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In der Altmark haben 35 Freiwillige eine 250 Meter lange Hecke gepflanzt, um den Acker zu schützen. Bildrechte: MDR/Aud Merkel

PflanzaktionWie Hecken in der Altmark Nutzflächen vor der Austrocknung schützen könnten

11. April 2024, 15:38 Uhr

In der Altmark haben 35 Freiwillige eine 250 Meter lange Hecke gepflanzt. Die Jugendlichen kommen aus ganz Sachsen-Anhalt und absolvieren ein Freiwilliges Ökologisches Jahr. Die Hecke aus Bäumen und Sträuchern soll ein Modell sein. Aber für Bauern gibt es hohe bürokratische Hürden, um das umzusetzen.

Der Boden rund um Wöpel bei Kuhfelde ist matschig. In dem kleinen Dorf im Altmarkkreis Salzwedel laufen Freiwillige im Ökologischen Jahr mit Spaten und Gummistiefeln umher. Sie sind aus ganz Sachsen-Anhalt auf den "Parzivalhof" gekommen. Der Bauernhof betreibt ökologische Landwirtschaft und ist Einsatz-Stelle für das Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ). Hier entstand unter den jungen Menschen die Idee, eine große Pflanzaktion zu starten. Gemeinsam haben sie eine Hecke gepflanzt, die die Äcker und Weiden schützen soll.

35 Freiwillige haben die Hecke gepflanzt, unter ihnen Emily Hirschmann und Spikes Krämer. Bildrechte: MDR/Aud Merkel

Freiwilliges Ökologisches Jahr: Jugendliche engagieren sich für Umweltschutz

Im Landesverein Sachsen-Anhalt der Internationalen Jugendgemeinschaftsdienste sind 126 Freiwillige im Ökologischen Jahr, sogenannte FÖJler, organisiert. Anneli Borgmann koordiniert die jungen Menschen und unterstützte den Aufruf. "Es haben sich dann 35 junge Menschen bereit erklärt, bei der Pflanzaktion zu helfen", berichtet Borgmann, "Sie machen das ganz freiwillig und zusätzlich zu ihren eigentlichen Aufgaben."

Anneli Borgmann weist auf die Dringlichkeit für Ökologie in der Landwirtschaft hin. Bildrechte: MDR/Aud Merkel

Eine der Freiwilligen ist Emily Hirschmann aus Loburg im Jerichower Land. Sie ist vom Nutzen der Heckenstreifen überzeugt: "Einerseits sollen sie die Biodiversität erhöhen und Brut-Raum, Verstecke und Nahrung bieten. Es ist auch ein Windschutz und ein Reh-Schutz. Außerdem verhindern sie ein schnellen Ablauf des Wassers."

An zwei Tagen hat sie mit den anderen 640 Bäume und Sträucher gepflanzt. Noch sind die Pflanzen ganz klein. Behutsam und mit bloßen Händen drücken die Helfer die Erde an. In die Mitte werden die höheren Bäume gepflanzt, am Rand die Sträucher. Emily Hirschmann zählt auf, welche Sorten besonders gut geeignet sind: "Wir pflanzen hier Buche, Eichen, Berg- und Feldahorn in die Mitte. Am Rand ergänzen wir durch Sträucher verschiedener Höhe, wie Felsenbirne, Weißdorn oder Vogelbeere."

Unterstützung durch Stiftung Umwelt, Natur und Umweltschutz

Die Stiftung Umwelt, Natur und Umweltschutz hat die Pflanzaktion in der Altmark mit 4.800 Euro unterstützt. Dafür konnten 640 Pflanzen und ein Wild-Biss-Zaun angeschafft werden, mit dem die jungen Sträucher und Bäume geschützt werden können.

Auswirkungen auf Landwirtschaft

Das FÖJ wird von Landes-Seite, von Bundes-Seite und auch von der EU gefördert. Michael Stief vom Landesumweltministerium Sachsen-Anhalt lässt sich die Pflanzung von den jungen Leuten zeigen. Er nimmt selber einen Spaten in die Hand und hebt ein Loch aus. Sein Ministerium unterstützt das FÖJ: "Ich finde es sehr beeindruckend, wie sich die Freiwilligen für die Umwelt engagieren. Hier in der Altmark, wo die Landschaft teilweise ausgeräumt ist, ist solch eine Anpflanzung wichtig für das Ökosystem."

Hier in der Altmark, wo die Landschaft teilweise ausgeräumt ist, ist solch eine Anpflanzung wichtig für das Ökosystem.

Michael Stief | Landesumweltministerium Sachsen-Anhalt

Was Michael Stief in dem Moment nicht weiß, ist, dass das Förderprogramm zum Hecken-Schutz für Bauern auslaufen wird. Dabei sei es wichtig, dass Landwirte die Initiative ergreifen, findet Anneli Borgmann. Sie beobachtet die Veränderungen in der Landwirtschaft seit vielen Jahren. "Durch den Klimawandel haben wir ja entweder extreme Trockenheit oder Starkregen-Ereignisse. Dann müssen wir Schatten spendende und das Wasser haltende Strukturen schaffen."

Überlebenskampf für Bauern: "Deshalb arbeiten viele konventionell"

Obwohl das Anlegen von Hecken und Feld-Gehölzen vom Landwirtschaftsministerium gefördert wird, ist es für die Bauern nicht leicht. Es gibt viele ökologische Vorgaben und viel Bürokratie.

Spikes Krämer arbeitet derzeit bei einer Solidarischen Landwirtschaft in der Altmark und kennt die Perspektive der Bauern: "Die Landwirtinnen haben vielleicht auch andere Sorgen. Das, was sie jetzt schon erwirtschaften, auch mit unheimlich viel Maschinen, die den Boden verdichten, reicht einfach nicht, um die Betriebe am Leben zu erhalten. Es ist ein Überlebenskampf. Deshalb arbeiten viele konventionell und weniger ökologisch. Ökologisch bedeutet eben auch Handarbeit, wie man hier sieht." Für Landwirte, egal ob sie konventionell oder ökologisch wirtschaften, sei es sehr aufwendig, Anträge zu stellen und alle Vorgaben zu erfüllen.

Antragsbedingungen für Heckenschutz zu kompliziert

Das Anlegen von Hecken und Feld-Gehölzen wird bislang vom Landwirtschaftsministerium gefördert. In der gesamten Altmark wurden im Förderzeitraum ganze zwei Anträge bewilligt. Laut Christine Vodde, Abteilungsleiterin für den ländlichen Raum im Amt für Landwirtschaft in der Altmark, war die Nachfrage der Landwirte nach Förderung von Hecken-Schutz sehr gering. Das wäre auch in anderen Landkreisen Sachsen-Anhalts so.

Obwohl die Anpflanzung und die dreijährige Pflege einer Hecke zu 100 Prozent gefördert werden, halten sich die Landwirte zurück. Die Bauern würden den Nutzen zwar schätzen, das Antragsverfahren sei aber kompliziert. Zum Beispiel sind Eigentum und Bauerlaubnisse nachzuweisen, es dürfen nur vorgeschriebene Pflanzenarten und keine Pflanzenschutz- oder Düngemittel angewendet werden. Das Förderprogramm läuft zu 2025 aus. Christine Vodde bedauert das, denn Trockenheit und Starkregen werden weiterhin Erosionsschäden auf den Böden anrichten. 

Ulf Wöckener, Referatsleiter im Landwirtschaftsministerium Sachsen-Anhalt, bestätigt, dass von den circa vier Millionen Euro aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds zur Entwicklung des ländlichen Raums seit 2017 nur 800.000 Euro abgerufen wurden. "Wir haben das Förderprogramm einstellen müssen, weil die Nachfrage einfach zu gering war. Der Aufwand, für Heckenschutz ein eigenes Förderprogramm vorzuhalten, ist für uns zu groß." Er verweist auf andere Fördermöglichkeiten wie die zum "nicht-produktiven investiven Naturschutz" des Umweltministeriums. Auch hieraus könnte Ackerschutz unterstützt werden.

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MDR (Aud Merkel, Maren Wilczek)

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 08. April 2024 | 08:30 Uhr

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