"Bürger-Auftrag" an die neue LandesregierungSpielzeugbauer Alexander Rex aus Halle: "Kreative Menschen mehr fördern"
Sachsen-Anhalt wählt in wenigen Wochen einen neuen Landtag. Vorher spricht MDR SACHSEN-ANHALT mit Menschen über ihre Wünsche an die neue Regierung. Im zweiten Teil der Reihe "Bürger-Auftrag" geht es um Kunst und Kultur. Ein Absolvent der Burg Giebichenstein in Halle erzählt, an welchen Stellen die neue Landesregierung besser werden muss.
Alexander Rex sitzt in seinem Büro in Halle und bastelt an einem Fahrrad. Sein Werkzeug sind seine Hände, seine Kreativität ist sein Kapital. Das Fahrrad aus Holz hat Rex selbst gebaut. Ein Spielzeug soll es sein, für Kinder. Entwickelt in Halle – made in Sachsen-Anhalt, könnte man sagen. Alexander Rex hat mit seinem Fahrrad das zusammen gebracht, was er schon immer zusammen bringen wollte: Handwerk und Kreativität. "Ich wollte schon immer Ideen kreieren und mit meinen Händen kreative Dinge erschaffen", erzählt er.
Alles ist da – nur das unternehmerische Know-how fehlt
Alexander Rex ist 34 Jahre, kommt aus Cottbus und ist gelernter Orgelbauer. Sein Zuhause ist seit vielen Jahren an der Saale: 2013 kam er an die Burg Giebichenstein nach Halle, studierte Spiel- und Lerndesign. Im vergangenen Jahr machte er seinen Master, ging den Schritt in die Selbstständigkeit. "Wahrscheinlich im falschen Moment", sagt er heute und lacht. Klar: Nach wenigen Wochen der Selbstständigkeit begann die Corona-Krise – und das Leben änderte sich auf einen Schlag, auch für Kreative wie ihn. Vielleicht besonders für Kreative. "Ich habe mehrfach versucht, Zuschüsse zu bekommen, mich für Stipendien zu bewerben", erzählt Rex. "Ich habe aber das Gefühl, das wird einem sehr, sehr schwer gemacht."
Und so ist der erste Eindruck, dass es gut läuft für ihn, nur ein Teil der Wahrheit. Für sein Spielzeugfahrrad hat Rex zwar Produzenten und Käufer gefunden, auch der Vertrieb könnte jederzeit losgehen – ebenso der Verkauf. Auf dem Markt ist das Spielzeug trotzdem noch nicht. Dafür fehle ihm die Anschubfinanzierung, sagt Rex – und spielt den Ball zur Landesregierung. Von ihr wünscht er sich mehr Unterstützung. "Und dass Menschen wie mir stärker die Hand gereicht wird."
Rex wollte kreativ bleiben – trotz der Krise
Alexander Rex hält sich aktuell mit mehreren kleinen Projekten finanziell über Wasser. Die Hilfen des Landes in der Corona-Pandemie empfindet er als "sehr knapp und schwer zugänglich". Eines Tages hatte Rex den Eindruck, Kreativität sei gerade unerwünscht. "Ich will aber weiter Kreatives machen. Also habe ich darum gekämpft." Alexander Rex beschloss, sich etwas auszudenken. Die Idee seines Holzspielzeugs war geboren.
Über die Reihe: Was der "Bürger-Auftrag" zeigen soll
Am 6. Juni ist Landtagswahl in Sachsen-Anhalt. Schon vorher will MDR SACHSEN-ANHALT wissen, was die Menschen im Land bewegt – und was sie von der neuen Regierung erwarten. Frauen und Männer aus sechs Wahlkreisen formulieren in dieser Reihe ihren Wunsch an die neue Landesregierung – den "Bürger-Auftrag". Die sechsteilige Serie erscheint bis Sonnabend jeden Tag.
Ortswechsel. Der Campus der Burg Giebichenstein – gelegen an der Saale. Wer hier einen der begehrten Studienplätze bekommt, hat einen großen Schritt gemacht. Die Kunsthochschule hat einen ausgezeichneten Ruf, weit über Sachsen-Anhalt hinaus. Jährlich entscheiden sich Dutzende junge Menschen aus dem Ausland für ein Studium in Halle. Die Kunsthochschule blickt inzwischen auf eine mehr als 100-jährige Geschichte zurück, nennt viele bekannte Künstlerinnen und Künstler ihre Absolventen.
Der Mann, der hier das Sagen hat, heißt Dieter Hofmann. Hofmann ist Rektor der Burg Giebichenstein – und offenbar ein zufriedener Mann. "In den vergangenen fünf Jahren hat vieles gut funktioniert", bilanziert er. Das Wissenschaftsministerium? Weiß, was es tut, lobt Hofmann. "Der Minister hat Fachkompetenz. Er kennt die Probleme von Hochschulen sehr gut." Kein Wunder: Bevor Armin Willingmann 2016 zum Minister für Wirtschaft und Wissenschaft berufen wurde, war der SPD-Politiker viele Jahre Rektor an der Hochschule Harz. Ein Mann aus der Praxis also.
Ich bin mit den letzten fünf Jahren sehr, sehr zufrieden.
Dieter Hofmann | Rektor der Burg Giebichenstein
Hofmann ist auch deshalb so zufrieden, weil er weiß, wie es nicht laufen sollte. Vor fünf Jahren stand es vor allem finanziell wesentlich schlechter um die hallesche Kunsthochschule. Die Landesregierung hatte über die Jahre einen massiven Sparkurs gefahren, vorangetrieben vom damaligen Finanzminister Jens Bullerjahn, ebenfalls SPD. "Das waren schlimme Sparmaßnahmen", erinnert Hofmann. Was damals fehlte, war die Planungssicherheit. "Diese Sicherheit ist für Hochschulen sehr bedeutend", sagt der Rektor.
20 Jahre gewartet: Neubau für die Kunsthochschule kommt
Heute kann Hofmann planen: Gerade hat die Burg Giebichenstein den "Neubau Kunst" ausgeschrieben. Die Kunst-Sparte der Burg soll einen zentralen Standpunkt bekommen, direkt gegenüber der Burg. 20 Jahre lang haben sie auf diesen Neubau gewartet, nun ist alles bewilligt. 23 Millionen Euro werden investiert. "Ich bin sehr glücklich, dass das auf dem Weg ist", sagt Dieter Hofmann. Der Rektor spricht vom nächsten Schritt – und verweist auf den Wandel, den die Hochschule schon in den vergangenen Jahren durchgemacht hat. "Die Hälfte unsere Lehrenden ist in den Ruhestand gegangen", erzählt Hofmann. "Ich glaube, der Wandel ist uns bis hierher gut gelungen."
Die Zahlen geben dem Rektor Recht. Zuletzt bewarben sich 1.800 junge Menschen für ein Studium an der Burg Giebichenstein. Bei vorhandenen 200 Studienplätzen. Rekord.
Auch Alexander Rex profitiert vom Wandel an der Burg Giebichenstein. Anfang Februar hat er sein Büro im Designhaus bezogen, dem Existenzgründerzentrum der Burg. Hier soll Absolventen geholfen werden, ihre Ideen und Entwicklungen an den Markt zu bekommen. Werkstätten, Werkzeuge, Ateliers – wer im Designhaus ist, darf all das kostenlos nutzen. Ein Büro zu haben, in dem er kreativ sein kann, hilft dem 34-Jährigen. "Die vergangenen Monaten haben viel Energie gekostet", erzählt er. Die Arbeit im Büro motiviert ihn. "Sie zeigt mir, dass mir als kreativem Menschen die Hand gereicht wird."
Alexander Rex wünscht sich das auch vom Land Sachsen-Anhalt. "Mir fehlt der Input, das Kreative mit dem Unternehmerischen zu verknüpfen", sagt er. "Ich komme aus der kreativen Schule, aus dem Handwerk."
Mein Bürger-Auftrag
Von der neuen Landesregierung wünsche ich mir, dass nicht nur kreative Dienstleister gefördert werden – sondern auch Kreative, die Produkte auf den Markt bringen wollen oder Start-ups, kleine Unternehmen gründen wollen. Wir müssen auch von etwas leben. Ich wünsche mir, dass das einfacher gemacht wird. Dass schneller Geld fließen kann. Dass schneller die Hand gereicht wird.
Alexander Rex | Absolvent der Kunsthochschule Burg Giebichenstein
Alexander Rex sagt, er stehe gerade an einer Weggabelung. Es ist Gabelung, an der schon viele seiner Kommilitonen gestanden haben – um sich für einen Job in der Wirtschaft zu entscheiden. Der Sicherheit wegen. "Ich will es durchziehen", sagt Rex. Denn der 34-Jährige hat eine Vision: Sein Fahrradspielzeug soll auf den Markt.
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MDR/Heike Bade, Manuel Mohr, David Muschenich, Luca Deutschländer
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 27. April 2021 | 19:00 Uhr
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