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Verstoß gegen NetiquetteBundesverwaltungsgericht verhandelt Löschung von Facebook-Kommentaren beim MDR

30. November 2022, 05:00 Uhr

Die meisten Medienunternehmen haben eigene Facebook-Seiten – und können dort auch Kommentare von Nutzern löschen, die gegen die sogenannte Netiquette verstoßen. In Leipzig wird nun eine Klage dagegen verhandelt.

  • Der MDR hat im Jahr 2018 mehrere Kommentare auf seiner Facebook-Seite gelöscht und dabei auf die Netiquette verwiesen.
  • Der Kläger zieht nun in der dritten Instanz vor das Bundesverwaltungsgericht.
  • Der MDR sieht das Verfahren als wegweisend für den künftigen Umgang mit Dialogforen wie Facebook.

Das Bundesverwaltungsgericht verhandelt am Mittwoch über eine Klage gegen den Mitteldeutschen Rundfunk (MDR). Dabei geht es um die Löschung von Nutzer-Kommentaren auf den Facebook-Seiten des MDR im Jahr 2018. Der Kläger möchte mit seiner Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht erreichen, dass die Löschung seiner Kommentare rückgängig gemacht wird. In den zwei vorangegangenen Verfahren hatte der MDR weitestgehend Recht bekommen.

Der Mitteldeutsche Rundfunk hat, wie andere Medien auch, auf Facebook eigene Seiten, auf denen regelmäßig Online-Beiträge, Videos oder andere redaktionelle Beiträge gepostet werden. Die Facebook-Seiten des MDR und anderer ARD-Rundfunkanstalten gelten als redaktionell kuratierte und journalistische Angebote. Grundlage dafür ist der Rundfunkstaatsvertrag.

Kommentare werden aus diesem Grund redaktionell bearbeitet und können auch gelöscht werden, wenn sie gegen die sogenannte Netiquette verstoßen. Die Netiquette wird vom MDR aufgestellt und legt die Verhaltensregeln für die Kommentare fest. Nicht erlaubt sind demnach Kommentare, die etwa rassistisch sind oder Urheberrechtsverletzungen enthalten – und Kommentare, die keinen Bezug zum Thema des jeweiligen Posts haben.

Zum besagten Zeitpunkt im Jahr 2018 hatte der Kläger insgesamt 14 Kommentare unter Beiträgen des MDR bei Facebook gepostet. Der MDR wiederum hatte die Kommentare mit Verweis auf die Netiquette gelöscht, wogegen der Kläger zunächst vor das Verwaltungsgericht Leipzig zog, da er die Löschung für rechtswidrig hielt. Das Gericht wies diesen Vorwurf bei 13 der Kommentare allerdings zurück. Lediglich bei einem Kommentar gab das Gericht dem Kläger Recht – dieser hätte also nach Entscheidung des Gerichts nicht gelöscht werden dürfen, die anderen hingegen schon. Der Kläger sah dies anders und legte Berufung beim Oberverwaltungsgericht in Bautzen ein.

OVG: Löschung nicht themenbezogener Kommentare gerechtfertigt

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Bautzen verhandelte den Fall im Jahr 2020– und wies die Berufung zurück. In der Begründung des Gerichts hieß es damals, dass die Löschung von Kommentaren zwar einen Eingriff in die Meinungsfreiheit darstelle, diese aber wiederum durch die allgemeinen Gesetze begrenzt werde. Das Löschen nicht themenbezogener Kommentare sei gerechtfertigt. Die Rundfunkanstalt, also im konkreten Fall der MDR, dürfe den Themenbezug eng auslegen, um ein Umlenken der Diskussion auf andere Themen zu verhindern. Foren und Chats ohne Sendebezug – also den Inhalt eines redaktionellen Beitrages – und redaktionelle Begleitung seien dagegen nicht zulässig. Das sei im Staatsvertrag für Telemedien festgehalten.

Der MDR müsse mit Blick auf den Telemedien-Staatsvertrag also dafür sorgen, dass nur solche Kommentare stehen bleiben, die sich thematisch eng mit dem ursprünglichen Post auseinandersetzen. Im vorliegenden Fall verwies das OVG Bautzen in seiner Entscheidung explizit darauf, dass die strittigen Kommentare keinen Themenbezug hatten.

Der Kläger zog mit dem Fall letztlich vor das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig – das nun entscheiden muss, ob es zu dem gleichen Schluss kommt wie die Vorinstanz oder ob die Kommentare eben doch nicht hätten gelöscht werden dürfen.

Netiquette soll Meinungsvielfalt ermöglichen

Das Verfahren ist für den MDR von hoher Bedeutung. Es dürfte sich als wegweisend für den künftigen Umgang mit Dialogforen erweisen, sagte ein Sprecher des MDR.

"Dem MDR ist wichtig, dass in den Dialogforen für die Nutzer Räume für Diskurse geschaffen werden, in denen der MDR durch seine Redaktionen dafür sorgt, dass jede Nutzerin und jeder Nutzer sich in diesen Räumen geschützt und sorgenfrei bewegen kann." Das funktioniere nur, wenn für die Nutzung dieser Räume Regeln wie die Netiquette gälten, die Einhaltung diese Regeln überwacht werde und bei Nichteinhaltung Konsequenzen gezogen werden könnten. Der MDR-Sprecher sagte weiter, diese Regeln und die redaktionelle Begleitung der Foren dienten schlussendlich dazu, Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt für alle zu ermöglichen.

Zur MDR-Netiquette zähle auch, dass Online-Kommentare sich immer auf das jeweilige Thema der Berichterstattung beziehen müssen. "Kommentare, die nicht zu diesem Thema gehören, behindern den Diskurs und den weiteren Dialog, weil damit dann nicht weiter zum eigentlichen Thema diskutiert werden kann. Das schreckt dann wiederum andere Nutzerinnen und Nutzer ab", sagte ein Sprecher des MDR weiter.

Der Kläger wird durch eine Online-Kanzlei vertreten. Diese äußerte sich auf Anfrage nicht zum Verfahren. Ob das Bundesverwaltungsgericht am Mittwoch auch ein Urteil fällt, ist unklar. 

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 30. November 2022 | 05:00 Uhr