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Vertreter der Halbleiter-Branche aus ganz Deutschland haben sich für mehrere Tage in Magdeburg getroffen. (Symbolbild) Bildrechte: picture alliance/dpa | Klaus-Dietmar Gabbert

Halbleiterbranche trifft sichIntel in Magdeburg: Das Hoffen auf die "Zeitenwende"

16. März 2024, 12:02 Uhr

Der Chiphersteller Intel will sich in Magdeburg ansiedeln. Das lässt ganz automatisch das Interesse an Forschung und Industrie der Landeshauptstadt zeigen. Jetzt hat sich erstmals die Halbleiterbranche in Magdeburg getroffen – und ausgelotet, an welchen Stellen sie vom Chipriesen aus den USA profitieren kann.

Im Zuge der geplanten Ansiedlung des Chipherstellers Intel in Magdeburg steigt das Interesse an der Stadt und ihren Forschungseinrichtungen. Die Otto-von-Guericke Universität hat nun erstmals zu einem fünftägigen Netzwerktreffen eingeladen. Insgesamt kamen 85 Teilnehmende von Unternehmen und Forschungsinstituten aus ganz Deutschland. Neben den Fachvorträgen über die Produktion und die Trends in der Halbleiterbranche stand vor allem das "Netzwerken" auf dem Programm.

Für Jörg Vierhaus, Mitorganisator und Leiter der Stabsstelle Mikrotechnologie der Universität, ist es ein guter Auftakt, der bundesweit deutlich macht, dass Magdeburg sich seiner Chancen bewusst ist und in der Branche auf sich aufmerksam machen möchte.

Halbleiterindustrie bietet viele berufliche Chancen

Die Halbleitertechnologie und die gesamte Chipfertigung seien ein sehr komplexer Bereich. Das umfasse Forschung und Entwicklung, Fabmanagement und die Fachkräftesuche. Intel und seine Zulieferer bräuchten Chemikanten und Elektroniker, um ihre Anlagen aufzubauen, zu warten und zu betreiben. Der Bereich sei so riesig, "dass jeder, der mitmachen möchte, ein Feld finden kann, in dem er mitwirken kann", sagt Vierhaus.

Fachlich gesehen ist das ein so riesiger Bereich, dass jeder, der mitmachen möchte, ein Feld finden kann, in dem er mitwirken kann.

Jörg Vierhaus | Leiter der Stabsstelle Mikrotechnologie

Fachkräfteausbildung ist Zukunftsaufgabe

Die Universität geht mit gutem Beispiel voran und bildet zwei Mikrotechnologen aus. Das wird aber nicht reichen und so hofft Jörg Vierhaus, dass der Bau eines neuen, großen Reinraums auf dem Campusgelände bald Gestalt annimmt. Auch Intel will ab September 2024 seine ersten Mikrotechnologen in Magdeburg und Irland ausbilden.

Was in Magdeburg Neuland ist, kennt Gordon Fritsch aus eigener Praxis. Er bildet Mikrotechnologen für ein großes Halbleiterunternehmen in Dresden aus und weiß, dass seine Azubis in Zukunft dringend benötigt werden. "Ich finde es gut, wenn sich noch mehr Halbleiterfirmen im Osten Deutschlands ansiedeln", sagt Fritsch. Mikrotechnologen sind oft die Retter in vollautomatisierten Fertigungsanlagen, wie sie in der Halbleiterindustrie vorzufinden sind. Kommt es bei den komplexen Produktionsprozessen zu Störungen, müssen sie schnelle Lösungen finden. Fritsch bezeichnet sie mit einem Lächeln als Problemlöser.

Austausch über Unternehmensgrenzen hinweg

Zu dem Netzwerk-Treffen der Branche kamen rund 85 Frauen und Männer. Bildrechte: MDR/Sebastian Mantei

Solche "Problemlöser" werden von allen gesucht, egal ob in Dresden, Magdeburg oder Meiningen. Deshalb sind sich die Vertreter der verschiedenen Firmen auch einig, unternehmensübergreifend den Ausbildungsbereich zu stärken – wie Anika Bolle von der Firma Nanoplus Nanosystems and Technologies GmbH. Das mittelständische Unternehmen aus Meiningen und Würzburg produziert Halbleiter, wie Intel, aber im kleineren Stil. Die Arbeitsschritte sind identisch und Anika Bolle hofft, dass die Betriebe bei der Ausbildung in einen Austausch treten könnten, so dass Intel-Azubis in Meiningen Erfahrungen sammeln können und Nanoplus-Azubis im Gegenzug in Magdeburg. 

Netzwerk fördert neue Geschäftspartnerschaften

Die Fachkräfteausbildung ist das Zukunftsthema in der Branche, aber es geht in Magdeburg auch um geschäftliche Beziehungen. Unternehmen, die für den künftigen Halbleiterstandort arbeiten wollen, nutzten die Tage für erste Kontakte. Jörg Duda von der Süss Microtec Solutions GmbH und Co KG aus Sternenfels kennt bereits den Reinraum der Universität Magdeburg. Seine Firma hat dort einige Anlagen installiert, nun hofft er auf neue Aufträge aus dem künftigen High Tech Park am Rande der Stadt, wo Intel und seine Zulieferer künftig produzieren werden.

Ähnlich geht es auch der niederländischen Firma Sioux, die seit vergangenem Jahr in Barleben bei Magdeburg vertreten ist. Am 1. April will Sioux mit seinen ersten Mitarbeitern durchstarten, erzählt Thomas Belgardt von Sioux. Das Unternehmen entwickelt unter anderem Anwendungen für die hochkomplexen Lithografiemaschinen von ASML in den Niederlanden. Das war auch ein Grund für die Ansiedlung in Barleben, in guter Nachbarschaft zu Intel und seinen Zulieferern wie ASML.

Chips aus Magdeburg eine Option Tesvolt in Wittenberg

Als potentieller Intel-Kunde sieht sich dagegen die Wittenberger Firma Tesvolt. Sie produziert intelligente Energiespeicherlösungen. Dafür benötigt Tesvolt Halbleiter, die helfen, die Systeme effizient zu steuern im Batteriemanagementbereich, so Victor Schäfer. Der Ingenieur ist für den Bereich Forschung und Entwicklung zuständig. In der Vergangenheit spürten die Wittenberger immer wieder, dass aufgrund globaler Abhängigkeiten Lieferengpässe ihre Produktion einschränkten. Eine europäische Chip-Produktion würde auch für Tesvolt sichere Lieferketten garantieren und Intel ist eine Option, die bei den Wittenbergern passen könnte, so Schäfer.

Das Interesse an Magdeburg ist da, die Partner aus der Industrie wollen kommen. Tesvolt hat vor einem Jahr eine Stiftungsprofessur an der Universität Magdeburg angekündigt. Im Frühjahr 2024 soll sie nun auf den Weg gebracht werden. Eine gute Lösung, um an Zukunftstechnologien zu forschen und Fachkräfte auszubilden. Doch warum braucht solch eine Professur bis zur Ausschreibung so lange?

Ankerinvestition ist Chance für Wissenschaftsstandort

Prof. Hans Richter sieht die Universität in Magdeburg als wichtigen Partner bei der Intel-Ansiedlung. Bildrechte: MDR/Sebastian Mantei

Die Universität muss schneller reagieren und sich besser aufstellen, meint Prof. Hans Richter von der Gesellschaft zur Förderung von Wissenschaft und Wirtschaft (GFWW). Mit der Ansiedlung von Intel bekomme die Stadt die modernste Chipfabrik Europas. Da sei die Universität ein sehr attraktiver und wichtiger Partner. Das bedeute aber auch, dass die Universität Kompetenzen unter anderem im Bereich der Siliziumforschung, im Designbereich bis hin zur Vorlaufforschung entwickeln muss. Auf dem Europäischen Strategiemeeting der Halbleiterindustrie in Wien stellte Intel seine Kooperationspartner in Europa vor. Neben Dublin wurden München und Warschau genannt. Magdeburg fehlte. Das müsse sich ändern, fordert Richter.

Die Zeit ist reif, aber setzt schnelles Reagieren voraus.

Prof. Hans Richter | GFWW e.V.

Das Zweierteam von Jörg Vierhaus und Karsten Steinmetz an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg ist ein Anfang. Die beiden Mitarbeiter können weitere Unterstützung gebrauchen, um den Standort Magdeburg auch in der internationalen Halbleiterforschung weit oben zu positionieren. "Wir sind wahnsinnig motiviert und es macht uns sehr viel Spaß, dieses riesige Projekt weiter begleiten zu dürfen", sagt Jörg Vierhaus von der Stabsstelle Mikrotechnologie. "Und auch wenn man mal ein paar Überstunden macht, ist man immer gerne dabei, weil es einfach Spaß macht, sich in dem Bereich zu beschäftigen."

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MDR (Sebastian Mantei)

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 16. März 2024 | 12:00 Uhr

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