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"Wir müssen mehr für die Wirtschaft ausgeben und weniger für Soziales", sagte Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Sven Schulze im Gespräch mit MDR AKTUELL. Bildrechte: picture alliance/dpa | Klaus-Dietmar Gabbert

Sachsen-Anhalt"Weniger für Soziales ausgeben" - Wirtschaftsminister Schulze sorgt für Kritik

15. Juni 2023, 11:36 Uhr

Nachdem der Solarhersteller Meyer Burger angedroht hat, seinen Produktionsstandort in Deutschland aufzugeben und in die USA zu gehen, ist eine Debatte um die Wirtschaftsförderung entbrannt. Im Gespräch mit MDR AKTUELL forderte Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Sven Schulze anschließend mehr Ausgaben für die Wirtschaft und weniger für Sozialleistungen. Die Äußerungen sorgen für Unverständnis und Kritik.

Wenn es darum geht, sich um die Sorgen und Nöte der Menschen zu kümmern, dann ist der Sozialverband VdK eine der ersten Adressen. Der VdK ist mit 2,1 Millionen Mitgliedern Deutschlands größter Sozialverband. Er setzt sich für einen starken Sozialstaat ein. Äußerungen wie die von Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Sven Schulze stoßen hier auf großes Unverständnis. So heißt es vom VdK schriftlich auf Anfrage von MDR AKTUELL:

"Es ist verwunderlich, wie der Eindruck entstehen kann, dass Deutschland zu viel Geld für Sozialleistungen ausgibt. Schaut man sich die Armutszahlen an, gewinnt man nämlich ein ganz anderes Bild. Derzeit sind in Deutschland 14,1 Millionen Menschen armutsgefährdet – das ist ein trauriger Höchststand. Besonders besorgniserregend ist die Tatsache, dass die Zahl der armen Kinder immer weiter steigt. Mehr als 2,9 Millionen, also jedes fünfte Kind, wächst hierzulande in Armut auf."

Für diese Kinder gebe es bisher keine ausreichenden staatlichen Leistungen, berichtet der Sozialverband weiter. Der Staat müsse endlich mit einer Kindergrundsicherung dafür sorgen, dass die Existenz von Kindern und Familien gesichert sei.

Forscher: Müssen mehr in Forschung und Entwicklung investieren

Sozialleistungen und Wirtschaftsförderung gegeneinander auszuspielen, davon hält der Wirtschaftsforscher Reint Gropp vom IWH in Halle gar nichts: "Ich glaube nicht, dass das eine zielführende Diskussion ist. Die Dinge sollten wir separat diskutieren. Wir brauchen eine vernünftige soziale Absicherung der Menschen in Deutschland. Es hat eigentlich nichts damit zu tun, wie wir mit der Wirtschaft umgehen sollten und wie wir da in bestimmten Bereichen subventionieren sollten."

Wichtig sei vielmehr, die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu verbessern, sagt Gropp weiter: "Ob das jetzt die Infrastruktur ist, Bürokratieabbau oder Zulassungsgeschichten, solche Prozesse zu verbessern und zu vereinfachen wären sehr sinnvolle Investitionen in die Wirtschaft. Zudem würde ich eben sehr viel mehr betonen, dass wir in die Forschung und Entwicklung investieren müssen. Und zwar bezieht sich das auf die öffentlichen Einrichtungen wie Universitäten aber eben dann auch Forschung und Entwicklung in bestimmten Bereichen bei Unternehmen zu subventionieren, aber eben nicht Produktion."

Als Standort für Großproduktionen ziehe Deutschland im internationalen Vergleich immer den Kürzeren, so Wirtschaftsforscher Gropp. Diesbezüglich seien milliardenschwere Subventionen auch keine nachhaltigen Investitionen.

Bundesvereinigung: Brauchen wettbewerbsfähiges Umfeld

Ähnlich sieht das Steffen Kampeter, der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände BDA. Kampeter sagt, wir sollten keinen Subventionswettlauf anstreben:

"Subventionen schaffen keine Wettbewerbsfähigkeit. Der Staat muss sich auf gute Angebotsbedingungen konzentrieren, die es richtig und möglich machen, wieder in Deutschland zu investieren. Im Augenblick sind die Bedingungen für Investitionen in Deutschland so, dass die meisten sich für die Flucht ins Ausland nach Amerika oder andere Staaten entscheiden. Das ist eine fatale Fehlentwicklung. Wir brauchen ein wettbewerbsfähiges Umfeld. Dazu zählen niedrige Energiepreise, anständige Facharbeiterregulierung und eine leistungsfähige öffentliche Verwaltung."

Dennoch, erzählt Kampeter, sei eine Sozialausgabenbremse auch eine gute Wirtschaftsförderung. Immerhin betrage der Anteil an Sozialausgaben am Bundeshaushalt fast 50 Prozent, sagt der BDA-Chef.

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Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 15. Juni 2023 | 06:00 Uhr

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