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Unterwegs mit dem RadFlickzeug, Fernsehen, Finsternis: Mit dem Fahrrad von Zeitz nach Camburg

24. April 2024, 18:08 Uhr

Der Fahrradfan André Plaul nimmt MDR-Reporter Leonard Schubert mit auf den südlichsten Radweg Sachsen-Anhalts. Auf dem Zuckerbahnradweg fahren die beiden von Zeitz bis nach Camburg. Sie entdecken Bären, Viadukte, Geocaches und Badeplätze. Am Ende stehen sie dann im Dunkeln. Ob das eine gute Idee war?

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Unsere Tour beginnt im dichten Morgennebel. Wieder einmal. Weil ich mir die Abfahrtszeit falsch gemerkt habe, stehe ich eine halbe Stunde zu früh am Bahnsteig in Magdeburg und warte auf André. "Genieße es", schreibt er. Denn André liebt Züge. Und Fahrräder. Heute möchte er beides kombinieren und mit mir auf einer alten Bahnstrecke radeln. Auf dem Zuckerbahnradweg von Zeitz bis nach Camburg. Quer durch den kalten Frühling und den Burgenlandkreis.

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Bei unserer Erlebnistour begleitet uns heute eine Praktikantin vom Fernsehen. Lisa möchte für das Format #hinREISEND ein paar Aufnahmen von uns machen. "Damit die Leute die Tour auch sehen können", sagt sie. Sonst filmen André und ich uns nur manchmal mit dem Handy. Ich kündige an, trotzdem zu jammern, wenn es bergauf geht. Lisa ist das egal. "Hauptsache schön authentisch", sagt sie. Ich gähne authentisch. Dann fahren wir los.

Lisa möchte bei der heutigen Tour ein paar Aufnahmen von uns machen. Bildrechte: MDR/Leonard Schubert

Der Start in Zeitz

In Zeitz angekommen fahren wir vom Bahnhof zunächst an den Rand des Industriegebiets. Dort beginnt der Zuckerbahnradweg, die südlichste Radstrecke Sachsen-Anhalts. Früher wurden hier Kohlebriketts und Zuckerrüben mit der Eisenbahn transportiert. Heute rollen Fahrräder über die alte Trasse.

Lisa möchte uns bei der Anfahrt filmen. Bei 15 Prozent Steigung. Bildrechte: MDR/Leonard Schubert

Zur Erinnerung steht ein alter Prellbock am Anfang des Weges. André ist ganz begeistert. Lisa auch. Sie möchte uns filmen, wie wir am Prellbock vorbeifahren. André und ich haben kaum Erfahrung vor der Kamera. Wir brauchen vier Anläufe, bis die Szene im Kasten ist. Bei 15 Prozent Steigung. Ich schwitze authentisch, aber unter der Jacke fällt das keinem auf.

Am Anfang des Weges in Zeitz erinnert ein Prellbock an die alte Bahnstrecke. Bildrechte: MDR/André Plaul

Die asphaltierte Strecke windet sich auf einem alten Bahndamm zwischen kleinen Orten und Tälern entlang. Immer gesäumt von Bäumen und Sträuchern. Am Rand sind alte Hektometersteine zu sehen, die den Abstand bis Zeitz anzeigen. Ich linse drauf. Erst 4,7 Kilometer geschafft. Mist. Für einen Snack ist es noch zu früh.

Die Strecke folgt dem alten Bahndamm. Bildrechte: MDR/André Plaul

Wer Abenteuer will, biegt ab

Die nächsten Kilometer auf dem Bahndamm verlaufen ohne große Erlebnisse. Die Strecke ist eben eine ehemalige Bahnstrecke und heute ein bisschen wie eine Rad-Autobahn: Ab und zu ein Hinweisschild, dann und wann eine Bank und manchmal eine schöne Aussicht über die Täler am Wegesrand. Meistens aber: Strampeln auf dem grauen Band. Mit sanfter Steigung nach oben oder nach unten.

Der Weg wirkt anfangs oft wie ein langes, graues Band. Bildrechte: MDR / Leonard Schubert

Die meisten Entdeckungen liegen ein Stück abseits der Strecke. Wer sie sehen will, muss abbiegen und in einen der Orte fahren, die die Radstrecke säumen. Dort gibt es einiges zu erleben. Davon berichten uns Fahrradfahrer, die uns entgegen kommen. Einer will sogar bis zum Badesee. Bei den Temperaturen. Wir haben heute leider keine Zeit dazu.

Die Fahrradfahrer verraten uns, warum sie auf dem Weg unterwegs sind. Lisa filmt. Bildrechte: MDR/Leonard Schubert

Birnen am Wegensrand

Immer wieder halten wir an, weil Lisa Aufnahmen für ihren Film machen möchte. Meistens geben wir Tipps zum Radeln bei schlechtem Wetter oder filmen, wie wir an Lisa vorbeifahren. Ich präsentiere meine Müllbeutel, in die ich mein Wechselshirt eingepackt habe, falls es mal regnet. André hat eine beheizbare Weste dabei, die er aufladen muss. Er ist aufgeregt. Immer, wenn er nicht weiß, was er sagen soll, sagt er "Würstchen sind sehr nahrhaft" in die Kamera.

Film zur Radtour im April 2024Lisas Film zur Radtour von Leonard und André wurden nach der Tour produziert und im April 2024 in der MDR-Produktion #hinreisend erstmals ausgestrahlt.

Am langen grauen Band wachsen auch einige Obstbäume. Bildrechte: MDR / Leonard Schubert

Würstchen entdecken wir am Wegesrand zwar nicht, dafür aber einen Birnbaum. Das Gedicht "Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland" kommt mir in den Kopf, während ich vorsichtig eine alte Birne pflücke und esse. Sehr lecker! André isst lieber sein Käsebrot. Und weiter gehts.

Für die Kamera beißt André in eine Birne. Aber sein Käsebrot mag er lieber. Bildrechte: MDR/Lisa Schlicht

Bärentatzenpfad Droyßig

Ein paar Minuten später kommen wir an Droyßig vorbei, wo das alte Bahnhofsgebäude renoviert worden ist. Hier steht zur Erinnerung an die Zuckerbahn eine gigantische Schiene mit Informationsschildern direkt neben dem Weg.

In Droyßig gibt es Informationen über die Zuckerbahn. Und direkt am Radweg beginnt der Bärentatzenpfad. Bildrechte: MDR / Leonard Schubert

Außerdem beginnt hier der Bärentatzenweg, der mit einem Audioguide für jeden kostenlos hörbar ist, der ein Handy dabei hat. Wir lauschen eine Weile. Es geht um die Geschichte der Bahn. André freut sich und nickt bei jeder Information bestätigend in die Kamera. "Herrlich, die Bahn!" sagt er.

André Plaul hat sein Fahrrad auf dem Radweg abgestellt und fotografiert eine Katze, die über den Weg läuft Bildrechte: MDR / Leonard Schubert

Ohne Bahn, sondern auf dem Fahrrad radeln wir weiter Richtung Osterfeld. Zwischendurch halten wir an, weil André Katzen sieht, die er streicheln möchte. Ansonsten kommen wir gut voran und rollen an einer Fahrradkirche vorbei bald darauf in Osterfeld ein.

Kurz vor Osterfelde steht bei Waldau eine Fahrradkirche. Bildrechte: MDR / Leonard Schubert

Bahnhof Osterfeld

In Osterfeld steht direkt neben der Strecke das ehemalige Bahnhofsgebäude, das renoviert zu einem Kinder- und Jugendzentrum mit zahlreichen Angeboten ausgebaut wurde.

Bürgermeisterin Kerstin Beckmann (FDP) erwartet uns. Bildrechte: MDR/Leonard Schubert

Die Verbandsgemeinde-Bürgermeisterin Kerstin Beckmann (FDP) erwartet uns. Sie ist Vorsitzende des Fördervereins des Zuckerbahnradwegs und hat sich maßgeblich für dessen Bau entlang der originalen Streckenführung eingesetzt und auch den Umbau des Bahnhofs ermöglicht.

Wie der frühere Bahnhof von Osterfeld saniert wurde

Bildrechte: MDR/André Plaul | MDR/André Plaul

Sie ist stolz darauf, die Strecke mit neuem Leben zu füllen und hat für dieses Ziel viele bürokratische und finanzielle Hürden genommen. Gemeinsam mit viele Engagierten ist sie um den weiteren Ausbau des Service bemüht. Gerade sollen eine Toilette, Trinkbrunnen und eine Aufpumpstation am Wegesrand entstehen. Im Sommer soll alles fertig sein.

Im alten Bahnhof ist nun ein Kinder- und Jugendzentrum mit zahlreichen Angeboten. Gerade gibt es einen Malkurs. Bildrechte: MDR / Leonard Schubert

Außerdem arbeitet sie daran, auch die umliegenden Dörfer besser an den Zuckerbahnradweg anzuschließen und Fahrradfahrer auf die Angebote dort aufmerksam zu machen. "Sonst rauschen die nur durch, dabei ist es so schön hier", sagt sie und bestätigt damit unseren Anfangseindruck.

Frank Ellmerich, Jugendleiter und Fotograf, engagiert sich für das Projekt. Bildrechte: MDR / Leonard Schubert

Der Radweg tut ihrer Meinung nach der Region gut. Und war ein echtes Gemeinschaftsprojekt zwischen Kommunen und auch Bundesländern. Denn er führt immer wieder über die Grenze nach Thüringen, erzählt Beckmann. Dann muss sie weiter zum nächsten Termin.

Wasserturm und Viadukt

Auch wir müssen los. Wir treten in die Pedale und fahren weiter – zwischen Gärten mit Hühnern, Schafen und Pferden entlang, immer weiter Camburg entgegen. Ein Stück hinter dem Jugendzentrum führt der Weg ein langes Gefälle hinab. Das freut die müden Radlerbeine. Mit ordentlich Geschwindigkeit laufen wir am Fuß des Gefälles aus, wo am Wegesrand ein wunderschöner Wasserturm in der langsam schon tiefer stehenden Sonne glitzert.

Am Wegesrand steht ein Wasserturm in der Sonne. Bildrechte: MDR / Leonard Schubert

André isst sein letztes Käsebrot und geiert dann auf meine Kekse. Lisa filmt unsere Tipps zur Verpflegung im Herbst. "Immer genug dabei haben", sage ich. André guckt böse. "Und immer teilen", sagt er – und nimmt sich etwas von mir.

André geiert auf meine Kekse (links außerhalb des Bildes). Bildrechte: MDR/Leonard Schubert

Frisch gestärkt und mir ein paar Keksen weniger führt uns der Weg danach über ein altes Viadukt über die Wethau. Es stammt noch aus Bahnzeiten und super erhalten. André findet hier einen Geocache und steckt für zukünftige Entdecker ein MDR-Schlüsselband hinein.

André hat beim Viadukt sogar einen Geocache gefunden. Bildrechte: MDR / Leonard Schubert

Noch mehr zum Thema "Geocaching in Sachsen-Anhalt" können Sie sich hier anschauen:

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Schlussetappe im Dunkeln

Es geht leicht bergauf und wir zunehmend kühler und dunkler. Schon Wahnsinn, wie schnell das im Herbst immer geht. Und ein paar Kilometer haben wir noch. Für Lisa nehmen wir einen Tipp zum Radeln im Dunkeln auf. Dabei fällt ihre Lampe hinunter. Da greift Tipp 7: Immer Ersatz dabei haben. Das ist auch gut so, denn ohne Licht wären wir hier ganz schön aufgeschmissen.

Im Abendlicht ist die Strecke besonders schön. Bildrechte: MDR / Leonard Schubert

Vorbildlich mit Dynamos und Akkulampen ausgestattet, strampeln wir einen letzten steilen Anstieg hoch, der sich ziemlich lange zieht. Das bedeutet: tiefe Gänge, Schweiß und die Versuchung zu schieben. Aber wir halten durch und rauschen einige authentische Flüche später durch die Abendluft entlang der weit geschwungenen Felder den Berg wieder hinunter.

Die Abenddämmerung kurz vor der Nacht. Bildrechte: MDR / Leonard Schubert

Mehrere Rehe queren im Schein unserer Lampen die dunkle Straße. Wir fahren vorsichtig weiter, bis wir im Tal ankommen. Wir sind ganz allein unterwegs. Über uns der Himmel, an dem die Sterne aufgehen. Ein schönes Gefühl.

Der Hektometerstein am Ende der Strecke. Bildrechte: MDR / Leonard Schubert

Dann geht es die letzten Kilometer die Saale entlang, bis wir am Camburger Bahnhof ankommen. Heute sogar viermal, denn die Schlusssätze für die Kamera sollen schließlich sitzen. Zu Andrés Freude steht am Bahnhof noch ein alter Hektostein. 37,4 Kilometer bis Zeitz. Wir habens geschafft.

Geschafft: Angekommen am Bahnhof in Camburg. Bildrechte: MDR/Lisa Schlicht

Rückfahrt und Fazit

In der warmen Bahn überkommt mich eine schwere, wohltuende Müdigkeit. Wieder liegt ein Tag voller Erlebnisse und frischer Luft hinter uns. Wieder hatten wir die Möglichkeit, ein Stück Sachsen-Anhalt per Muskelkraft zu erfahren. Der Herbst ist dafür eine gute Jahreszeit. Wenn Birnen, Äpfel und Hagebutten am Wegesrand reifen und die tiefe Herbstsonne alles in dieses goldene Licht eintaucht.

Im Zug beschließen wir: Wir kommen wieder! Bildrechte: MDR/Leonard Schubert

Der Zuckerbahnradweg hat mich definitiv neugierig darauf gemacht, noch einmal wiederzukommen – mit genug Zeit, den Weg links und rechts zu erkunden. Ich bin sicher, hier gibt es noch viel zu entdecken.

Mehr Radtouren durch Sachsen-Anhalt:

MDR (Leonard Schubert) | Zuerst veröffentlicht am 23.10.2023

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 25. Oktober 2023 | 06:42 Uhr

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