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BautzenAsylunterkunft in Brand gesteckt - Schaulustige jubeln

22. Februar 2016, 11:19 Uhr

Sonntagfrüh 3:30 Uhr in Bautzen: Der Dachstuhl des ehemaligen Hotels "Husarenhof" brennt in voller Ausdehnung. Davor stehen Betrunkene, johlen und klatschen. Einige behindern sogar die Löscharbeiten der Feuerwehr. Das Haus ist eine neue Asylunterkunft und sollte im März belegt werden. Das für extremistische Straftaten in Sachsen zuständige Operative Abwehrzentrum ermittelt. Die Kriminalisten gehen von Brandstiftung aus. Sie fanden Spuren von Brandbeschleuniger im Gebäude. Bautzens Oberbürgermeister Ahrens kündigt Widerstand gegen tätliche wie geistige Brandstifter an und entsetzte Bürger gehen auf die Straße.

In Bautzen ist am frühen Sonntagmorgen eine geplante Unterkunft für Flüchtlinge in Flammen aufgegangen. Wie Polizeisprecher Thomas Knaup MDR SACHSEN bestätigte, handelt es sich um das ehemalige Hotel "Husarenhof" am Rande der Innenstadt nahe dem Bahnhof der Stadt. In dem Haus und in einem benachbarten Bürogebäude sollten ab März bis zu 300 Flüchtlinge untergebracht werden. 70 Feuerwehrleute von sechs Wehren aus Bautzen und dem Umland waren vor Ort, um den Brand zu löschen. Sie konnten ein Übergreifen der Flammen auf angrenzende Wohnhäuser und Supermärkte verhindern. Die durch böigen Wind erschwerten Löscharbeiten dauerten bis in den Vormittag hinein.

Brandbeschleuniger entdeckt, Operatives Abwehrzentrum ermittelt

Das Feuer war nach den bisherigen Erkenntnissen gegen 3:30 Uhr ausgebrochen. Als Polizei und Feuerwehr eintrafen, stand der Dachstuhl schon komplett in Flammen. Nachdem sich die Polizei anfangs zurückhaltend zur Brandursache äußerte, geht sie inzwischen von Brandstiftung aus. Grund sind Spuren von Brandbeschleuniger, die mit Hilfe eines Spürhundes im Gebäude entdeckt wurden. Neben der Kriminalpolizei ermittelt auch das Operative Abwehrzentrum der sächsischen Polizei. Das OAZ ist im Freistaat für Straftaten mit extremistischem Hintergrund zuständig. Der Leiter der Einrichtung, Leipzigs Polizeipräsident Bernd Merbitz, war noch am Sonntagvormittag persönlich in Bautzen, um sich über den aktuellen Ermittlungsstand zu informieren. Nach seinen Angaben gibt es bisher noch keinen konkreten Tatverdacht. Es werde in jede Richtung ermittelt.

Schadenfreude bei einigen Schaulustigen

Die Beamten erfassten die Personalien mehrerer teils betrunkener Schaulustiger. Nach Aussage des Polizeisprechers hatten sie den Brand mit abfälligen Bemerkungen und unverhohlener Freude kommentiert. Drei alkoholisierte Männer im Alter von 19 und 20 Jahren erhielten demnach Platzverweise, weil sie die Arbeit der Feuerwehr massiv behinderten. Zwei von ihnen wurden vorübergehend in Gewahrsam genommen, weil sie den Brandort nicht verlassen wollten. Die Männer wurden als Zeugen zu dem Brand befragt und am Vormittag wieder auf freien Fuß gesetzt. Gegen beide wird wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte ermittelt.

Ex-Besitzer schockiert

Der ehemalige Besitzer zeigte sich schockiert über die Vorgänge. Er sagte dem Online-Portal "MOPO 24", er sei von der Polizei informiert worden und frühzeitig vor Ort gewesen, um seinen am Gebäude geparkten Transporter in Sicherheit zu bringen. Dabei habe er beobachtet, wie die Schaulustigen den Brand bejubelten. "Die haben dort gefeiert, während das Gebäude in Flammen aufging. Schrecklich", sagte Pfützner "MOPO 24". Er glaube nicht an einen technischen Defekt als Brandursache. Alle Gasleitungen und die meisten Stromanschlüsse seien abgestellt gewesen.

Oberbürgermeister wütend

Der Oberbürgermeister von Bautzen, Alexander Ahrens, schließt einen fremdenfeindlichen Hintergrund für Brandstiftung nicht aus. Der parteilose Kommunalpolitiker sagte bei einem Vor-Ort-Termin, er sei schockiert, dass so etwas in Bautzen möglich sei. Besonders wütend mache ihn, dass die Feuerwehrleute von Schaulustigen verbal attackiert und teilweise sogar an ihrer Arbeit gehindert wurden, erklärte Ahrens: "Ein solches Verhalten finde ich einfach nur widerlich!" Am Tag danach kündigte er im ARD-Morgenmagazin eine "Jetzt-erst-Recht-Reaktion" an: "Wir lassen uns das nicht gefallen. Wir lassen uns von ein paar Hohlköpfen nicht die Stadt kaputt machen." Auch geistiger Brandstiftung, wie der von Sachsens AfD-Vorsitzender Frauke Petry, müsse stärker entgegen getreten werden, forderte Ahrens. Auch viele Einwohner von Bautzen waren über die Tat und das Verhalten der Schaulustigen entsetzt. Mehrere Bautzner brachten dies auf einer Spontandemonstration zum Ausdruck. Unterschiedlichen Quellen zufolge beteiligten sich zwischen 70 und 150 Menschen.

In den letzten Monaten wurde die Diskussion um die Unterbringung von Asylbewerbern fast ausnahmslos sachlich geführt. Was hier und heute geschehen ist, macht mich sehr wütend.

Andreas Ahrens, Oberbürgermeister von Bautzen