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Bildrechte: IMAGO/Guido Schiefer

SteuernWarum keine Vermögensteuer in Deutschland erhoben wird

08. Februar 2024, 13:44 Uhr

In den vergangenen Monaten ist viel über die Schuldenbremse in Deutschland gesprochen worden. Das verwundert nicht, schließlich fehlt Geld derzeit an allen Ecken und Enden. Was kann man da tun? Darum dreht sich die Frage unserer Userin Ricarda Rinas. "Seit 1997 gibt es in Deutschland keine Vermögensteuer mehr. Warum führt unsere Regierung bei der gegenwärtig knappen Haushaltslage die Vermögensteuer nicht wieder ein?"

Dass es seit 1997 keine Vermögensteuer mehr gibt, ist nicht ganz richtig. Es gibt sie nämlich noch, sie wird nur eben nicht mehr erhoben. 1922 wurde sie eingeführt und hatte seitdem auch beträchtliche Beiträge in den Haushalt gespült.

Etwa 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts habe die Steuer teilweise ausgemacht. Das wären heute etwa 20 Milliarden Euro, erklärt Stephan Bach, Steuerexperte beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung DIW. "Die Bemessungsgrundlagen der Vermögensteuer wurden dann aber sukzessive vernachlässigt. Insbesondere wurden die Immobilienwerte nicht mehr erneuert, sodass dann 1995 das Bundesverfassungsgericht die Vermögensteuer als verfassungswidrig erklärte." Eine Neubewertung sei danach nicht mehr durchgeführt worden, sodass die Vermögensteuer seitdem nicht mehr erhoben werde.

Keine politische Mehrheit für die Vermögensteuer

Warum sich die aktuelle Bundesregierung nicht daran versucht, ist schnell erklärt, sagt Katharina Beck, finanzpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag. Man könne das Geld gut gebrauchen, etwa um kleine und mittlere Einkommen zu entlasten, aber: "Es gibt in dieser Koalition einfach keine politische Mehrheit. So sehr wir auch dafür werben."

Tim Klüssendorf, Finanzpolitiker der SPD im Bundestag ergänzt: "Wir haben zwei Fraktionen, die das in ihrem Wahlprogramm drinstehen hatten, die SPD und die Grünen. Aber alle anderen Fraktionen lehnen das momentan ab." Deswegen sei die einfache Antwort: "Es gibt keine politische Mehrheit dafür."

FDP positioniert sich klar gegen Vermögenssteuer

Zu diesen anderen Parteien zählt auch die FDP. Finanzpolitikerin Claudia Raffelhüschen spricht im Zusammenhang mit der Diskussion über die Vermögenssteuer von einer Neiddebatte.

Darüber hinaus sei die Steuer organisatorisch nicht umzusetzen. "Das Problem ist, wie will man die Vermögenswerte bewerten, nach welchen Kriterien? Wenn man an ein kleines, mittelständisches Unternehmen denkt: Wie wollen Sie da rangehen und das bewerten?" Oder bei Privatvermögen, wie sei die Weinsammlung im Keller zu bewerten? Oder die Bilder, die an den Wänden hängen? Wenn man den administrativen Aufwand in Relation setze zum Aufkommen, "dann würde netto wahrscheinlich gar nichts mehr herumkommen", sagt Raffelhüschen.

Steuerexperte: Vermögensteuer international koordinieren

Die Vermögenssteuer umzusetzen, sei recht aufwändig, sagt auch DIW-Steuerexperte Stephan Bach. Immerhin müssten dann rund 400.000 Haushalte, die reichsten ein Prozent der Bevölkerung, ihre Vermögenswerte offenlegen.

Allerdings käme schon eine enorme Summe zusammen, würde man Vermögende so besteuern, wie es zuletzt diskutiert wurde. "Die Vorschläge zur Wiedererhebung der Vermögensteuer sehen zumeist persönliche Freibeträge in Höhe von zwei Millionen Euro vor. Das würde dann bedeuten, dass ungefähr die reichsten ein Prozent der Bevölkerung belastet würden. Und dann käme ein jährliches Aufkommen von um die 20 Milliarden Euro dabei heraus."

Ein zentrales Problem für Bach ist, dass eine Vermögenssteuer auf nationaler Ebene nur schwer umzusetzen sei. Superreiche seien persönlich mobil, könnten also leicht ins Ausland ziehen und ihre Vermögenswerte verlagern. Wenn man sie stärker besteuern wolle, müsse das schon international koordiniert werden.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 07. Februar 2024 | 06:22 Uhr

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