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Energie in DeutschlandWas Sie über LNG wissen sollten

12. Mai 2023, 14:54 Uhr

Seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs und den ausbleibenden Gaslieferungen aus Russland schwelt die Angst vor Energieknappheit in Deutschland. Die Lösung laut Energieministerium: Terminals für LNG-Gas auch in Deutschland. So kann flüssiges Erdgas direkt nach Deutschland geliefert und nach Umwandlung in die Netze eingespeist werden. Doch LNG-Terminals und grundsätzlich die Nutzung des Flüssiggases sind umstritten. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Was ist LNG?

LNG also "Liquified Natural Gas" ist verflüssigtes Erdgas, das aus anderen Staaten importiert werden kann. Gefördertes Erdgas wird auf -162° C heruntergekühlt und so in den flüssigen Aggregatzustand versetzt. So wird der Energieträger verdichtet und kann von Spezialschiffen in großen Mengen transportiert werden. Am Zielort angekommen wird das LNG wieder in den gasförmigen Zustand zurückversetzt und kann dann durch Pipelines weitertransportiert werden.

Was spricht für LNG-Gas?

Flüssiges Gas hat eine wesentlich höhere Dichte als gasförmiges. Das bedeutet, dass in diesem Zustand eine weitaus größere Menge des Energieträgers transportiert werden kann. Zudem sind auf langen Strecken keine Pipelines notwendig – der Transport kann mittels Schiffen flexibler und ohne ortsgebundene Infrastruktur erfolgen. Flüssiges Erdgas ist eine zusätzliche Option, die Energiesicherheit in Deutschland zu gewährleisten. Durch den Import kann eine ausreichende Gasversorgung sichergestellt werden. Auch ist es so möglich, Nachbarstaaten unter die Arme zu greifen, wenn Gas bei Ihnen knapp würde.

Die Terminals können Plänen des Bundeswirtschaftsministeriums zufolge bis 2024 37 Milliarden Kubikmeter Gas importieren. Bis 2030 sollen 76 Milliarden Kubikmeter importiert werden. Dies übersteigt die 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas, das Deutschland bis vor dem Ukrainekrieg aus Russland bezogen hat.

Was spricht gegen LNG?

Kritiker sehen in den LNG-Terminals an den deutschen Küsten eine Gefahr für Tourismus und Umwelt. Speziell an der Ostsee gibt es viele Vogelschutz- und Laichgebiete, das Ökosystem könnte durch die Errichtung von schwimmenden LNG-Terminals und Piplines ans Festland gestört werden.

Zu sehr auf LNG zu setzen kann darüberhinaus neue Abhängigkeiten von weiteren Staaten (z. B. Katar) bedeuten. Außerdem handelt es sich bei LNG um flüssiges Erdgas – also einen fossilen Brennstoff. Zum Erreichen von Klimaziele trägt die Errichtung neuer Infrastruktur daher nicht bei. Christian von Hirschhausen, Wirtschaftswissenschaftler an der TU Berlin, äußerte im NDR Nordmagazin die Befürchtung, dass der Ausbau von LNG-Infrastruktur auf Kosten der erneuerbaren Energien gehen wird. Finanzielle Mittel, die in LNG-Terminals investiert würden, fehlten dann an anderer Stelle. Zudem würde eine feste Infrastruktur auch langfristig genutzt werden müssen, um rentabel zu sein. Er ergänzte, dass die Infrastruktur entgegen vieler Argumente nicht für die Wasserstoff-Verteilung genutzt werden könne. Dies sei aus technischen Gründen nicht möglich.

Wo gibt es Terminals in Deutschland?

Schwimmende LNG-Terminals gibt es in Deutschland aktuell in Wilhelmshaven (Niedersachsen), Brunsbüttel (Schleswig-Holstein) und Lubmin (Mecklenburg-Vorpommern). Ein weiteres entsteht in Stade (Schleswig-Holstein). Die Pläne zur Errichtung weiterer Kapazitäten in Mukran auf Rügen sorgen aktuell für großen Gegenwind. Die Terminals in Wilhelmshaven, Brunsbüttel und Stade sollen perspektivisch durch feste Anlagen ersetzt werden.

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Wie viele LNG-Terminals braucht Deutschland?

Die EU-Kommission rät zu zwei Terminals in Deutschland. Dies reiche aus, um die Versorgung sicherzustellen. Anderenfalls müsse man mit einer Überkapazität rechnen. Christian von Hirschhausen geht davon aus, dass schwimmende Terminals ausreichend und für zwei bis drei Jahre notwendig sind, um die Energiesicherheit zu gewährleisten.

Warum sorgt das Terminal in Rügen für so viel Ärger?

Ursprünglich war eine Anlage fünf Kilometer vor dem Urlaubsort Sellin geplant. Nach Protesten wird von der Bundesregierung nun ein Terminal im Hafen von Mukran, wenige Kilometer nördlich von Binz, geplant. Von dort soll das Gas dann durch eine Pipeline nach Lubmin transportiert und dort ins Netz eingespeist werden. Die Rügener fürchten vor allem eine Zerstörung der Natur und dass die Insel für Touristen an Attraktivität verlieren könnte. Der Binzer Gemeinderat Marvin Müller (SPD) sagte MDR AKTUELL, dass das beschleunigte Verfahren die Debatte in der Bevölkerung verkürze. So könne man weder Akzeptanz noch Mitbestimmung vor Ort sicherstellen.

Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 08. Mai 2023 | 19:30 Uhr

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