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Explodierende BaukostenImmer mehr Bauherren stornieren ihre Vorhaben

11. Oktober 2022, 13:25 Uhr

Steigende Materialkosten, höhere Zinsen: Viele Bauherren legen ihre Projekte auf Eis, teilte das Münchner Ifo-Institut unter Berufung auf eine eigene Umfrage in der Baubranche mit. Damit ist auch das Ziel der Bundesregierung in Gefahr, pro Jahr 400.000 Wohnungen zu bauen.

Immer mehr Bauherren legen derzeit ihre Bauprojekte auf Eis. Im September waren 16,7 Prozent der befragten Unternehmen in der Baubranche von Stornierungen betroffen, im Vormonat waren es 11,6 Prozent, wie einer Umfrage des Münchner Ifo-Instituts hervorgeht. "Aufgrund der explodierenden Material- und Energiepreise sowie der steigenden Finanzierungszinsen ist die Planungssicherheit dahin", sagte Ifo-Forscher Felix Leiss. "Die Baukosten steigen immer weiter. Für einige Bauherren ist das alles nicht mehr darstellbar, sie stellen Projekte zurück oder ziehen ganz die Reißleine."

Zukunftssorgen sehr groß

Die Geschäftserwartungen der Branche trübten sich nochmals ein: Das entsprechende Barometer fiel auf -53,2 Punkte. "Die Unternehmen verfügen im Schnitt immer noch über große Auftragsreserven, aber die Zukunftssorgen waren selten so groß", sagte Leiss. "Die Erwartungen notieren auf dem tiefsten Stand seit Beginn der Erhebung 1991."

Viele Unternehmen klagen zudem über Probleme beim Baumaterial: 32,7 Prozent meldeten hier Engpässe, im Vormonat August hatte der Anteil allerdings mit 36,4 Prozent noch höher gelegen. "Die Materialengpässe entspannen sich nur langsam und die hohen Energiepreise verteuern das knappe Material zusätzlich", sagte Ifo-Experte Leiss. "Die Bauunternehmen müssen die höheren Beschaffungskosten an die Kunden weitergeben." Für die kommenden Monate seien daher "auf breiter Front weitere Preiserhöhungen geplant".

Bau von 400.000 Wohnungen: Ziel von Bundesregierung ist fraglich

Die enorme Kostensteigerung führt auch dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) zufolge dazu, dass viele Häuslebauer Abstand von geplanten Projekten nehmen. "Entweder die Projekte rechnen sich nicht mehr oder die gestiegenen Baupreise und Zinsen sprengen das Haushaltsbudget, das ohnehin schon durch die explodierenden Energiekosten enorm belastet ist", sagte HDB-Hauptgeschäftsführer Tim Oliver Müller.

"Die immer stärker werdende Zurückhaltung zeigt sich bereits in den rückläufigen Ordereingängen und im Anstieg der Stornierungen." Damit dürfte es für die Bundesregierung schwieriger werden, das ausgegebene Ziel von 400.000 errichteten Wohnungen im Jahr zu erreichen. Der HDB fordert eine massive Förderung beim Neubau und bei der Sanierung sowie steuerliche Investitionsanreize.

Baustopp wird in Regionen sichtbar

In Dresden hatte die städtische Wohnungsbaugesellschaft "Wohnen in Dresden" (WiD) Anfang September einen Baustopp für knapp 140 Wohnungen verkündet. Nach Angaben der WiD-Geschäftsführung waren gestiegene Zinsen für Bankkredite Grund für die Baustopps. In Jena sollte auf dem Inselplatz ein Parkhaus entstehen, die Baugrube war schon ausgehoben. Stadt und Stadtrat zogen wegen ausufernder Kosten die Notbremse. Ursprünglich war mit neun Millionen Euro für das Parkhaus mit über 400 Stellplätzen kalkuliert worden. Vor Ausschreibungsbeginn im Februar 2022 lagen die Baukosten schon bei 20 Millionen Euro. Ende Juni lagen laut Stadt die veranschlagten Kosten schon bei bis zu 31 Millionen Euro.

reuters/MDR(kar)

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 11. Oktober 2022 | 10:30 Uhr

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