StrafprozessKirchenbrand Großröhrsdorf: Verhörspezialistin widerlegt Angeklagten
Der Großröhrsdorfer Pfarrer Stefan Schwarzenberg musste am Montag statt von der Kanzel vor dem Landgericht in Bautzen sprechen. Dort wird die Brandstiftung an der barocken Stadtkirche verhandelt. Das Gotteshaus war im August 2023 ausgebrannt. Der mutmaßliche Brandstifter und Angeklagte schwieg in dem Prozess am vierten Verhandlungstag. Für MDR SACHSEN berichtete Anett Apfel aus dem Gerichtssaal.
- Vor Gericht hat der Gemeindepfarrer auch über seelische Schäden durch den Kirchenbrand gesprochen.
- Eine Verhörspezialistin hat die Aussagen des Angeklagten ins Wanken gebracht.
- Der nach dem Feuer errechnete Sachschaden an der barocken Kirche in Millionenhöhe ist weiter angestiegen.
Der Prozess gegen den mutmaßlichen Brandstifter von Großröhrsdorf ist am Montag fortgesetzt worden. Bislang hat der Angeklagte bestritten, das Feuer gelegt zu haben. Der 41-Jährige sagte vor dem Bautzner Landgericht, er sei zwar in der Tatnacht an der Kirche gewesen, habe aber nie daran gedacht, sie anzuzünden. Anfänglich hatte er die Tat gestanden, seine Aussage jedoch widerrufen. Am Montag wurde neben anderen Zeugen der Pfarrer der Kirche, Stefan Schwarzenberg, gehört.
Pfarrer beschreibt großen Verlust
Vor dem Gericht hat Pfarrer Schwarzenberg den großen Verlust für die Gemeinde beschrieben. Diese hätte mit dem Brand einen Teil ihrer Seele und ihrer Identität verloren. Einzigartige Kunstschätze wie der barocke Altar und eine Madonnenfigur aus dem 15. Jahrhundert seien vernichtet worden. Auch er sei durch den Brand traumatisiert, so Schwarzenberg. Doch mache ihm das Spendenaufkommen von mittlerweile 620.000 Euro Hoffnung auf einen Neubau.
Mit dem Brand hat die Gemeinde und haben die Menschen einen Teil ihrer Seele und ihrer Identität verloren.
Stefan Schwarzenberg | Pfarrer Stadtkirche Großröhrsdorf
Verhörspezialistin widerspricht Angeklagtem
Der Angeklagte folgte den Aussagen des Pfarrers und weiterer Zeugen ruhig und konzentriert. Am ersten Verhandlungstag hatte der 41-Jährige von einer Erpressung gesprochen. Den Brand hätten demnach andere gelegt. Dagegen sagte eine Verhörspezialistin der Polizei, der Angeklagte habe sie bei der Durchsuchung in seinem Elternhaus gefragt, was ihm bei einem Geständnis seiner Brandstiftung passieren würde. Er brauche dann wohl einen Anwalt.
Sachschaden um drei Millionen Euro gestiegen
Die evangelische Stadtkirche in Großröhrsdorf war nach erwiesener Brandstiftung am 4. August vorigen Jahres ausgebrannt. Dabei war laut der Versicherung zunächst ein Sachschaden von 32 Millionen Euro berechnet worden. Dieser ist der Versicherung zufolge mittlerweile auf 35 Millionen Euro angestiegen. Auch mit Hilfe der Versicherungssumme will die Gemeinde am selben Standort eine neue Kirche bauen lassen.
In dem Prozess werden weitere Zeugen gehört, darunter Polizisten und Rechtsmediziner. Erwartet wird auch ein psychiatrisches Gutachten über den Angeklagten. Das Urteil in dem Brandstiftungsprozess am Bautzner Landgericht könnte nach Informationen von MDR SACHSEN am Dienstag oder am Mittwoch (27. oder 28. Februar) fallen.
MDR (msk/wim)/dpa
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Bautzen | 26. Februar 2024 | 15:30 Uhr