Obdachlosenheim nicht für alle geeignetObdachlosen-Helfer fordern Wärmehallen in Magdeburg
Zum Winter kommt noch die Corona-Pandemie dazu: Obdachlose finden nur noch wenige Orte, um sich nachts in Magdeburg aufzuwärmen. Deswegen fordern Helfer Wärmehallen. Das Obdachlosenheim ist für sie keine ideale Lösung.
Magdeburgs Obdachlosen-Helfer fordern von der Stadt Wärmehallen für Bedürftige. Das zeigen Recherchen von MDR SACHSEN-ANHALT. Da viele Geschäfte derzeit nicht geöffnet haben und auch viele öffentliche Gebäude geschlossen bleiben, fehlt es an Räumlichkeiten zum Aufwärmen.
Gabriele Bolzek wünscht sich einen Ort, an dem Obdachlose ohne Bedingungen übernachten könnten. Die 65-Jährige ist stellvertretende Leiterin der Bahnhofsmission in Magdeburg. "Ohne Punkt und Komma. An einen Aufenthalt sollten keine Bedingungen geknüpft sein", sagt Bolzek. Das sieht auch Benjamin Wischeropp so. Der 32-jährige Student dreht seit einigen Monaten mit Freundinnen und Freunden aus seiner Kirchengemeinde Runden durch die Innenstadt. Sie verteilen dabei Schlafsäcke und Decken und sprechen den Obdachlosen Mut zu. Er sagt: "Diese Menschen brauchen einen Ort, wo sie einfach sein können, wo sie sich aufwärmen können."
Nicht alle wollen ins Obdachlosenheim
Eigentlich gibt es diesen Ort auch. In der Basedowstraße in Magdeburg-Buckau befindet sich das Obdachlosenheim. Es bietet nach Angaben der Stadt 88 Menschen Unterschlupf, bis zu 20 Plätze können aufgestockt werden und auch für Obdachlose mit Haustieren gibt es vereinzelte Räumlichkeiten. Die Stadt teilt auf Anfrage mit: "Jede Einzelperson oder Familie, die obdachlos ist und die Aufnahme begehrt, wird untergebracht." Im Jahr 2020 seien pro Monat zwischen 15 und 30 Personen in der Einrichtung aufgenommen worden.
Das Problem aus Sicht der Obdachlosen: Hier gibt es Regeln. "Wer sich nicht daran hält, fliegt eben raus", sagt Bolzek. Zwar verstehe sie grundsätzlich die Regeln, "aber diese Leute wissen dann nicht wohin". Gerade in diesen Zeiten – mit Corona und Winter – sei das gefährlich. Wischeropp weiß von "seinen Obdachlosen", dass einige nicht in die Basedowstraße gehen, weil sie dort mit ihren Alkohol- und Drogenproblemen nicht unterkämen. "Es fehlt an niedrigschwelligen Angeboten".
Gabriele Bolzek könnte sich Garagen als Schlafplatz vorstellen. "Die könnte man in einer Reihe aufstellen. Und in jeder käme dann eine Person unter." So würde auch in Sachen Corona nichts passieren. Im Tagesverlauf könnten die Garagen dann gereinigt werden.
Wie kann ich einem Obdachlosen helfen, der erfrieren könnte?
Wer nachts einen Obdachlosen sieht und sich Sorgen macht, kann jedoch das Ordnungsamt rufen (Tel. 0391 540 5400). Das informiert dann einen Sozialarbeiter. Auch die Polizei kann kontaktiert werden. Wenn ein Mensch gar zu erfrieren droht, sollte ein Rettungswagen gerufen werden.
Nur kurzes Aufwärmen in Bahnhofsmission
In der Bahnhofsmission am Gleis 5 am Hauptbahnhof können sich Bedürftige zumindest kurz aufwärmen. Aber auch hier mussten wegen Corona die Zeiten gekürzt werden. Haben früher noch rund 20 Personen in die Räumlichkeiten gepasst, so dürfen heute nur noch acht Menschen gleichzeitig die Bahnhofsmission besuchen. "Wer ein Dach über dem Kopf hat, darf 30 Minuten bleiben. Obdachlose können eine Stunde bei uns sitzen." Das bietet zumindest kurzeitig Wärme. Doch nachts ist die Mission geschlossen. "30 Minuten reichen auch nicht", sagt Wischerropp. Wer durchgefroren sei, müsse sich länger aufwärmen.
Kältebus kommt, Stadt denkt über Wärmehalle nach
Die Stadt hat derweil der Bahnhofsmission den Einsatz eines Kältebusses genehmigt, mit dem Obdachlose in der Nacht eingesammelt werden können. Dabei müssen Corona-Regelungen wie beispielsweise Abstandsregelungen und Mund-Nasen-Schutz beachtet werden. Wann der Kältebus einsatzbereit ist, ist allerdings noch offen.
Außerdem teilte die Stadt MDR SACHSEN-ANHALT mit, dass derzeit intern geprüft werde, ob und wo eine Wärmehalle geschaffen werden könnte.
Öffnungszeiten, Telefonnummer und Angebote im Obdachlosenheim Magdeburg
In der Basedowstraße 15/17 in Magdeburg-Buckau gibt es eine soziale Wohneinrichtung der Stadt. Dort sind 88 Plätze vorhanden. Die Einrichtung ist 24 Stunden und 365 Tage im Jahr geöffnet. Außerdem gibt es noch 8 Plätze für Obdachlose mit Haustier in der Bahnikstraße. Für Rollstuhlfahrer gibt es Lorenzquartier einen Platz.
In der Einrichtung werden zusätzlich Gesprächs- und Hilfsangebote durch Betreuer und Sozialarbeiter angeboten. Diese Angebote können auch während der Corona-Pandemie weiterhin wahrgenommen werden.
Platz für Obdachlose mit postiven Coronatest:
Eine Wohneinheit mit vier Plätzen wird für die Unterbringung von obdachlosen Personen mit positiven Covid-19-Testergebnis vorgehalten.
Kontakt:
Telefonisch ist die Obdachloseneinrichtung unter 0391 4069 440 zu erreichen. Weitere Informationen finden Sie auf der Internetseite der Stadt.
Öffnungszeiten, Telefonnummer und Spendenkontakt der Bahnhofsmission
Die Bahnhofsmission befindet sich auf dem Gleis 5 des Magdeburger Hauptbahnhofs. Dort können sich Obdachlose und Bedürftige für kleines Geld Getränke, einen Imbiss und auch ein warmes Essen kaufen. Außerdem kann vor Ort geduscht und Wäsche gewaschen werden. Außerdem verteilt die Bahnhofsmission Kleidung, Decken, Schuhe und Schlafsäcke.
Öffnungszeiten:
- Montag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag von 8 bis 18 Uhr
- Dienstag und Sonnabend von 8 bis 14.30 Uhr
- Sonntag von 12 bis 18 Uhr
Spendenkontakt:
Entweder unter der 0391 520 83 70 oder per Mail an bahnhofsmission@caritas-magdeburg-stadt.de
Über den AutorFabian Frenzel arbeitet seit November 2014 bei MDR SACHSEN-ANHALT. Dabei liegt sein Schwerpunkt vor allem im Bereich Social-Media. Er würde gerne mehr über sein Hobby "Männerballett" berichten, hat aber noch nicht die richtige Rubrik dafür gefunden.
Sein Journalismus-Studium hat der gebürtige Brandenburger in Berlin und Eichstätt/Ingolstadt absolviert. Die ersten journalistischen Schritte machte er bei der Märkischen Allgemeinen Zeitung und RADIO ENERGY Berlin.
Sein Lieblingsort in Sachsen-Anhalt ist Calbe (Saale), wo ein Teil seiner Verwandtschaft lebt. Hätte er dort nicht für ein paar Monate Unterschlupf gefunden, wäre er heute vermutlich nicht beim MDR. Und: Er ist gern da, wo man geocachen kann. Also im Prinzip überall draußen.
Quelle: MDR/ff
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT | 21. Dezember 2020 | 09:30 Uhr
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