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Skandal um AntisemitismusDocumenta-Chefin Schormann legt Amt nieder

16. Juli 2022, 19:45 Uhr

Die Generaldirektorin der Kunstausstellung Documenta, Sabine Schormann, legt ihr Amt nieder. Wie der Aufsichtsrat der Documenta mitteilte, wird zunächst eine Interimslösung angestrebt. Schormann zieht damit die Konsequenzen aus einen Skandal um antisemitische Motive, die in einem großflächigen Kunstwerk eines indonesischen Künstlerkollektivs ausgestellt wurden.

Die Generaldirektorin der documenta fifteen in Kassel, Sabine Schormann, legt ihr Amt nieder. Man habe sich einvernehmlich geeinigt, ihren Dienstvertrag aufzulösen, teilte der Aufsichtsrat der Kunstausstellung mit. Zunächst werde eine Interimsnachfolge angestrebt.

Immer wieder Antisemitismus-Vorwürfe

Schormann zog damit die Konsequenz aus dem Antisemitismus-Eklat auf der diesjährigen Schau. Bereits vor Beginn der documenta fifteen waren Antisemitismus-Vorwürfe gegen das indonesische Kuratorenkollektiv Ruangrupa laut geworden.

Kurz nach der Eröffnung der Schau, die neben der Biennale in Venedig als wichtigste Ausstellung für Gegenwartskunst gilt, wurde dann eine Arbeit mit antisemitischer Bildsprache entdeckt: Das Banner "People's Justice" des indonesischen Kunstkollektivs Taring Padi wurde daraufhin abgehängt.

Rücktrittsforderungen gegen Schormann waren lauter geworden

Schläfenlocken, Vampirzähne und SS-Rune auf dem Hut: antisemitische Bildsprache auf dem Banner "People's Justice" des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi Bildrechte: IMAGO / Hartenfelser

In den vergangenen Wochen waren immer wieder Rücktrittsforderungen gegen die 60-Jährige erhoben worden. Ihr wurde unter anderem Untätigkeit bei der Aufarbeitung des Skandals vorgeworfen. Zuletzt hatte sich der Leiter der Bildungsstätte Anne Frank, Meron Mendel, als Berater der documenta zurückgezogen. Er hatte eigentlich Teil einer Expertenkommission sein sollen, die die verbliebenen Werke der documenta auf weitere antisemitische Inhalte prüfen sollte. Schormann habe ihren Ansagen aber keine Taten folgen lassen, kritisierte er.

Schormann war im Herbst 2018 als Generaldirektorin nach Kassel gewechselt. Im Jahr zuvor war die gemeinnützige documenta GmbH wegen eines Millionendefizits bei der documenta 14 im Jahr 2017 in die Schlagzeilen geraten. Die damalige Geschäftsführerin, die Kunsthistorikerin Annette Kulenkampf, hatte daraufhin ihr Amt niedergelegt.

Claudia Roth begrüßt Rücktritt

Kulturstaatsministerin Claudia Roth begrüßte die Entscheidung des Aufsichtsrats. Der "Frankfurter Rundschau" sagte die Grünen-Politikerin: "Es ist richtig und notwendig, dass nun die Aufarbeitung erfolgen kann, wie es zur Ausstellung antisemitischer Bildsprache kommen konnte, sowie die nötigen Konsequenzen für die Kunstausstellung zu ziehen." Sie stehe bereit, den Prozess der Neuaufstellung der Documenta zu unterstützen.

Auch der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, begrüßte Schormanns Rücktritt. Der Rücktritt sei überfällig gewesen: "Antisemitismus darf in keiner Form im Kulturleben akzeptiert werden, gleichgültig woher die Kulturschaffenden kommen", erklärte Klein. Der Beschluss des Bundestages zur Israel-Boykottbewegung BDS sollte künftig "die verbindliche Richtschnur bei der Verwendung öffentlicher Gelder bei der Kulturförderung sein".

dpa/epd (jan)

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 16. Juli 2022 | 14:30 Uhr