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BundestagsdebatteKemfert klar gegen U-Ausschuss zu Abläufen beim Atomausstieg

19. Mai 2024, 16:36 Uhr

In einer Bundestagsdebatte am Mittwoch hatten Ampel-Politiker die Abläufe beim Atomausstieg verteidigt. Die Union hatte zuvor einen Untersuchungsausschuss gefordert. Energieökonomin Claudia Kemfert hält nichts von Forderungen. In ihrem Klima-Podcast bei MDR AKTUELL spricht sie von einem "Pseudo-Skandal". Hintergrund ist ein Medienbericht, wonach 2022 Führungskräfte im Bundeswirtschafts- und im Umweltministerium Berichte umgeschrieben haben, um eine Laufzeitverlängerung zu verhindern.

Energieökonomin Claudia Kemfert hält Forderungen nach einem Untersuchungsausschuss im Bundestag zu den Abläufen beim Atomausstieg für falsch. Sie sagte MDR AKTUELL, die Union fantasiere einen "Pseudo-Skandal" herbei, um auf die Grünen politischen Druck auszuüben.

Die Forderungen nach einem Untersuchungsausschuss waren nach einem Bericht des Magazins "Cicero" laut geworden. In dem Artikel wurden Dokumente aus dem grünen Bundeswirtschaftsministerium und dem grünen Umweltministerium abgedruckt. Sie sollen belegen, dass Abteilungsleiter 2022 Einschätzungen von Fachleuten umgeschrieben haben, um eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke zu verhindern.

Außerdem sollen Wirtschaftsminister Robert Habeck wichtige Informationen aus seinem Ministerium nicht erreicht haben. Laut dem energiepolitischen Sprecher der CDU/CSU-Fraktion Mark Helfrich müssten die Vorgänge "in einem Untersuchungsausschuss aufgearbeitet werden".

Kemfert klar gegen Untersuchungsausschuss

Energieökonomin Kemfert sagte dazu, dass diese vermeintlichen Enthüllungen aus Banalitäten bestünden. Es sei Alltag, dass nicht alle Entwürfe in einem Ministerium auch den Minister erreichten. Die im Cicero gezeigten Dokumente "liefern überhaupt gar keine Erkenntnis", erklärte Kemfert.

Es habe vor und während der deutschen Energiekrise eine breite und fundierte Diskussion innerhalb der Ministerien und in der Öffentlichkeit gegeben. Das Bundeswirtschaftsministerium und das Umweltministerium haben Kemfert zufolge die richtigen Entscheidungen getroffen. Ein Jahr nach dem Atomausstieg zeige sich, dass "nichts Schlimmes" passiert sei. Es habe keine Blackouts gegeben, Strompreissteigerungen seien ausgeblieben und der Kohleanteil im Strommix sei gering wie nie. "Ich weiß nicht, wo jetzt wirklich das Problem liegt", sagte Kemfert.

Ein Untersuchungsausschuss ist nach ihrer Meinung nicht notwendig, weil Wirtschaftsminister Habeck bereits entlastet sei. Rücktrittsforderungen gegen ihn nannte Kemfert "total übertrieben". Sie kamen unter anderem von FDP-Bundesvorstandsmitglied Martin Hagen.    

Kemfert fordert Untersuchung zu Verstrickungen zu Russland

Es gebe ganz andere Themen, die sich für einen Untersuchungsausschuss eignen würden. Als Beispiele nannte Kemfert die Geschehnisse um die Erdgaspipeline von Russland nach Deutschland, Nord Stream 2. Die politischen und wirtschaftlichen Verstrickungen zu Russland hätten eine Dimension ungeahnten Ausmaßes. "Da fehlt mir komplett der öffentliche Aufschrei", erklärte die Energieökonomin.

Ende 2022 sollten in Deutschland die letzten drei Atomkraftwerke abgeschaltet werden. Im Sommer – wenige Monate nach dem russischen Angriff auf die Ukraine – wurden die Gaslieferungen aus Russland aber zunächst gedrosselt und später gestoppt. Nach einem Machtwort von Bundeskanzler Olaf Scholz beschloss die Bundesregierung, die Laufzeit der drei Atomkraftwerke bis Mitte April 2023 im Streckbetrieb zu verlängern. Am 15. April gingen dann Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 endgültig vom Netz.

MDR (mcs)

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 16. Mai 2024 | 07:00 Uhr