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Werden Arzttermine nicht abgesagt, entsteht gerade bei Fachärzten Leerlauf und andere Patienten bekommen keinen Termin. Bildrechte: picture alliance / dpa Themendienst | Christin Klose

Termine absagenKrankenversicherungen gegen Bußgeld bei versäumten Arztterminen

04. August 2023, 07:21 Uhr

Ärzte fordern ein Bußgeld, wenn Patienten ohne Absage nicht zu einem Termin erscheinen. Die Krankenkassen fordern dagegen bessere Erreichbarkeiten bei Absagen.

Anja Thate wartet – vergeblich. Aber der junge Patient kommt einfach nicht herbei. Absage? Fehlanzeige. Thate ist Psychotherapeutin für Kinder und Jugendliche. Die Therapiestunde in ihrer Weißenfelser Praxis fällt dann wohl aus. Unverhoffter Leerlauf – das komme bei ihr leider häufiger vor. Aus mehreren Gründen findet die Therapeutin das einfach nur ärgerlich: "Wirklich viele Menschen warten auf einen Psychotherapietermin, der dann, wenn er abgesagt worden wäre, zur Verfügung stehen würde."

Psychotherapie: Oft werden von der Kassenärztlichen Vereinigung vermittelten Termine geschwänzt

Eine Sitzung dauert 50 Minuten. Jemanden kurzfristig zwischenschieben, wie es vielleicht beim Hausarzt mit vollem Wartezimmer möglich wäre, ist bei ihr nicht drin. Anja Thate berichtet, dass besonders oft Termine, die über die Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung vermittelt würden, am Ende ausfallen.

Dass dann am Ende doch irgendwo anders schneller ein Termin vereinbart wurde und dass der andere dann vergessen wird. Oder, dass manche Leute denken: So schlimm ist das nicht. Da geh' ich einfach nicht mehr hin.

Kassenärztliche Vereinigung fordert "Nicht-Erschienen-Pauschale" bei versäumten Terminen

Die Forderung der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt nach einer "Nicht-erschienen-Pauschale", finanziert von der Krankenkassen, findet die Therapeutin eine gute Sache: "Wenn der Patient nicht kommt, kann ich in dem Moment nichts abrechnen. Und das ist dann natürlich ein Verdienstausfall."

Es ist einfach – und das würde ich in den Vordergrund stellen wollen – unsolidarisch gegenüber den anderen Patienten.

Klaus Heckemann, Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen

Wünscht sich auch Klaus Heckemann, Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen, eine "Nicht-Erschienen-Pauschale"? "Einfach geantwortet: ja", sagt Heckemann. "Es ist einfach – und das würde ich in den Vordergrund stellen wollen – unsolidarisch gegenüber den anderen Patienten. Natürlich entsteht auch ein wirtschaftlicher Schaden und aus dem müsste sich dann auch diese "Nicht-Erschienen-Gebühr" ableiten."

Auch die Kassenärztliche Vereinigung Thüringen schließt sich auf MDR-Anfrage dieser Forderung an. Warum aber sollen damit im Grunde alle Beitragszahlenden für die unzuverlässigen Mitversicherten aufkommen? Heckemann von der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen sieht dazu kaum eine Alternative: "Wir haben primär eine Vertragsbeziehung zu den Krankenkassen und nicht zu den einzelnen Patienten."

Das Problem in ThüringenIn Thüringen haben der Kassenärztlichen Vereinigung zufolge Patientinnen und Patienten im ersten Halbjahr 2022 nahezu jeden vierten Termin verfallen lassen, der über die Terminservicestelle vereinbart wurde. Das entspreche Tausenden Fällen, bei denen nicht abgesagt worden sei.

Krankenkassen fordern digitale Möglichkeiten für Termine

Der Ball liege dann bei den Krankenkassen. Die sollten sich etwas einfallen lassen, wie sie ihre Versicherten erziehen.

Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherungen schiebt die Schuldzuweisung prompt zurück. Eine "Nicht-Erschienen-Pauschale" würde das Problem auch nicht lösen. GKV-Sprecher Helge Dickau sagt, "aus unserer Sicht wäre das nur ein weiterer Verdienst für eine Berufsgruppe, nämlich die Ärztinnen und Ärzte, die schon jetzt zu den Spitzenverdienern gehört."

Der Gegenvorschlag klingt so: "Wie wäre es denn mit einem finanziellen Ausgleich für Patientinnen und Patienten, die viele Stunden Lebenszeit in Warteschleifen und Wartezimmern ärztlicher Praxen verbringen?"

Sarkasmus beiseite: Aus Sicht des Verbandssprechers sollten die Praxen versuchen, die Terminvergabe zu digitalisieren, damit Patienten Termine einfacher zu- und absagen können.

Apropos: Psychotherapeutin Anja Thate aus Weißenfels wäre neben der "Nicht-Erschienen-Pauschale" auch dafür, die zentrale Terminservicestelle wieder abzuschaffen – zumindest für ihre Fachrichtung.

Zur Forderung nach einer Strafgebühr

MDR AKTUELL

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 04. August 2023 | 06:06 Uhr