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Die Wechseljahre sind noch immer ein Tabuthema, vor allem am Arbeitsplatz. Eine Studie will nun mehr Aufmerksamkeit schaffen und Aufklärungsarbeit leisten. Bildrechte: picture alliance/dpa | Fabian Sommer

StudieForschungsprojekt über Wechseljahre im Arbeitsleben präsentiert erste Ergebnisse

26. Dezember 2023, 05:00 Uhr

Jede vierte Befragte muss in den Wechseljahren beruflich kürzer treten. Das ist eines der Zwischenergebnisse der Studie MenoSupport. Das Projekt, das an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin angesiedelt ist, will dem Tabuthema Wechseljahre mehr Aufmerksamkeit verschaffen – und Aufklärungsarbeit leisten.

Es waren zwei Zahlen, die in diesem Jahre für Aufsehen sorgten. Jede zweite britische Frau in den Wechseljahren überlegt, im Job kürzer zu treten oder ganz auszusteigen. Durch den Arbeitsausfall von Frauen in den Wechseljahren entsteht der US-Wirtschaft jährlich ein Schaden von 27 Milliarden US-Dollar. Politik und Wirtschaft sind alarmiert, mittlerweile auch in Deutschland. Um diese Thematik wissenschaftlich zu beleuchten, startete ein Forschungsprojekt an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin. Die Studie MenoSupport ist die erste dieser Art in Deutschland und hat erste Zwischenergebnisse präsentiert.

Daniela ist eine gestandene Frau im Schuldienst und sie kennt die besonderen Herausforderungen der Wechseljahre. Sie hat viele Jahre Berufserfahrung gesammelt, ist empathisch, engagiert. Doch vor ein paar Jahren ging es dann plötzlich los: "Ja, man steht mit Ende 40 mitten im Berufsleben. Hat Kinder, hat einen Haushalt, hat eine Beziehung und versucht dem allen gerecht zu werden. Und man merkt, dass doch die Kräfte einfach nachlassen und dass man nicht mehr so sortiert ist. Und ich glaube, zu diesem Zeitpunkt dachte ich, es wäre ein Versagen meinerseits", sagt Daniela. Erst später sei ihr die natürliche Ursache klargeworden.

Viele Frauen können Symptome nicht einordnen

Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Ängste, Müdigkeit, Abgeschlagenheit sind Symptome der Wechseljahre, die schon mit Anfang 40 beginnen können. Doch die meisten Frauen wissen das nicht. Das ergab die Befragung von mehr als 2.000 Frauen im Alter zwischen 28 und 67 Jahren. Ein Großteil der Frauen holt sich ihr Wissen über die Wechseljahre aus dem Internet, aus Büchern und Zeitschriften. Nur 36 Prozent der Befragten nennen Ärzte als Informationsquelle. Das ist nur eines der Ergebnisse des Forschungsprojektes MenoSupport, das durch das Institut für angewandte Forschung Berlin finanziert wird.

Andrea Rumler, Professorin an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, ist gemeinsam mit Professorin Sabine Nitsche eine der Forschungsgruppenleiterinnen. Eine Studie wie die aus Großbritannien habe es auch für Deutschland gebraucht, fand Rumler. Denn es sei wichtig, auch in Deutschland die Problematik berufstätiger Frauen in den Wechseljahren sichtbar zu machen. Schließlich könne man es sich nicht leisten, so viele gut ausgebildete Frauen zu verlieren.

Jede vierte Betroffene reduziert Stundenzahl

Dass das passiert, zeigt ein weiteres Ergebnis der Befragung: So gab jede vierte Frau an, aufgrund der Wechseljahresbeschwerden ihre Stundenzahl reduziert zu haben. Fast 20 Prozent der Befragten über 55 wollen früher in den Ruhestand gehen. Auch für Daniela, die Schulleiterin, war kürzer treten ein Thema: "Und auch zu überlegen, was kann ich für mich verändern, damit es wieder bewältigbar wird", sagt sie.

Von Seiten der Arbeitgeber gebe es bisher in Deutschland so gut wie keine Maßnahmen, sagt Andrea Rumler. Daniela kann das auch bestätigen: "Ich hatte definitiv keine Unterstützung, die gab es auch nicht." Einzig Gespräche mit Kolleginnen hätten dabei geholfen, sich nicht mehr ganz so allein zu fühlen. "Man hat zwar noch keine Lösung, aber es ist schon so, dass einem dieses Miteinander sprechen zumindest ein Stück weit trägt", sagt Daniela.

Tabuthema am Arbeitsplatz

In der Befragung sagen 52 Prozent der Frauen, die Wechseljahre seien noch immer ein Tabuthema am Arbeitsplatz und man fühle sich damit allein gelassen. Gerade das Nicht-darüber-Reden sei ein großes Problem, sagt Andrea Rumler: "Wir hatten heute morgen in dem Workshop eine Expertin, die seit 20 Jahren Unternehmen berät, im betrieblichen Gesundheitsmanagement. Sie hat gesagt, sie hat in all den Jahren kein einziges Mal das Wort Wechseljahre gehört, im Kontext von betrieblichen Gesundheitsmanagement von Unternehmen, das finde ich schon beachtlich."

Daher führte die MenoSupport-Studie im ersten Schritt Befragungen von berufstätigen Frauen durch – im nächsten Schritt soll es nun um Maßnahmen und Handlungsempfehlungen für Unternehmen gehen. Die Studie läuft noch bis September 2024.

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Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 26. Dezember 2023 | 05:00 Uhr