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Russland-Ukraine-KriegGetreidepreise gestiegen: Was das für die deutschen Müller bedeutet

06. Juni 2022, 05:00 Uhr

Der Krieg in der Ukraine macht sich auch bei den deutschen Müllern bemerkbar. Die Rohstoffpreise für Getreide sind auf das Doppelte gestiegen. Was bedeutet das für die Arbeit der Müller? Und für den Verbraucher?

Die Müller-typische Zipfelmütze hat ausgedient: Michael Gutting trägt ein amerikanisches Basecap auf dem Kopf und ein blaues Hemd unter dem mehlweißen Kittel. Gutting ist Chef der Saale-Mühle in Alsleben – eine Art Fabrik in einer Art Hochhaus, 15 Stockwerke. Der Chef steht oben, wo unter Getöse das Korn reinkommt. "Wir haben hier zwei gegenläufig rotierende Walzen, in denen das Getreide möglichst vorsichtig aufgearbeitet wird, sodass wir zum Schluss die Schale vom Inneren des Getreidekorns getrennt haben."

Etage für Etage wird das Getreide weiterverarbeitet. Das klingt staubig, doch die Fußböden der Mühle glänzen wie frisch gewischt. Rohre transportieren das Mahlgut von Maschine zu Maschine. Alles ist dicht – und hochmodern. Trotzdem ist die Saale-Mühle ein Traditionsbetrieb. "Wir sind wirklich eine Müllerfamilie. Meine Familie betreibt mütterlicherseits Müllerei seit 150 Jahren und väterlicherseits seit 100 Jahren."

Saale-Mühle gehört zu Deutschlands größten Mühlen

Gutting steht auf dem Wendeplatz. Jeden Tag kommen hier 80 LKW an, die Getreide bringen und 80, die Mehl holen. Die Saale-Mühle ist eine der größten Mühlen Deutschlands. Und trotzdem ist Mahlen ein regionales Geschäft. Das Getreide kauft Gutting im Umkreis von rund 100 Kilometern. "Wir verkaufen hier an diesem Standort primär an Bäckereien und Lebensmittelunternehmen. Kleine Bäckereien, größere Bäckereien. Also das ganze Sortiment. Aber sie werden unsere Produkte nicht im Lebensmitteleinzelhandel als Kiloware finden. Das ist nicht das Geschäft, das wir hier betreiben." Die Mehltüte aus dem Supermarkt ist nur ein Nischenprodukt, am gesamten Mehlmarkt macht sie nur sieben Prozent aus.

Kein Mehlengpass, aber höhere Rohstoffpreise

Mehr als 50 aktive Mühlen gibt es in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt – fast alle familiengeführt. Sie haben sich im Mitteldeutschen Müllerbund zusammengeschlossen. Deren Präsident ist Konrad Zitzmann von der Mühle Ingersleben. "Wir haben ausreichend für alle Betriebe Getreide. Wir können versorgen, es gibt keinen Mehlengpass, wie er sich unlängst mal andeutete. Das ist nicht der Fall. Aber der Preis für den Rohstoff, der hat sich verdoppelt. Und folglich müssen wir mit unseren Kunden sprechen, mit den Bäckereien, und teilen ihnen mit, dass die Preise sich geändert haben. Und die Bäcker müssen bedauerlicherweise ihre Preise auch neu anpassen."

Deutschland erntet zwar ausreichend Getreide für sich selbst, doch die Preise werden am Weltmarkt gemacht. Weil Lieferungen aus der Ukraine ausfallen, die Düngemittelkosten hoch sind, kostet Getreide so viel wie nie. Ähnlich ist es mit der Energie. Michael Gutting bezahlt derzeit sechsmal so viel für Strom wie vor einem Jahr. Fragt man den Müller nach seinem größten Problem, fällt ihm spontan aber etwas Anderes ein: "Eine unserer größten Herausforderungen ist, den jungen Menschen zu erklären, dass Müller nicht mehr Max und Moritz ist, sondern ein moderner hochtechnisierter Beruf mit enorm viel Zukunft."

Gutting führt durch die Leitwarte der Saale-Mühle. An dreißig Monitoren überwachsen seine Mitarbeiter die Maschinen, Tag und Nacht. Die Mühle macht 250 Produkte: Mehl für Nudeln, Brot, Croissants, für Vollkornbrötchen, Pizzateig und so weiter. Krisensicher sei der Job, sagt Gutting. Gegessen werde schließlich immer.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 07. Juni 2022 | 06:00 Uhr

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