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Vor der Landtagswahl in Sachsen-AnhaltCornelia Lüddemann (Grüne): "ÖPNV muss echte Alternative werden"

17. Mai 2021, 19:56 Uhr

Sachsen-Anhalt wählt in knapp drei Wochen einen neuen Landtag. Vorher hat MDR SACHSEN-ANHALT die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten aller derzeit im Landtag vertretenen Parteien eingeladen, um über politische Ziele und persönliche Ambitionen zu sprechen. Hier erklärt Grünen-Spitzenkandidatin Cornelia Lüddemann, was sie in der Bildungspolitik verändern möchte – und was sich ihre Partei von einem "Bürgerenergiegeld" verspricht.

Der Gast: Cornelia Lüddemann (Grüne)

Geboren 1968 in Dessau, gelernte Bibliotheksfacharbeiterin. Studierte nach der Wende Erziehungswissenschaft, ist seit 2016 Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag. Spitzenkandidatin ihrer Partei für die Landtagswahl. Ziel am 6. Juni: So viele Stimmen holen, dass die Grünen weiter regieren können – und dass keine Regierung "gegen den Klimaschutz" gebildet werden kann.

Cornelia Lüddemann tritt bei der Landtagswahl als Spitzenkandidatin der Grünen an. Bildrechte: MDR/Luca Deutschländer

Die wichtigsten politischen Ziele für die nächsten Jahre

In der Bildungspolitik setzt Lüddemann auf die Gemeinschaftsschule. "Von Null bis zum Abitur sollen alle in einer Schule lernen", nannte sie ihr Ziel. Um dem Mangel an Lehrkräften zu begegnen, sollen die Stellenausschreibungen stärker flexibilisiert werden, sowohl was die Schuleingrenzung als auch die Fächerkombinationen angeht. Lüddemann will außerdem auch nach Ende der Pandemie teilweise auf Homeschooling setzen.

Geht es nach Lüddemann, werden Radverkehr, Ladesäulen auf dem Land sowie der Gütertransport auf der Schiene bald stärker gefördert. Vor allem aber soll ihrer Meinung nach der ÖPNV ausgebaut werden – und zwar so, "dass er tatsächlich eine Alternative" zum Auto sei. Das, räumt sie ein, würde allerdings mehr als fünf Jahren dauern – und wäre somit auch vor der Landtagswahl 2026 noch Thema. Um den Wandel vor Ort finanzieren zu können, sollen Kommunen in der grünen Vorstellung auch höhere Parkgebühren erheben dürfen als bisher.

Die Grünen-Spitzenkandidatin setzt ihre Hoffnung zudem in die Forschung, die demnächst umweltfreundlichere E-Auto-Akkus und leistungsstärkere Windräder hervorbringen werde. Diese Forschung soll es auch in Sachsen-Anhalt geben – finanziert aus den Milliardenhilfen für den Kohleausstieg. Der Hauptteil der wegfallenden Jobs im Tagebau soll allerdings durch Industriearbeitsplätze in den erneuerbaren Energien, der Wasserstoffindustrie und der Chemieindustrie aufgefangen werden.

Bei der Digitalisierung soll das Land künftig regionale Zweckverbände zum Breitbandausbau stärker unterstützen. Was auf diesem Feld bislang verpasst wurde, könne aber nur aufgeholt werden, wenn es eine "ganz klare Verantwortung" dafür gebe: Lüddemann spricht sich deshalb für ein eigenes Digitalisierungsministerium aus.

Den besorgniserregenden Zustand der Wälder im Harz führte sie auf Dürre und Stürme als Folgen der Klimakrise zurück. "Wir müssen hier die Ursachen bekämpfen, nicht nur die Symptome", so Lüddemann. Vor Ort im Harz wird den Grünen mitunter vorgeworfen, das Baumsterben mit falschen Entscheidungen im Umweltministerium noch befördert zu haben.

Die möglichen Koalitionspartner

Die Grünen stehen laut Lüddemann auch nach der Wahl für "alle demokratischen Parteien" als Partner zur Verfügung. Dafür müsse man notfalls "auch Persönliches zurückstellen", so die Spitzenkandidatin nach fünf mitunter turbulenten Jahren Schwarz-Rot-Grün. Mit der AfD schließt die Partei eine Zusammenarbeit weiterhin aus.

Spitzenkandidatinnen und -kandidaten zu Gast bei MDR SACHSEN-ANHALT

MDR SACHSEN-ANHALT hat bis Freitag täglich die Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten aller aktuell im Landtag vertretenen Parteien zu Gast. Am Dienstag ist Katja Pähle (SPD) an der Reihe, am Mittwoch Eva von Angern (Linke). Donnerstag besucht AfD-Spitzenkandidat Oliver Kirchner das Funkhaus, am Freitag schließlich Ministerpräsident Reiner Haseloff, Spitzenkandidat der CDU.

Sie alle werden jeweils zwischen 16 Uhr und 17 Uhr bei MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir und um 19 Uhr bei SACHSEN-ANHALT HEUTE im MDR-Fernsehen unter anderem Fragen von Hörerinnen und Hörern und Zuschauerinnen und Zuschauern beantworten.

Das Zitat des Abends

Wenn man einigen etwas wegnimmt, um vielen etwas zu geben, gibt es immer Konflikte.

Cornelia Lüddemann, Bündnis 90/Die Grünen | Spitzenkandidatin für die Landtagswahl

In den Augen vieler politischer Gegner sind die Grünen eine "Verbotspartei". Verbote präsentierte Lüddemann keine, aber als es um die teilweise sehr starke Ablehnung ihrer Partei durch Landwirte, Waldbesitzende und Jäger ging, machte sie deutlich, dass die Grünen weiter an ihren ökopolitischen Zielen festhalten wollen. Reibereien seien "normal", so Lüddemann, viele Landwirte würden allerdings auch von der Politik in ein "nachhaltiges Wirtschaften begleitet" werden wollen.

Das blieb offen

Eine MDR-Hörerin wollte von Lüddemann wissen, auf welche Heizungsanlagen Hausbesitzerinnen künftig setzen sollen und welche Verteuerung dort teilweise zu erwarten sei. Die Grünen-Politikerin ging nicht darauf ein. Stattdessen erinnerte sie daran, dass diejenigen, die Photovoltaikanlagen auf dem Dach haben, sich seit dieser Legislatur eine Speicheranlage vom Land fördern lassen können.

In ihrem Landeswahlprogramm schreiben die Grünen zum Thema Heizungen: "(…) Neu-Installationen von Öl- und Erdgasheizungen (sind) unvereinbar mit dem Ziel einer Klimaneutralität bis 2035." Ein Verbot wird nicht gefordert. Alternative Wärmeversorgung – beispielsweise durch Solarthermie- oder Biomasseanlagen – soll durch Veränderungen in den Bundesfördermitteln aber stärker bezuschusst werden.

Hintergründe und Aktuelles zur Landtagswahl – unser multimediales Update

In unserem Update zur Landtagswahl in Sachsen-Anhalt geben unsere Redakteure einen Überblick über die wichtigsten politischen Entwicklungen – und ordnen sie ein.

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Das hat überrascht

Lüddemann regte die Einführung eines sogenannten Bürgerenergiegelds an. Das findet sich aber nicht im Landeswahlprogramm. Laut Lüddemann soll damit der Umstieg auf alternative, emissionsärmere Antriebe gefördert werden, etwa durch mehr Geld aus der Pendlerpauschale.

Die Idee stammt unter anderem von der Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, und wartet aktuell noch im Programmentwurf der Bundespartei für die Bundestagswahl. Einnahmen aus CO2-Steuern sollen demnach an Geringverdienende und Familien weitergegeben werden. Im Gegenzug stärker belastet werden sollen laut Programmentwurf "hohe Einkommen".

Bildrechte: MDR/Luca Deutschländer

Über Thomas VorreyerThomas Vorreyer arbeitet seit Herbst 2020 für MDR SACHSEN-ANHALT. Seine Schwerpunkte sind Politik, Gesellschaft und investigative Recherchen. Er ist in der Börde und in Magdeburg aufgewachsen, begann anschließend ein Politikstudium in Berlin. Zuletzt hat er als Redakteur und Reporter beim Online-Magazin VICE.com gearbeitet. In Sachsen-Anhalt ist er am liebsten an Elbe, Havel oder Bode unterwegs.

Bildrechte: MDR/Jörn Rettig

Über Luca DeutschländerLuca Deutschländer arbeitet seit Januar 2016 bei MDR SACHSEN-ANHALT. Seine Schwerpunkte sind Themen aus Politik und Gesellschaft. Bevor er zu MDR SACHSEN-ANHALT kam, hat der gebürtige Hesse bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeine in Kassel gearbeitet. Während des Journalistik-Studiums in Magdeburg Praktika bei dpa, Hessischem Rundfunk, Süddeutsche.de und dem Kindermagazin "Dein Spiegel". Seine Lieblingsorte in Sachsen-Anhalt sind das Schleinufer in Magdeburg und der Saaleradweg – besonders rund um Naumburg. In seiner Freizeit steht er mit Leidenschaft auf der Theaterbühne.

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MDR/Stephan Schulz, Janett Eger, Isabell Hartung, Thomas Vorreyer, Luca Deutschländer

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 17. Mai 2021 | 19:00 Uhr

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