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TransparenzgesetzWie der Klinik-Atlas Krankenhäuser transparenter machen soll

21. September 2023, 15:58 Uhr

In welchem Krankenhaus lasse ich mich behandeln? Das sollen Patientinnen und Patienten künftig leichter entscheiden können. Der Klinik-Atlas soll ab April 2024 online Auskunft über Leistungen und Qualität der Behandlungen geben. Eine Übersicht, was genau geplant ist und was Kritiker sagen.

Worum geht es in dem Krankenhaustransparenzgesetz?

Mit dem Gesetz soll ein interaktiver "Klinik-Atlas" mit Informationen entstehen, der Patientinnen und Patienten bei der Entscheidung hilft, wo sie welche Eingriffe durchführen lassen. Zum Beispiel soll im Atlas stehen, welches Krankenhaus welche Behandlungen wie oft durchführt, wie häufig Komplikationen bei bestimmten Eingriffe auftreten und wie die Standorte personell ausgestattet sind.

Für eine bessere Vergleichbarkeit werden die Kliniken in Versorgungsstufen eingeordnet. Alle rund 1.700 Kliniken in Deutschland sollen verpflichtend für das Online-Verzeichnis Daten melden. Dafür werden Informationen zu Behandlungen in 65 sogenannten Leistungsgruppen ausgewertet.

Was sind Leistungsgruppen?

Die Leistungsgruppen im Klinik-Atlas bezeichnen medizinische Angebote der einzelnen Klinken genauer. Also soll gezeigt werden, ob etwa Leistungen aus Bereichen wie Infektiologie, Augenheilkunde, Urologie oder Intensivmedizin angeboten werden – und ob es dafür Fachabteilungen gibt. Gesundheitsminister Lauterbach nennt als Beispiel, dass Patientinnen und Patienten so erfahren könnten, ob eine Krebsoperation in der allgemeinen Chirurgie oder in einer spezialisierten Krebschirurgie durchgeführt werde.

Was bedeuten die Versorgungsstufen?

Um die Leistungen und die Qualität der Krankenhäuser besser einschätzen und vergleichen zu können, ist ein System mit mehreren Stufen geplant – sie reichen von der wohnortnahen Klinik bis hin zum "Maximalversorger".

In der Kategorie 1 werden Krankenhäuser der Basisversorgung gelistet. Sie bieten Leistungen der Inneren Medizin, Chirurgie und Intensivmedizin sowie der Notfallmedizin an. In die Kategorie 2 fallen Häuser, wenn sie mindestens zwei internistische Leistungen erbringen aber auch Behandlungen in der Chirurgie, der Intensiv- und Notfallmedizin, sowie zusätzlich drei weiteren Leistungsgruppen durchführen.

Um in die Kategorie 3 zu fallen, müssen Kliniken ein breites Spektrum an Behandlungen anbieten, etwa verschiedene chirurgische, internistische, notfall- und intensivmedizinische Leistungsgruppen und außerdem Eingriffe in weiteren Bereichen durchführen.

Wann soll der Krankenhaus-Atlas abrufbar sein?

Das Bundeskabinett hat am 13. September den Entwurf für das Krankenhaustransparenzgesetz beschlossen. Zum 1. April 2024 soll der Atlas dann als Online-Verzeichnis starten.

Wie wird sichergestellt werden, dass der Atlas aktuell ist?

Dem Entwurf des Bundeskabinetts zufolge müssen die Krankenhäuser einmal pro Quartal Daten melden. Der Stichtag für die erste Übermittlung der Daten ist demnach der 15. Januar 2024.

Wie melden die Kliniken die Daten?

Die Pläne sehen vor, dass Kliniken in einem ersten Schritt ihre Daten an das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) melden. Das Institut führt dann dem Entwurf zufolge eine Plausibilitätsprüfung durch. Erst dann würden die Daten mit den Qualitätssicherungsdaten beim Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) zusammengeführt, das vom Bundesgesundheitsministerium dafür beauftragt wurde.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sagte in der Pressekonferenz am 13. September, Kliniken, die keine oder falsche Daten meldeten, erwarteten "empfindliche Strafen". Die Geschäftsführung der jeweiligen Klinik solle für die Richtigkeit der Informationen haften. Man müsse sich auf diese Daten verlassen können.

Was wird am Krankenhaustransparenzgesetz kritisiert?

Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping nennt die Pläne für das Transparenzgesetz voreilig. Sie befürchte, dass der Atlas eher zu Verwirrung führe. Zunächst sollten die Länder planen, wie die Krankenhauslandschaft künftig aussehen werde. Dann könne darüber informiert werden, welche Klinik welche Leistungen erbringen könne, sagte Köpping. Ansonsten sei die Datengrundlage für das Verzeichnis fragwürdig.

Nach Aussage von Köppings Amtskollegin in Thüringen, Heike Werner, setzt das Gesetz falsche Prioritäten. Wegen inhaltlicher Mängel drohten den Patienten vielmehr Desinformation und Intransparenz und den Kliniken weitere bürokratische Belastungen.

Kritik kommt auch von der Stiftung Patientenschutz. Ihr Vorsitzender, Eugen Brysch, erklärte, gerade bei älteren Patienten gebe es häufiger Komplikationen und eine höhere Sterblichkeit. Das könne sich negativ auf die Leistungsbilanz auswirken. Der Gesetzgeber müsse "verhindern, dass jüngere, erfolgversprechende Patienten bevorzugt behandelt werden."

Der Sozialverband Deutschland (SoVD) wünscht sich, dass Patientinnen und Patienten beim Atlas einbezogen werden. Zudem müsse das Verzeichnis "von einer unabhängigen, staatsfernen und sich allein dem Patienteninteresse verpflichteten Stelle" veröffentlicht werden und nicht von einer staatlichen Behörde.

Dagegen sehen die Verbraucherzentralen den Fortschritt zu mehr Transparenz mit dem Krankenhausatlas positiv. Der Gesundheitsexperte des Bundesverbands, Thomas Moormann, sagte der Deutschen Presse-Agentur, Transparenz sei bislang "keine Stärke des Gesundheitssystems in Deutschland". Es gebe zwar bereits Krankenhaus-Suchportale, man könne aber nicht erkennen, wie erfolgreich Behandlungen seien.

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Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 20. September 2023 | 09:06 Uhr