken Rückgang innerhalb von zwei Jahren als "ungewöhnlich, da sich Phasen sinkender Geburtenraten in der Vergangenheit eher langsamer vollzogen haben". Als mögliche Ursache vermuten die Forschenden multiple Krisen wie die Corona-Pandemie, den Krieg in der Ukraine, die Inflation oder die Klimakrise. 

"In einer solchen Zeit multipler Krisen setzen viele ihren Kinderwunsch nicht um", erklärte der Mitverfasser der Studie, Martin Bujard vom BiB. Inwiefern die neuen Zahlen einen generellen Trend zu sinkenden Geburtenzahlen in Deutschland einleiten oder nur einen temporären Effekt abbilden, sei derzeit noch nicht absehbar. 

Niedrige Geburtenraten bestärkt Fachkräftemangel

Dauerhaft niedrige Geburtenraten trügen zu einer alternden Gesellschaft bei, erklärte das Bundesinstitut. Im Zusammenspiel mit zahlreichen anderen Faktoren ergäben sich daraus Herausforderungen unter anderem durch den Rückgang potenzieller Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt und für die Sozialsysteme.

Nachdem in Deutschland die Geburtenrate während der ersten Zeit der Corona-Pandemie stabil geblieben war, sank sie laut BiB im weiteren Verlauf der Pandemie ab Januar 2022 auf 1,4 und erholte sich im Sommer desselben Jahres wieder auf 1,5 Kinder pro Frau. Im Jahr 2023 fiel die Geburtenrate dann erneut weiter ab.

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Aufgeschobene Schwangerschaften wegen Corona-Impfung

Die Studienautoren halten es für möglich, dass während der Pandemie anfangs viele Frauen angesichts der damals für Schwangere nicht zugelassenen Impfstoffe den Kinderwunsch aufgeschoben hätten, um sich erst impfen zu lassen. 

Den verstärkten Geburtenrückgang ab Herbst 2022 führen die Forscher dann auf weitere andere Krisen zurück, die sich in der Endphase der Pandemie entwickelt haben und die sich negativ auf den Kinderwunsch ausgewirkt haben könnten – etwa den Ukraine-Krieg oder die Inflation.

Die Geburtenrate in der Bundesrepublik pendelte nach 1975 laut BiB für vier Jahrzehnte im Bereich zwischen 1,2 bis 1,4 Kindern pro Frau und gehörte lange Zeit zu den niedrigsten in Europa. Von 2015 bis 2021 lag sie dann deutlich höher mit Werten von 1,5 bis 1,6. Diesen Anstieg bringt das Institut mit familienpolitischen Reformen wie dem Elterngeld und dem Ausbau der Kindertagesbetreuung in Verbindung. Auch die gestiegene Anzahl von Frauen mit Migrationshintergrund in Deutschland spiele eine Rolle.

Weniger Geburten auch in anderen europäischen Ländern

Auch in anderen europäischen Ländern macht sich der Geburtenrückgang bemerkbar: Im EU-Durchschnitt lag die Geburtenrate 2022 nach Angaben der europäischen Statistikbehörde Eurostat bei 1,46, und ist damit identisch mit dem deutschen Wert. 

CDU: Ampelpolitik nicht sehr familienfreundlich

Die CDU warf der Bundesregierung eine Mitverantwortung für das Sinken der Geburtenrate in Deutschland zu. "Der Absturz verdeutlicht aber auch, dass das Vertrauen der Familien in die Politik massiv verloren gegangen ist", sagte die familienpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Silvia Breher (CDU), der Zeitung "Welt". Die Ampel schaffe es mit ihrer "undurchdachten und ideologisch geprägten" Gesellschaftspolitik nicht, den Familien Vertrauen zurückzugeben.

AFP, dpa (amu)

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 20. März 2024 | 09:30 Uhr