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Mehr als 100 Feuerwehrleute waren in der Nacht in Großröhrsdorf im Einsatz, um den Brand der barocken Stadtkirche zu löschen. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Daniel Schäfer

Schwierige ErmittlungsarbeitStadtkirche Großröhrsdorf nach Brand akut einsturzgefährdet

05. August 2023, 13:50 Uhr

Die 1736 geweihte Stadtkirche von Großröhrsdorf im Landkreis Bautzen ist schwer beschädigt. In der Nacht zum Freitag hatten Anwohner einen Knall gehört und dann einen Brand bemerkt. Als die Feuerwehren anrückten, stand das Gotteshaus schon komplett in Flammen. Brandursachenermittler sind vor Ort, können die Kirche aber erst am Montag gemeinsam mit Statikern betreten.

Die bei einem Brand schwer beschädigte Stadtkirche Großröhrsdorf kann vorerst nicht betreten werden. Wie ein Polizeisprecher der Polizeidirektion Görlitz am Nachmittag mitteilte, sind Brandursachenermittler vor Ort und sichern Spuren. Das könne aber nur mit größter Vorsicht und von außen geschehen. Ein Betreten des Innern der Kirche von Ermittlern und Statikern ist erst am Montag vorgesehen. Es sei weiterhin Vorsicht geboten. "Es ist nicht auszuschließen, dass das Gebäude einstürzt", erklärte der Sprecher.

Gebiet rund um Kirche mehrere Tage gesperrt

Die Begutachtung des Gebäudes durch Feuerwehr und Statiker könne laut Polizei Tage dauern. Zunächst müsse alles gesichert werden. Dafür werden derzeit etwa Bauzäune rings um das Gebäude aufgestellt. Die Sperrung mehrerer Straßen werde wahrscheinlich mehrere Tage erhalten bleiben, so die Polizei.

Zeugen hören in der Nacht einen Knall

Das Feuer in der evangelischen Stadtkirche Großröhrsdorf war in der Nacht zum Freitag ausgebrochen. Wie ein Polizeisprecher mitteilte, hat eine Anwohnerin kurz nach 2 Uhr die Feuerwehr gerufen. Mehrere Zeugen hätten zuvor einen Knall gehört. Als die Feuerwehr eintraf, stand die Barockkirche bereits voll in Flammen. Das Feuer habe zunächst den Dachstuhl erfasst. Nach circa einer Stunde habe auch der Glockenturm gebrannt, so die Polizei am Freitagmorgen. Sowohl die Spitze des 50 Meter hohen Glockenturms als auch der Dachstuhl sind eingestürzt, das Gebäude bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Die Polizei ist weiterhin vor Ort und spricht mit Zeugen und Anwohnern.

Kirchenglocke hängt noch im Glockenturm fest

Um den Brand zu löschen, waren nach Angaben der Rettungsleitstelle Ostsachsen alle umliegenden Feuerwehren im Einsatz - insgesamt 108 Kameraden aus zehn umliegenden Wehren. Zahlreiche Feuerwehrleute bleiben auch zunächst vor Ort, um mögliche Glutnester zu löschen. Unklar war zunächst noch, ob und wie die Kirchenglocke gesichert werden kann. Sie hängt im ausgebrannten Turm fest. Aus den Nachbargebäuden konnte die Feuerwehr Wertgegenstände in Sicherheit bringen.

Bildergalerie Kirchenbrand erschüttert Großröhrsdorf

Die Stadtkirche von Großröhrsdorf ist bei einem Feuer komplett ausgebrannt. Bildrechte: MDR/xCitepress
Als die Feuerwehr eintraf, ... Bildrechte: Stadt Radeberg/Freiwillige Feuerwehr
... brannte das Kirchenschiff schon lichterloh. Bildrechte: Torsten Zange
Das 1736 geweihte Gotteshaus wurde schwer beschädigt. Bildrechte: xcitepress
Das genaue Ausmaß war Anfangs noch nicht bekannt, weil das Gebäude noch nicht betreten werden kann. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Daniel Schäfer
Die Turmhaube stürzte ein, die Glocke verkeilte sich dabei im Turm. Bildrechte: MDR/Lausitznews.de
Die Turmhaube glühte aus und fiel später ein. Bildrechte: Stadt Radeberg/Freiwillige Feuerwehr
Im Inneren der Kirche war viel Holz verbaut. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Daniel Schäfer
Feuerwehren aus der ganzen Region waren im Einsatz. Bildrechte: MDR/xCitepress
Reste des Löschschaums auf verkohlten Holzbalken der knapp 300 Jahre alten Kirche. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
108 Kameraden aus zehn Wehren versuchten zu retten, was zu retten ist. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Daniel Schäfer
Landesbischof Tobias Bilz machte sich vor Ort ein Bild von der Lage. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Daniel Schäfer
Die Stadtkirche von Großröhrsdorf steht unter Denkmalschutz. Immer mittwochs war sie für interessierte Besucher geöffnet. Bildrechte: MDR/Lausitznews.de
Die Ruine hat inzwischen ein Notdach erhalten. Bildrechte: picture alliance/dpa | Sebastian Kahnert
Brandursachenermittler und Polizeibeamte untersuchten tagelang die Brandreste. Bildrechte: xcitepress
Dieses Kreuz blieb unversehrt, es stand in der Sakristei, die vom Feuer verschont blieb. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Als einer der ersten war Einsatzleiter Peter Ansorge vor Ort. Bei seinem Eintreffen stand die Kirche im Bereich des Altars bereits in Vollbrand. Im Gespräch mit MDR SACHSEN schilderte er die Lage folgendermaßen: "Ein bisschen Sorge bereitet uns der Kirchturm, in dem Kirchenglocke noch festhängt. Allerdings kommen die Kräfte nicht so richtig ran, um sie gesichert fallen zu lassen. Es werden Möglichkeiten eruiert, wie man die Kirchenglocke entweder kontrolliert abstürzen lassen oder doch mit schwerer Technik bergen kann."

Ein Innenangriff in der Kirche war nicht mehr möglich und nicht mehr zielführend. Wir mussten uns auf die Außenbrandbekämpfung und das Schützen der Umgebung konzentrieren.

Peter Ansorge | Einsatzleiter

Landesbischof spricht von riesigem Verlust

Am Freitagvormittag kam auch Landesbischof Tobias Bilz nach Großröhrsdorf, um sich ein Bild vom Ausmaß der Zerstörung zu machen. "So eine Kirche ist für eine Gemeinde und die Stadt ein Gebäude, das Identität stiftet", sagte Bilz. "Der Verlust ist riesig. Für alle, die hier leben und natürlich auch für uns als Kirche." Die barocke Stadtkirche sei saniert und in einem "vorzüglichen Zustand" gewesen. Das Gotteshaus wurde zuletzt von 2012 bis 2018 saniert. Bilz sicherte seine Unterstützung zu, das Gebäude wieder aufbauen zu lassen. Es sei unvorstellbar, dass es solch ein Gebäude einfach nicht mehr geben soll.

Landesbischof Tobias Bilz besuchte am Freitagvormittag die Einsatzkräfte. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Daniel Schäfer

Landeskonservator: Brandfall dieser Größenordnung zuletzt im Jahr 2000

Bei dem Brand wurde die Innenausstattung der barocken Kirche völlig zerstört. Altar, Kanzel und Emporen waren aus Holz. Zu den zahlreichen historischen Kunstschätzenzählte eine geschnitzte Madonna aus dem 15. Jahrhundert.

Landeskonservator Alf Furkert sagte auf Anfrage von MDR SACHSEN, ein genauer Schadensumfang soll bei einem Ortstermin Anfang kommender Woche beziffert werden. Auch er zeigte sich erschüttert: "Einen Brandfall dieser Größenordnung hat es bei einem Sakralbau in Sachsen lange nicht mehr gegeben, zuletzt im Jahr 2000 die Kirche in Rathendorf. Großröhrsdorf gehörte als stattlicher barocker Emporensaal zu den prägenden Dorfkirchen in Ostsachsen, von daher bedeutet die Zerstörung einen großen Verlust für die Denkmal- und Kulturlandschaft.

Neben dem Verlust von Hochaltar, Kanzel und Taufe seien auch die Zerstörung der bemalten Emporen, Logen und die lebensgroßen Bildnisse von Luther und Melanchthon zubeklagen.

Noch weiß niemand, wie es in der Kirche aussieht. Doch auch von außen sind die Schäden bereits immens. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Daniel Schäfer

Oberlandeskirchenrätin Kuhn spricht von verstörendem Ereignis

Die Dezernentin für Grundstücksbau und Friedhofswesen bei der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsen, Oberlandeskirchenrätin Carmen Kuhn, sagte MDR SACHSEN: "Immer wenn eine Kirche brennt, ist es ein markerschütterndes, verstörendes Ereignis. All den Schaden zu sehen, der eingestürzte Turm, das Dach am Boden, überall Ruß und Trümmer, wo einst Leben war mit Taufen, Hochzeiten und Menschen, die sich trafen."

Die Feuerwehrleute hätten trotz ihres schnellen Einsatzes "die Kirche nicht retten, aber noch weiteren Schaden verhindern" können, ist sich Kuhn sicher.  

Kirchgemeinde richtet Spendenkonto ein

Freitagmittag reagierte die evangelische Kirchgemeinde Großröhrsdorf-Kleinröhrsdorf auf ihrer Website auf den nächtlichen Brand. Die Gemeinde sprach von einer Stunde der Not; "Gott sei Dank" habe eine Ausbreitung des Feuers verhindert werden können. Die Gemeinde richtete ein Spendenkonto ein.

Der Landrat des Landkreises Bautzen, Udo Witschas (CDU), sagte, er werde alles dafür tun, damit die Kirche schnell wieder aufgebaut werden kann. Sie sei einer der wichtigsten identitätsstiftenden Anker in einer Stadt.

MDR (lam/kk/dköStudio Bautzen/MINA), dpa

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 04. August 2023 | 19:00 Uhr