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Reisen in die RuheHarz statt Helau: Darum fliehen Rheinländer vor dem Karneval

21. Februar 2023, 18:06 Uhr

"Fastnacht ohne Narrenkappen" – so und ähnlich werben Hotels im Harz derzeit um Gäste aus dem Rheinland. Tatsächlich kommen viele Urlauberinnen und Urlauber, die keine Lust auf Karneval haben, nach Quedlinburg, Wernigerode oder Braunlage. Die Hotels freuen sich über die "Karnevalsflüchter", auch wenn es weniger sind als noch vor Corona.

Hans-Jürgen Meie, Stadtführer in Quedlinburg, steht mit etwa 20 Personen am Schlossberg von Quedlinburg. Es sind Rheinländer aus dem Raum Köln-Aachen, und sie sind Teil einer 38-köpfigen Busreisegruppe, die auf der Flucht vor dem Trubel des Karnevals ist. Deshalb haben sie sich kurz vor Rosenmontag auf die Reise in den Harz begeben.

Früher sei er selbst ein begeisterter Karnevals-Jeck gewesen, sagt Hartwig von Hoym. Jetzt mache der Mann aus der Nähe von Köln lieber sowas – und meint damit die Reise in den Harz. "Wir sind geflohen vor dem Karneval", erklärt Harald Krüger aus der Nähe von Köln, der mit seiner Ehefrau dabei ist. Die "Sauferei" störe ihn. Der Karneval heute sei nicht mehr der, den er einmal gemocht habe. Krüger: "Dann wollen wir lieber verreisen."  

Abstand vom Karneval gewinnen

Sophie Sinzig schwärmt während der Tour. Sie ist sichtlich begeistert von der Quedlinburger Altstadt. Sie sei waschechte Kölnerin und müsste eigentlich den Karneval im Blut haben. Das sei auch so, erklärt sie lächelnd und sagt: "Aber wenn man älter wird, nimmt man Abstand. Entweder verbringt man dann die Zeit auf einem Kurzurlaub oder zu Hause auf dem Sofa." Seit drei Jahren verreise sie während der närrischen Zeit.

Stadtführung statt Rosenmontagszug

Für 38 Rheinländerinnen und Rheinländer heißt es also nun: Harz statt Helau und Alaaf, Stadtführung statt Rosenmontagsumzug. Für Stadtführer Hans-Jürgen Meie ist das nicht neu. Er habe schon sehr oft "Karnevalsflüchter" durch die Stadt geführt, sagt er. Diese würden Stadtführungen buchen, sich Schloss und Stiftsschatz anschauen und mit der Schmalspurbahn fahren.

Die von Meie durch die Stadt geführte Gruppe ist mit "Siepen-Reisen" aus Düren bei Köln unterwegs. Seit Jahren schon fährt das Unternehmen regelmäßig nach Quedlinburg. "Karnevalsflüchter" seien ein wichtiges Thema, erklärt Geschäftsführer Lutz Siepen. Aktuell seien sie mit etlichen Bussen und über 300 Reisenden unterwegs. Die Touren gehen zur Nordsee, an den Bodensee, nach Holland und eben in den Harz. Andere Veranstalter fahren Siepen zufolge nach Wernigerode, Goslar, Braunlage oder Bad Lauterberg.

Personal ohne Pappnasen

Die Gruppe aus Düren ist im Quedlinburger Hotel Schlossmühle abgestiegen. Schon lange vor Corona hätten Busse aus dem Rheinland regelmäßig zur Karnevalszeit ihr Hotel angesteuert, erzählt Hoteldirektorin Simone Gwosdz. Es gebe hier keine Faschingspartys, es sei nichts geschmückt, und niemand vom Personal trage eine Pappnase, erläutert die Chefin schmunzelnd. Die Gäste würden sich hier gut aufgehoben fühlen, und sie würden immer wieder kommen.

Hotels werben mit Fastnacht ohne Narrenkappen

"Karnevalsflüchter" sind in der gästearmen Zeit zum Ende des Winters besonders gern gesehen im Harz. Einige Hotels sprechen sie in ihrer Werbung sogar direkt an. "Fastnacht ohne Narrenkappen", heißt es beim Revita Hotel in Bad Lauterberg. Und auf der Internetseite des sich im selben Ort befindenden Hotels Panoramic steht: "Harz statt Kamelle und Pappnasen".

Das HKK-Hotel Wernigerode habe vor Jahren ein Extra-Angebot für "Karnevalsflüchter" gehabt, es derzeit aber nicht im Angebot, heißt es von der dortigen Hotelleitung. Dafür schreibt das Hotel Altes Forsthaus in Braunlage: "Natur, Ruhe, vielleicht Schnee oder auch malerische Städte und historische Bauten sind die Alternativen zu Helau und Alaaf."

Mehr Gäste als sonst?

Mit Freude sieht man das alles beim Harzer Tourismusverband. Zwar mache man keine spezielle Werbung für "Karnevalsflüchter", sagt Geschäftsführerin Carola Schmidt. Auch spezielle Statistiken würden nicht erhoben. Doch sie bemerke, dass sich derzeit mehr Gäste als üblich aus den Karnevalsregionen im Harz tummeln. Sie selbst sehe derzeit besonders viele Autos mit Nummernschildern aus dem Rheinland. "Da ist sicher der ein oder andere Karnevalsflüchter dabei", glaubt Carola Schmidt.

Nur sind es derzeit wohl weniger als vor einigen Jahren. "Vor Corona hatten wir mehrere Busse, jetzt war es nur einer", sagt Stadtführer Hans-Jürgen Meie in Quedlinburg, und er hofft, dass es im nächsten Jahr wieder mehr Gäste kommen.

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MDR (Carsten Reuß, Moritz Arand)

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