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CoronaLong-Covid: die unerforschte Krankheit

20. Januar 2023, 05:00 Uhr

Obwohl die Corona-Pandemie als nahezu überwunden gilt, ist Long-Covid noch immer eine schlecht erforschte Krankheit. Betroffene fühlen sich oft allein gelassen und berichten von Behandlungs-Odysseen. In einer Sitzung am Donnerstagabend hat sich der Bundestag in Berlin mit Long-Covid befasst. Aber wie ist der aktuelle Stand bei Forschung und Behandlung?

Schmerzen, Schlafstörungen, fehlende Körperkraft, chronische Erschöpfung, Konzentrationsstörungen, plötzlicher Blutdruckabfall – das sind nur die gravierendsten Symptome, unter denen Maike Lindemann seit Monaten leidet. Die freischaffende Musikerin lebt in Leipzig und hat Long-Covid.

Lange Suche nach der Diagnose

Von ihrer Corona-Erkrankung mit sogenanntem milden Verlauf im Februar vergangenen Jahres hat sie sich bis heute nicht erholt. Im Gespräch mit MDR AKTUELL ist ihr die Erschöpfung anzuhören. Die 40-Jährige kann nur langsam sprechen, wenn sie von ihrem Alltag erzählt: "Es ist im Grunde so, dass ich mich im Moment nicht selber versorgen kann. Ich muss meine Freunde um Unterstützung bitten, die dann für mich einkaufen, weil mir die Kraft dazu fehlt. Ich bin sehr eingeschränkt und auch nicht arbeitsfähig."

Inzwischen geht es ihr etwas besser, doch zu Beginn ihrer Long-Covid-Geschichte hat sie wochenlang das Haus nicht verlassen. Sie habe Glück gehabt mit ihrer verständnisvollen und verständigen Hausärztin, die ihre Probleme nicht als psychosomatisch abgetan habe: "Aber es gibt einfach noch keine guten Versorgungszentren. Das heißt, was für mich dann folgte, war ein Abklappern aller möglichen Fachärzte und –ärztinnen, wo meistens nur Ausschlussdiagnosen gemacht werden."

Ein diffuses Krankheitsbild und zu wenige Spezialzentren

Große Spezialzentren, die sich gut mit Long-Covid auskennen, gibt es etwa in Berlin, München, Jena oder Erlangen. Dort einen Termin zu bekommen, grenzt aber an ein Wunder. Sie sind hoffnungslos überlastet. Ein Grund, weshalb sich Jördis Frommhold entschieden hat, das "Long Covid Institut" in Rostock zu gründen. Die Fachärztin für Innere Medizin, Pneumologie und Notfallmedizin war bis letztes Jahr Chefärztin an einer Reha-Klinik in Heiligendamm und beschäftigt sich seit Beginn der Pandemie mit Long-Covid. 40 bis 50 Patienten behandelt Frommhold pro Woche.

Dabei sei Expertise gefragt. Long-Covid sei ein diffuses, schlecht fassbares Krankheitsbild mit sehr unterschiedlichen Ausprägungen. "Auf der anderen Seite ist es eben auch noch ein sehr junges Krankheitsbild, wo natürlich schon wissenschaftliche und klinische Forschung läuft, was auch dringend und bitter nötig ist. Aber wir haben noch nicht wirklich Ergebnisse." Es fehle noch die Evidenz, erklärt die Fachärztin.

Forschungsstand: kaum Daten, aber hohe Investitionen

Verlässliche Forschungsergebnisse und einheitliche Leitlinien sehnt auch Ulf Zitterbart herbei. Er ist Allgemeinmediziner im thüringischen Kranichfeld und Vorsitzender des Thüringer Hausärzteverbandes. Im Schnitt betreue jede Hausarztpraxis im Freistaat etwa fünf Long-Covid-Patienten. Unsicher seien sich bei der Behandlung alle, weil noch wenig Daten vorlägen, so Zitterbart. Er hoffe, dass es mit der Forschung zügig vorangehe: "Dass wir wirklich auch Checklisten kriegen, dass wir Biomarker kriegen, dass wir Therapien kriegen, so dass die Behandlung besser werden kann."

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Dass der Forschungsbedarf enorm ist, hat auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach erkannt. Nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios will er in den kommenden Jahren 100 Millionen Euro in die Long-Covid-Forschung investieren. Allein 16 Millionen davon für voriges und dieses Jahr. Ein Medikament, auf das viele Betroffene derzeit hoffen, heißt BC007 und ist eigentlich ein Herzmedikament.

Für Long-Covid-Betroffene könnte das der Gamechanger sein, meint auch Maike Lindemann: "Von BC007 haben, glaube ich, inzwischen alle Betroffenen gehört. Das ist so ein bisschen der heilige Gral, auf den alle hoffen." Forschende der Universität Erlangen haben entdeckt, dass BC007 Long-Covid-Patienten beschwerdefrei machen kann. Schriftlich teilt die Forschungsgruppe MDR AKTUELL mit, dass es nun eine Medikamentenstudie geben soll und Fördermittel dafür freigegeben wurden. Man setze große Hoffnungen auf das Medikament.

MDR AKTUELL

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL - das Nachrichtenradio | 20. Januar 2023 | 06:00 Uhr